Helden in schwatzgelb

Einmal ein Turm in der Schlacht sein

03.07.2011, 22:33 Uhr von:  Scherben

Es war eine Saison mit so vielen magischen Momenten, und jeder von ihnen lässt einem noch heute einen wohligen Schauer über den Rücken laufen. Ein Beispiel gefällig? Das Spiel, nach dem Nuri Sahin locker in die Fernsehkameras sprach, dass er bewusst viele hohe Diagonalbälle gespielt habe, um seinen eigentlichen Wunsch, den flachen Steilpass, zu verschleiern. Sein Steilpass in letzter Minute fiel zwar dann doch vergleichsweise kurz aus, viel wichtiger war aber, dass er den Ball artistisch im Spiel gehalten hatte und ihn nicht ins Seitenaus gehen ließ.

Ein Foto aus besseren Owomoyela Tagen

Dann eben jener Pass auf Schmelzer, dessen Flanke aus dem Halbfeld vom Mittelstürmer mustergültig verlängert wurde, und dann ... Kuba volley ab mit der Kugel in die Maschen. Der Rest war kollektives Ausrasten, aber nur für wenige Sekunden, denn die Aufgabe für den Rest der Nachspielzeit lautete: Alles nach vorn und jetzt noch das Siegtor schießen. Derweil rannte der Trainer an der Seitenlinie die 50 Meter in einer Zeit, die bei jeden Bundesjugendspielen locker zur Ehrenurkunde gereicht hätte, und nach dem Ende des Schauspiels zollte Jürgen Klopp wie jeder gute Dirigent seinen Jungs den fälligen Respekt, indem er den Applaus des Publikums ans Team weiterreichte.

Und der Mittelstürmer? Diese Rolle fiel in den letzten Minuten des Spiels beim HSV Patrick Owomoyela zu, der in seiner Heimatstadt Hamburg sein Comeback nach langer Verletzungspause feiern durfte. In ungewohnter Funktion zwar, aber Patrick Owomoyela ist nicht der einzige Spieler, der ab und an in die Jan-Koller-Gedächtnisrolle schlüpfen durfte.

Uwe im Spiel gegen Burghausen

Auch bei Felipe Santana wich Jürgen Klopp bereits von seinem Grundprinzip ab, Spieler nur auf ihren gelernten Positionen einzusetzen, und schickte ihn mehrfach in den letzten Minuten in die Sturmspitze, um dort als kopfballstarke Anspielstation für lange Bälle zu dienen. Bei aller Enttäuschung, nicht als Stammspieler auflaufen zu können: Ganz so schlecht wird das Gefühl für "Uwe" nicht gewesen sein, sich gleich mit einem extrem wichtigen Assist auf dem Platz zurückzumelden.

Sportlich stand seine Saison sonst aber unter keinem guten Stern. In den beiden Spielzeiten zuvor konnte dank seiner Verpflichtung im Sommer 2008 quasi erstmals seit Stefan Reuters Zeiten die vakante Position des Rechtsverteidigers stabil ausgefüllt werden, und auch zu Beginn der letzten Runde war Patrick Owomoyela unumstrittener Teil der Viererkette. Bis er nach dem Spiel beim FC St. Pauli wegen Problemen mit der Achillessehne zunächst für einige Wochen aussetzen musste, ehe ihn die fällige Operation dann bis weit ins Frühjahr hinein zu einer Zwangspause zwang. Und kurz nach dem Spiel in Hamburg und der Vertragsverlängerung um ein weiteres Jahr bis 2012 (plus Option bis 2013 bei einer bestimmten Anzahl von Spielen) setzte ihn ein Sehnenriss im Hüftbereich außer Gefecht, an dem er weiterhin laboriert und der das Absolvieren der kompletten Vorbereitung unmöglich macht. Auf dem Feld zudem dürfte ihm Lukasz Piszczek bis auf weiteres sowieso den Rang abgelaufen haben, denn der Pole versieht seinen Dienst nicht nur defensiv ähnlich sicher wie Patrick Owomoyela, sondern ist auch offensiv (auch aufgrund seiner Vergangenheit als Außenstürmer) deutlich auffälliger als der frühere deutsche Nationalspieler.

Mehr verletzt als alles andere
Mit der Rückkehr von Youngster Julian Koch wird es perspektivisch für Patrick Owomoyela noch schwerer. Zwar ist nicht gesagt, dass Koch nach seiner Verletzung ähnlich stark wie in der letzten Saison in Duisburg auf den Platz zurückkehrt, und sowieso endet Kochs Kontrakt ähnlich wie der unserer Nummer 23 im nächsten Sommer, aber man muss kein Prophet sein, um eine langfristige Zukunft von Patrick Owomoyela beim BVB in Frage zu stellen. Nicht umsonst war die sportliche Leitung nicht bereit, ihm einen neuen Zweijahresvertrag zu gewähren, und greift auf die sichere Variante mit der festen Anzahl an Spielen zurück.


Aber das ist Zukunftsmusik. Für heute bleibt der tiefe Dank für den magischen Moment von oben – und für das Wissen darum, dass rechts so oder so nicht mehr viel anbrennt.

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