Eua Senf

Kommentar eines Fans (oder: Sind wir mal ein wenig Realist)

23.02.2011, 11:41 Uhr von:  Gastautor
Kommentar eines Fans (oder: Sind wir mal ein wenig Realist)

Nach einigen Kommentaren der Medien, der Konkurrenz und einiger anderer Fans, fühle ich mich mich persönlich aufgefordert auch mal meinen Senf zu dem Medienmagnet aus Dortmund abzugeben.

Es scheinen mehrere Kritikpunkte fällig zu sein, sollte man den Fachmännern glauben. Dortmund gibt sich verspielt und vergibt desolat Großchance um Großchance. Die Unkonzentriertheit der Dortmunder Offensivreihe im Abschluss lassen Flashback-Erinnerungen an einen "lieben Nelson Valdez zurückkehren und den Fans schlottern die Knie bei dieser Vorstellung. Ein wenig hämisch war die Bitte noch letzte Saison noch als uns dieser doch "bitte in die Champions League schießen" sollte. Von Treffen war keine Rede und so lief er auch trotz des offensichtlichen Missverständnisses nicht mehr für uns den Platz rauf und runter sondern direkt ins wärmere Spanien.

Wir würden uns in einer Krise befinden, seit unser Sturm nicht mehr trifft und unser japanischer Sushibomber nicht mehr die gegnerischen Verteidigungsreihen durcheinanderwirbelt. Sein Ersatz ein gewisser Lewandowski lässt sämtliche Kameramänner und Moderatoren vor Angst zusammenzucken, weil er mit seinen Sonntagsschüsschen nur für eine Überreizung der vom Lachen und Ducken angestrengten Muskelbereiche sorgt. In Fachkreisen heißt es, dass Latten- oder Pfostenschießen aus dem Mannschaftstraining und dem Freizeitspielchen "Englisch" restlos von Jürgen Klopp gestrichen wurde.

Schockiert gaben sich mehrere sogenannte Fachblätter über das Selbstvertrauen vom Dortmunder Fan/Spieler.

  • "Wir spielen den geilsten Fussball."
  • "Das Herbeireden einer Krise ist natürlich völliger Quatsch!"

Auch wenn manch einer drüber Lächeln mag und dem guten Kevin sein Herz auf der Zunge attestiert, denke ich mir nach außen hin mögen diese Worte nicht geistreich oder gewieft erscheinen, aber ist es bitteschön was anderes als die Wahrheit?

Denn, -

Wer ist der Schreck vom Niederhein?

Wer sammelt alle Punkte ein?

Wer spielt den Gegner an die Wand?

Und wer hat die geilsten Fans im Land?

Ich denke die Antwort auf diese vier Fragen wird jeder Borusse wissen der ab und an mal unser Westfalenstadion besucht hat.

Bei all dem Chancen verschießen, muss man auch immer sehen, dass es ein Chancen erarbeiten gibt. Ich kenne diese Saison nicht viele Spiele, bei denen wir diese Saison nicht durchaus auch als Sieger hätten vom Platz gehen können. Ich würde jetzt sporadisch eines (den ersten Spieltag im Hinterkopf) sagen. Ich erkenne trotzdem an, dass es wenige Spiele gibt über die gesamte Distanz betrachtet, bei denen es auch dem Gegner vergönnt gewesen wäre, die drei Punkte mitzunehmen. Aber (!) dennoch spielte die Mannschaft meiner Meinung nach in jedem Spiel bis auf dem ersten Spieltag einen derart dominanten Ball, dass es einem in ganz Fußball Deutschland die Sprache verschlägt. Ich stehe jedes Heimspiel im Stadion und ich halte es nicht für übertrieben wenn ich von "Fußballspektakel Dortmund" rede. Ich fühle mich unterhalten in jeder Hinsicht. Ich nehme leider viel zu häufig von anderen im Eifer des Gefechts die Meinung auf, dass die Fahrlässigkeit mit der "wir" Chancen verschießen uns die Meisterschaft kosten könnte. Hat schon einmal jemand registriert wie die Gesamtsituation zu bewerten ist? Ich kenne mehr Gründe als ich an einer Hand abzählen kann, warum diese Aussagen von einer falschen Realitätswahrnehmung herrühren:

Vergleicht man unsere Spielweise mal mit internationalen Topklubs die ein ähnlich dominantes Spielprinzip an den Tag legen, wie den FC Arsenal oder Barcelona, sieht man in den Spielen meist tatsächlich, dass diese sich sogar in dem meisten Spielen eher weniger Chancen herausspielen. Jetzt muss man dazu noch in Betracht ziehen, dass diese Klubs einen monetären und qualitativen Vorsprung uns gegenüber haben über den sich nicht streiten lässt. Beide Mannschaften befinden sich seit 2005 nahezu nonstop unter den europäischen Top-Vereinen und sind dementsprechend eigentlich mehr oder weniger außer Reichweite. Wer mir nicht glaubt, kann ja gerne mal schauen, wie denn die Finalbegegnung der Champions League der Saison 2005/2006 aussah. Wir bekommen ein ähnlich großartiges Spektakel geboten, mit weniger Toren. In kaum einem Spiel hatte ich die Angst dieses Spiel würde von der Mannschaft nochmal hergegeben werden.

Es wird ständig von einer Krise gesprochen. Wir würden Punkte liegen lassen und aus den Lagern der Münchner Bayern und Ihrer zweistündigen Huldigung des Bratwurstverkäufer-Klubs, wird von ganz entscheidenden Wochen gesprochen. Ohne Hochmut mit einem gerechten Selbstvertrauen kann man über solche Aussagen doch nur Lachen. Sprechen wir mal im Tone der aktuellen Berichterstattung spielt der FC Bayern momentan offensiv einen effektiven Fußball. Defensiv sind sie immer wieder anfällig. Die Berichterstattung über die Dortmunder Spielweise ist sich in einem einig, Defensiv lässt der BVB so gut wie nichts anbrennen, offensiv fehlt häufig das Glück, in letzter Zeit auch mal die Konzentration, wobei die Dominanz und in Spielweise wie die Masse an Chancen die immer wieder auch gegen tief stehende Mannschaften erarbeitet werden nur von der ersichtlichen Spielfreude getoppt wird. Zu viel Lobhudelei? Dann möchte ich es einmal rechnerisch aufgreifen:

Die Borussia hat aktuell 55 Punkte auf dem Konto.

Die Pillendreher jagen uns mit 45 Punkten.

Und der Freizeit-Lederhosenträger rangiert mit 42 Punkten auf dem dritten Platz.

Es sind noch 11 Spiele und somit 33 Punkte zu vergeben.

Gesetzt dem Fall, dass die Buyern alle 33 Punkte holen hätten sie eine sensationelle Rückrunde gespielt und insgesamt 75 Punkte auf dem Konto. Für diese Punktzahl müssten wir lediglich 6 Siege und 2 Unentschieden holen und könnten noch 3 Niederlagen kassieren. Dann wären wir punktgleich, allerdings müssten wir dann auch irgendwie mit der momentan besten Abwehr der Bundesliga unser Torverhältnis um 14 schlechter werden lassen, was ich mal bei dem Umstand das die Münchner derzeit eine wackelige defensive aufstellen als unmöglich sehe. Deshalb müssten wir unsere SOLL auf 5 Siege 3 Unentschieden reduzieren um die Meisterschaft noch an die Bayern zu verlieren.5 Siege aus 11 Spielen wäre eine eher unterdurchschnittliche Leistung, wobei dies nicht unmöglich erscheint. Wenn, ja wenn nicht die Medien unseren Rückrundenauftakt schon als Krise betitelt hätten. Wenn 3 Siege, 3 Unentschieden aus 6 Spielen in denen wir vollkommen den Gegner dominiert haben eine Krise darstellen, dann müssten es ja einem Totalausfall gleichen wenn diese Meisterschaft noch an die Bayern geht.

Und ohne dem Leverkusener ungerecht zu werden, denn diese beiden spielen ja noch gegeneinander, sollten die Bayern dieses Duell der Verfolger gewinnen, bliebe alles bei obiger Rechnung für beide Klubs, sollte der Werksklub gewinnen, dann wären die Bayern wohl raus, aber dann müssten wir von den Leverkusenern erwarten quasi jedes Spiel zu gewinnen. Man möge Ihnen zugute halten, dass sich die letzten Jahre immer wieder gezeigt hat wie unheimlich schlecht sie mit der Erwartungshaltung der Medien umgehen konnten.

Ja wir tun uns gut daran von Spiel zu Spiel zu denken, aber ich sehe dass ganze so wie's der gute Kevin sieht: WIR spielen den geilsten Fußball der Bundesliga momentan, also warum und auch im Wissen um das rechnerische sollten wir einbrechen? Warum sollten wir in München verlieren und weshalb sollte selbst wenn dort die Punkte liegenbleiben dies unseren Verein aus der Bahn werfen? Es gibt weder Anzeichen und dann gibt es noch genug Leute im Klub die dem Entgegenwirken würden mit aller Kraft.

Ihr mögt es blauäugig nennen oder mich beschimpfen ich möge mir die negativen Aspekte dieser Saison nicht eingestehen, aber was habt Ihr bitteschön zu Beginn der Saison von der Mannschaft erwartet? Die Zielvorgabe war bewusst nicht der europäische Wettbewerb, weil man erstmal schauen musste, wie man mit der Dreifachbelastung umzugehen vermag. Im DFB Pokal erhoffte man sich mehr, als gegen einen Drittligisten rauszufliegen, aber kann sich jemand an den Spielverlauf erinnern? Soweit ich es noch im Gedächtnis habe, haben wir gegen eine Mannschaft gespielt die über 90 Minuten den kurzen und langen Pfosten mit einem Spieler zum Aufpassen versehen hatte und sind dann im Elfmeterschießen rausgeflogen, TROTZ DASS unser guter Roman Weidenfeller einen Elfmeter gehalten hat.

Ich halte es nicht für fair der Mannschaft Ihr Können abzusprechen und mithilfe der Chancenverwertung Ihre Leistung kleinzureden. Der BVB ist wieder da, ich wette: Ihr habt alle mitgesungen! Alles andere wäre gelogen.

Ich habe mir zum Heimspiel gegen Hoffenheim gesagt, ich bin so überwältigt von der bisherigen Mannschaftsleistung, der Spielweise und alleine diesen Jungs dabei zuzuschauen gegen den Ball zu treten, dass ich Ihnen für Punktverluste nicht böse sein kann. Ich habe es bei den Europa League-Spielen so gehalten, ich habe es gegen Frankfurt so gehalten und ich werde auch in Zukunft nicht von meiner Meinung wegtreten. Ich bin überzeugt davon, dass diese Saison auch in Zukunft immer eine Saison sein wird von der ich wenn ich zurückblicke immer wieder stolz erzählen werde, wie atemberaubend und stark sich diese Mannschaft in die Herzen aller Fans, und Fußball-Deutschland gespielt hat....., als Meister!

P.S.: Egal wie representativ es für euch erscheint, die Auszeichnung als Mannschaft des Jahres noch vor der Nationalmannschaft durch diese Sport1-äähhmmm-Eins, halte ich schon für durchaus aussagekräftig.

geschrieben von toby_ronin


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