Warmlaufen

Zwischen Angst und Angriffslust

23.04.2010, 19:14 Uhr von:  Redaktion
Zwischen Angst und Angriffslust
Im Hinspiel gab es drei Punkte für Schwarzgelb

An dieser Stelle stehen hier oft Texte mit einer gehörigen Prise Humor. Texte, die mit Witz auf das kommende Spiel vorbereiten. Doch jetzt ist Schluss mit lustig. Jetzt ist Zeit für Ernsthaftigkeit, für Seriosität. Denn es geht in die entscheidende Phase der Saison. Wer jetzt pennt oder sich zu lange mit der Witzseite der Zeitung beschäftigt, der verpasst den Zug nach Europa. Und jetzt ist außerdem Zeit für Pathos, mit einer leichten Portion Wut.

Aber nicht Wut auf die eigene Mannschaft. Nein, die macht einen prima Job. Mal hervorragend (Leverkusen, Bremen), mal nicht ganz so dolle (Berlin, Mainz). Aber immer mindestens zufriedenstellend. Wenn jedoch noch Pech dazu kommt, dann wird es ärgerlich. Es war sicherlich nicht das schlimmste in der Geschichte des Fußballsports, was uns letzten Sonntag widerfahren ist. Aber das macht es deswegen keinen Deut besser. Zwei Verletzte, ein nicht gegebenes reguläres Tor und als Krönung der unverdiente Ausgleich in der 89. Minute nach dem ersten vernünftigen, ach was, dem ersten Angriff der Hoffenheimer überhaupt. Diese späten Ausgleiche und Kreuzbandrisse wähnten wir schon hinter uns. In einem einzigen Spiel holte uns die Vergangenheit wieder ein.

Wie gesagt: Uns geht es als BVB-Fan in dieser Saison sehr gut. Natürlich sind wir froh, nicht in Berlin geboren worden zu sein und jetzt mit an sehen zu müssen, wie die Hertha dem Abstieg entgegen taumelt. Und selbstverständlich möchte hier niemand mit einem Hannoveraner Fan tauschen, dessen Vereinsvorsitzender in CL-Kategorien denkt, aber wie in der Landesliga handelt. Klar ist hier auch niemand neidisch auf die Milliarden des Hoffenheimer Kunstprojekts, das sich nun endgültig als graue Maus der Liga etabliert hat. Und sicherlich will auch keiner vom Kölner Vorstand vorgerechnet bekommen, wie rosig die Zukunft doch ist, bei dieser Gegenwart des 1. FC. Und nun wird es ketzerisch: Überhaupt niemand aus der schwatzgelben Gemeinde will auch nur ansatzweise mit den Blauen tauschen, dessen Gebilde mir doch etwas fragil und wenig nachhaltig vorkommt, bei allem Erfolg, den sie natürlich vorweisen können.

Klopp gibt eh immer alles

Wir sind alle sehr froh und glücklich , BVB-Fans zu sein, das maße ich mir mal an, zu behaupten. Wir sind froh, dass unser Vorstand nicht mit Geld um sich schmeißt und haushaltet, aber trotzdem gut und erfolgreich investiert. Wir freuen uns, dass wir mit Jürgen Klopp einen Trainer haben, der sich voll mit dem Verein identifiziert und nebenbei ziemlich viel richtig macht. Und wir sind froh, dass wir in dieser Saison eine Rolle spielen, wenn die Europapokalplätze verteilt werden. Ob es nun CL (ich muss die Abkürzung nehmen, denn ich traue mich nicht, es auszuschreiben) wird oder die Europa League (heißt die wirklich so?), ist eigentlich egal.

Eine erfolgreiche Saison ist es ja jetzt schon. Jetzt geht es darum, eine Sahnehaube auf die Spielzeit 2009/2010 zu setzen. Nicht so wie letzte Saison, als Jürgen Klopp vergessen hatte, die Sahne im Café des Hotels Wittekindshof zu bestellen und nach Gladbach mitzunehmen und die Mannschaft anschließend die rasch besorgte Sprühsahne aus einem niederrheinischen Discounter überall hinsprühte, nur eben nicht auf die Saison. Diesmal soll es anders werden. Und diesmal wird es anders. Denn jetzt wir sind die Gejagten. Und Jäger zugleich. Und in dieser Doppelrolle geht es jetzt nach Nürnberg. Zum Viertelfinale.

Nuri kann wohl wieder mitspielen

Ja, genau, zum Viertelfinale. Viele reden immer von Endspielen, die sie zuhauf in der Saison haben. Die Hertha hatte in dieser Saison schon mehr Endspiele, als Boris Becker in seiner gesamten Karriere. Der BVB steht aber erst im Viertelfinale. Folgende Rechnung wird nun aufgemacht: Gewinnen wir alle verbleibenden Spiele, dann sind wir in der CL-Quali dabei. Und das sollte man drei Spieltage vor Schluss mit einem Punkt Rückstand auf Platz 3 als Ziel durchaus mal angehen. Also, Viertelfinale gewinnen, dann das Halbfinale gegen Wolfsburg auch und es geht zum Endspiel nach Freiburg.

Der BVB zeigt sich angriffslustig. Jeder hat Bock, noch einen Platz zu klettern. Aber nach unten müssen wir auch noch gucken. Da kommt die Angst ins Spiel. So mancher Kommentar und Schreiberling sah schon die Angst vor Platz 3 als Grund für das komplette Zurückziehen nach der Führung gegen Hoffenheim. Könnte man so sehen. Anzeichen für diese These waren durchaus da. Aber schlotternde Knie sind absolut nicht nötig. Das mangelnde Selbstvertrauen, das man als BVB-Fan aufgrund von vielen blöden Ergebnissen auf der Zielgeraden in den letzten Jahren automatisch hat, kommt bei Fans anderer Verein gar nicht so an. Am Donnerstag sagte noch ein Frankfurt-Fan, dass der BVB auf jeden Fall in Europa dabei sei.

So weit sind wir aber noch nicht. Wir brauchen noch Punkte. Um die Chance zu erhalten, nach oben zu klettern, aber auch, um die Verfolger auf Distanz zu halten. Fünf Punkt sind es aktuell auf Platz 7. Ein weiterer Dreier und wir hätten es so gut wie geschafft. Und da scheint Nürnberg gerade recht zu kommen. Die kämpfen gegen den Abstieg. Und sind durchaus bezwingbar. Und seit Klopp da ist, wird sich gegen die „Kleinen“ der Liga viel weniger blamiert, als das früher der Fall war.

Barrios traf im Hinspiel und könnte das gerne wiederholen

Der FCN ist schwer einzuschätzen. Es ist die Mannschaft, die das bis dato unbezwingbare Bayer Leverkusen als Erster in die Knie zwang. Und wie man hörte, sollen die Nürnberger auch am letzten Samstag ganz passabel in Freiburg Fußball gespielt haben. Aber das ist alles kein Grund, um in Ehrfurcht zu erstarren. Im Gegenteil. Der BVB sollte die komplette Wut aus dem letzten Spiel in positive Energie für das nächste Spiel umwandeln. Das ist jetzt natürlich esoterischer Quatsch, aber irgendwie so was sollten sie machen. Denn Fakt ist – und Sätze, die mit „Fakt ist“ anfangen, stimmen immer: Der BVB gehört in dieser Saison sicher zu den Teams, bei denen es als Abstiegskandidat erst mal wenig zu holen gibt. Ganze sechs Punkte ergatterten die Mannschaften, die derzeit in der zweiten Hälfte der Tabelle stehen, gegen uns. Und davon fallen vier auf die an sich starken Mainzer, die eher zufällig derzeit in der unteren Hälfte zu finden sind. Die anderen beiden Zähler holten die Hertha und eben die blöden Hoffenheimer, völlig unverdient.

Das zeigt, gegen die Mannschaften aus der Abstiegsregion ist unser Team eigentlich immer da. Die Jungs spielen dort ihre durchaus vorhandene Überlegenheit aus, teilweise gnadenlos aus, wie beim 4:1 in Bochum. Und das sollten sie auch so in Nürnberg machen. Dort, wo Nuri Sahin damals sein erstes Bundesligator erzielte. Vielleicht trifft er ja diesmal zum ersten Mal mit Gesichtsmaske. Jetzt gilt es, die letzten Reserven zu sammeln und sich von Rückschlägen wie der dramatischen Verletzung von Mohamed Zidan nicht zurückwerfen zu lassen. Die Jungs wissen, worum es geht. Um die Einstellung müssen wir uns keine Sorge. Wir brauchen auch gar kein Glück, davon hatten wir diese Saison herzlich wenig und spielen trotzdem oben mit. Wenn die Jungs einfach so spielen, wie es die letzten Wochen schon so häufig geklappt hat, dann sollte es auch in Nürnberg funktionieren. Und um die Kategorie Fußball-Allgemeinplätze abzuhaken: Wenn sie die Zweikämpfe annehmen, dann wird es klappen. Und dann weicht auch ganz schnell die Angst einer gut dosierten Angriffslust. Und so soll es sein.

Das werden wohl die Aufstellungen sein:

Auftritt 2007/08 im Frankenstadion
1. FC Nürnberg: Schäfer - Diekmeier, Maroh, Nordtveit, Pinola - Ottl, Tavares (Frantz) - Bunjaku, Gündogan, Risse - Choupo-Moting
Auf der Bank: Klewer - Bieler, Wollscheid, Broich, Frantz, Gygax, Judt, Mintal, Mnari, Boakye, Eigler

Borussia Dortmund:
Weidenfeller - Owomoyela, Subotic, Hummels, Schmelzer - Bender, Sahin - Kuba, Valdez (Hajnal), Großkreutz - Barrios
Auf der Bank: Ziegler - Koch, Dede, Santana, Hajnal, Feulner, Rangelov

Das wird wohl das Schiedrichtergespann sein:

Schiedsrichter:
Knut Kircher (Rottenburg)
Assistenten: Robert Kempter, Stefan Lupp
Vierter Offizieller: Alexander Schlutius

geschrieben von DvB

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