Warmlaufen

Nix ist doofer als...

06.11.2010, 21:30 Uhr von:  Redaktion

Morgen gilt es den Mainz-Sieg zu bestätigenIn Wochen wie diesen kann man wunderbar feststellen, wie Intakt die zwischenmenschlichen Beziehungen im Freundes oder Familienkreis noch sind. Dabei kommt es bei der Frage: „Wo geht es dieses Mal hin" besonders auf die Betonung an. Besonders nachdenklich sollte es einen stimmen, wenn die Frage „Wann kommst du wieder" mit einem Lächeln gestellt wird. Milchmänner (und natürlich auch Milchfrauen) sollen in den letzten zwei Wochen im „Dortmunder-Raum" angeblich Hochkonjunktur gehabt haben.

Offenbach, Mainz, Paris und nun Hannover. Vier Auswärtsfahrten in Folge sind selten, erst recht vier kleine Endspiele. Anders kann man die Größe des Mitreisenden BvB-Anhangs eigentlich nicht erklären. Es wäre äußerst unwahrscheinlich, dass so viele Dortmunder in ihrem Zuhause unglücklich sind und es kaum abwarten können, ihr geliebtes Dortmund zu verlassen. Doch wie erklärt man einem „Nicht-Fußball-Fan" das Phänomen Borussia und begründet die vierte Auswärtsfahrt innerhalb kürzester Zeit nach HANNOVER?

„Hannover ist eine schöne Stadt mit viel Kultur, die man unbedingt einmal im Jahr besuchen muss." Um dabei überzeugend zu wirken sollte man die Schlüsselwörter wie: Expostadt im Jahr 2000, Schloss Herrenhausen und den Maschsee" in seinem Vokabular verankert und für nähere Erklärungen und Überzeugungsarbeit „gegoogelt" haben. Aber Vorsicht, dass Argument man könne dort gut „shoppen", zieht an einem Sonntagnachmittag weniger.

Die letzten Jahre in Hannoi waren eher mau„Hannover ist (vor den Samstagsspielen) Tabellen sechster, dass ist so zusagen ein Topspiel und wenn wir Tabellenführer bleiben wollen, müssen wir dort unbedingt punkten." Mit dieser Aussage könnte man sich äußerst angreifbar machen. Nachfragen wie: „Waren die letzten drei Spiele etwa keine Topspiele" würden eine weitere und vor allem längere Argumentation nach sich ziehen. Wenn man fußballerisch argumentieren möchte und richtig überzeugen will, muss man schon die harten Geschütze auffahren und Fakten schaffen:

Hannover ist so etwas wie ein „Angstgegner". Borussia konnte nur eins der letzten acht Spiele gegen Hannover gewinnen. Zugegeben, der letzte Sieg war dafür mit 4:1 recht deutlich. Vier Mal trennte man sich unentschieden und ganze drei Mal verlor der BvB gegen die „Roten". Aber diese Tatsache reicht sicherlich noch nicht aus, um eine vierte Auswärtsfahrt in 14 Tagen zu rechtfertigen. Gezielt sollte man darauf hinweisen, dass Hannover eine richtige Top-Mannschaft in der Bundesliga ist, in der sich viele bekannte Stars die Klinke reichen. Zum Beispiel der Toptorschütze bei Hannover Ya Konan. In der letzten Saison erzielte er bereits ganze neun Treffer und in der laufenden Saison schon fünf. Aber auch sein Sturmpartner, Abdellaoue, kann diese Saison bereits vier Tore auf seinem Konto verbuchen. Auch die Defensive von Hannover ist im Vergleich zur letzten Saison gefestigter und kassierte bis zum Hoffenheim-Spiel lediglich 12 Gegentore. Ein typischer Abstiegskandidat spielt anders. Eiskalt nutzt Hannover in der bisherigen Saison die Fehler der gegnerischen Mannschaft aus. Fast jedes zweite Tor fällt durch einen Konter, eingeleitet durch einfache Ballverluste des Gegners. Das Hannover 96 diese Saison über eine gute Qualität verfügt, zeigt sich unter anderem an den relativ namhaften Spielern auf der Bank. Miller, Chahed, Beasley, Eggimann, Forssell und Schlaudraff sind alles Altbekannte in der Bundeliga. Die Ausfälle von Andreasen, Carlitos, Schmiedebach und Pogatetz sollten für Trainer Slomka gut zu kompensieren sein. Fraglich ist allerdings noch der Einsatz von Abwehrspieler Christian Schulz der unter einer Prellung zu leiden hat.

Bender wird auch am Sonntag Sebastian Kehl ersetzenWenn man sich Zuhause für die Kosten rechtfertigen muss, die bei den letzten Auswärtsspielen entstanden sind, empfiehlt es sich gezielt abzulenken, in den man über „richtige" Kosten spricht, nämlich über den Preis, den unsere Borussia den internationalen Auftritt zu zahlen hat. Inzwischen hofft die gesamte Liga-Konkurrenz, einschließlich des Wurstfabrikanten U. Hoeneß, dass Borussia noch möglichst lange im internationalen Geschäft mitmischt, um aufgrund des Kräfteverschleißes bald auch in der Bundesliga Federn zu lassen. Es scheint, als würde unserer jungen Mannschaft allmählich die Puste ausgehen. Bei sechs Spielen in 20 Tagen kann man durchaus von einer Belastung sprechen. Erst recht, wenn man als Mannschaft bei jedem Spiel versucht „alles rauszuhauen" und ein laufintensives und leidenschaftlich geführtes Spiel führt. Nicht ohne Grund seufzt Nuri Sahin nach dem Paris-Spiel in die Mikros, dass die Mannschaft jetzt gut essen, schlafen und trainieren muss. Umso tragischer ist es, wenn die Mannschaft aufgrund von ausgelassenen Großchancen sich regelmäßig um den Erfolg ihrer Arbeit bringt. Dadurch fühlt sich ein Unentschieden schnell wie eine Niederlage an. Umso wichtiger, dass nach dem vom Ergebnis her enttäuschendem Spiel in Paris, in Hannover ein Erfolgserlebnis sämtliche Müdigkeit und Schmerzen vertreibt. Gespannt darf man sein, ob Jürgen Klopp ein wenig rotiert um einigen Spielern eine kleine Verschnaufpause zu gönnen. Zumindest könnte er wieder aus dem Vollen schöpfen, wenn man von den Dauerverletzten Kringe, Kehl und Zidan absieht.

Doch echte Probleme sehen anders aus: Wie rechtfertige ich mein erneutes Fernbleiben vom Kaffeetisch bei den Schwiegereltern? Konnte man Offenbach bei seinem Arbeitgeber damit rechtfertigen, dass es nach den Gesetzten des DFB-Pokal wohl das letzte Spiel des BvB in diesem Wettbewerb sein wird und man dieses auf keinem Fall verpassen möchte, musste man für das Mainz-Spiel schon schwerere Geschütze auffahren: Ich kann diese Halloweenfeierei mit meinem Glauben nicht vereinbaren, deshalb fahre ich nach Mainz, da kennt man nur Karneval. Paris war hingegen einfacher zu begründen, zumindest nachdem man sich einen Krankenschein gesichert hatte. Doch bei der Begründung für die Schwiegereltern kann man schnell ins Straucheln geraten. Erst recht, wenn man als Antwort: „Nix is doofer als Hannover- wat willse denn da?!" bekommt. – Ganz einfach drei Punkte, die Tabellenführung verteidigen und mit knapp 9.000 weiteren Reisewütigen unsere Borussia unterstützen!

So könnten sie spielen:

Letzter Auftritt im NiedersachsenstadionHannover: Fromlowitz - Cherundolo, Schulz, Djakpa - Pinto, Stindl - Stoppelkamp, Rausch - Ya Konan, Abdellaoue.

Auf der Bank: Miller - Chahed, Beasley, Eggimann, Forssell, Schlaudraff.

Borussia Dortmund: Weidenfeller - Piszczek (Großkreutz), Subotic, Hummels, Schmelzer - Bender, Sahin - Götze, Kagawa, Großkreutz (Kuba) - Barrios.

Auf der Bank: Langerak - Dede, Santana, Feulner, Kuba, da Silva, Lewandowski.

Schiedsrichter: Felix Brych (München), Assistenten: Robert Hartmann, Marco Achmüller.

Das Spiel ist restlos ausverkauft. 49.000 Zuschauer werden im Niedersachsenstadion die Partie verfolgen. Darunter knapp 9.000 Borussen.

Christoph, 06.11.2010

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