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Ein Brief an Borussia

18.09.2010, 14:09 Uhr von:  Redaktion
Ein Brief an Borussia
Barrios pantherte mal wieder in Lviv

Liebe Borussia,

am späten Donnerstagabend, es muss so gegen 22.45 Uhr gewesen sein, hätte ich nie gedacht, dass mein Brief an dich mit diesen Zeilen beginnen würde. Tief saß die Enttäuschung über den vermeintlich verpatzten Start in den seit Jahren so sehr herbeigesehnten Europapokal. Drei Gegentore und – verzeih mir - eins dümmer als das andere. Der sichere Sieg schien verspielt. Aber meine Fresse, wie hast du dich zurückgekämpft! Ein fettes Dankeschön für die erste magische Europapokalnacht der Saison. Auf dass noch viele folgen werden!

Doch das ist eigentlich gar nicht der Grund, warum ich dir heute schreibe…

Christoph Metzelder fällt bei den Blauen verletzt aus

Für gewöhnlich gibt es nichts, das mich nach Gelsenkirchen zieht. Es sei denn, dein Glanz überstrahlt für 90 Minuten die künstlich-sterile Atmosphäre der gläsernen Mehrzweckhalle. Dann vergesse ich all die guten Vorsätze und mache mich auf den Weg, um endlich wieder einen Derbysieg in den schönsten Farben der Welt feiern zu können – Schwarz und Gelb!

Am Sonntag ist es wieder so weit, du hast ein Auswärtsspiel in Gelsenkirchen. Doch diesmal werde ich nicht dabei sein. Das liegt nicht daran, dass ich von meinen letzten Abenteuerreisen in diese grausigen Stadt selten mit einem Lächeln auf den Lippen, geschweige denn mit etwas Zählbarem, zurückgekehrt bin. Ganz im Gegenteil, denn in dieser Saison könnten die sportlichen Vorraussetzungen wahrlich kaum besser sein: Der blaue Nachbar steht nach drei Spieltagen mit null Punkten und - trotz Rául und Huntelaar - mit zwei mageren Törchen ganz tief im Tabellenkeller. Zu allem „Unglück“ ist die in den letzten Jahren hoch gelobte Verteidigung bloß noch eine Karikatur eines standfesten Bundesligabollwerks. Dass zudem dein alter Kumpel Christoph ausfallen wird, war doch eigentlich schon seit Wochen klar.

Du hingegen hast dich in den vergangenen Wochen wirklich tapfer geschlagen und in der Bundesliga nach einem Stotterstart in beachtlicher Manier wieder in die Spur gefunden. Nicht zu vergessen der fantastische Auftakt in die Europa League inklusive Erlebnistour nach Baku, von der einige von uns noch jahrelang erzählen werden.

Sieht so Sonntag der Gästeblock aus?

Umso schmerzt es, dir am Sonntag bei diesem wichtigen Spiel – die durchaus realistischen Siegchancen vor Augen - nicht beistehen zu können. Der Grund für das Fernbleiben einer großen Zahl von BVB-Fans ist, du hast es sicher mitbekommen, der Boykottaufruf unter dem Motto „Kein Zwanni für nen Steher“ anlässlich der drastisch gestiegenen Eintrittspreise. 50 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr wollen uns die Blauen aus der Tasche ziehen. Versteh mich nicht falsch, die ist keine Aktion, um den Blauen zu schaden. Wie du siehst, können sie das selbst ganz gut.

Der Grund ist eigentlich ganz einfach: Ich liebe es, den BVB spielen zu sehen – und zwar im Stadion! Und ich möchte dir auch in Zukunft hinterher reisen können. Ob nun nach Hamburg, München oder (notgedrungen) Gelsenkirchen. Bei solchen Preisen stellt sich aber ernsthaft die Frage, wie lange ich dazu noch in der Lage sein werde. Denn in diesem Maße steigende Ticketpreise sind auf Dauer einfach nicht mehr zu bezahlen. Englische Verhältnisse (siehe unten), sprich reine Sitzplatzstadien, leise Ränge und kaum junge Fans, die sich für den Sport begeistern können, sind in der letzten Zeit viel diskutierte Horrorszenarien. Eine immer weiter rotierende Preisspirale würde der kompletten deutschen Fußballkultur schaden. Und das in Zeiten, in denen ohnehin schon Spiele wie Hannover – Wolfsburg oder Stuttgart – Hoppenheim als „Derbys“ gelten.

Der 19.09 ist eigentlich ein wundervoller Tag, doch auch ich habe mich schweren Herzens dazu entschlossen, das Ding am Sonntag zu boykottieren.

In Gelsenkirchen hat man stets schlecht ausgesehen

Glaube mir, es wird mir wirklich verdammt schwer fallen, die bei diesem Spiel alleine zu lassen. Und trotzdem bin ich fest davon überzeugt, dass du am späten Abend mit einem Derbysieg in der Tasche ins wunderschöne Dortmund zurückkehrst. Eine junge, hungrige und spielfreudige Borussia mit viel Herzblut will ich am Sonntag über den Rasen rennen sehen. Dann MUSS das doch klappen, findest du nicht?

Und lass dich von den blauen Alleinunterhaltern auf den Rängen nicht verwirren. Gegenüber dem brodelnden, ukrainischen Hexenkessel ist das, was dich erwartet nur ein kleines, vor sich hin köchelndes Süppchen. Mach uns stolz!

Nun bleibt mir nicht mehr viel zu sagen. Richte doch bitte dem Sebastian und dem Leonardo noch meine herzlichen Genesungswünsche aus. Wir brauchen die Jungs! Und dem Jürgen sag bitte, dass er auch, oder vor allem, ohne den Anzug ein verdammt cooler Typ ist.

Und beim nächsten mal bin ich wieder da, stehe auf der Tribüne und werde mir die Seele aus dem Leib schreien, versprochen!

Heja BVB!

Die Aufstellungen

Klare Ansage: Alle zu den Amas
Tapfere Borussia aus Dortmund: Weidenfeller - Owomoyela, Subotic, Hummels, Schmelzer - Bender, Sahin - Götze (Kuba), Kagawa, Großkreutz - Barrios


Auf der Bank: Langerak - Piszczek, Santana, Feulner, da Silva, Lewandowski und Kuba

Es fehlen: Kehl (Muskelverletzung), Dede (Bluterguss und Kaspelreizung), Zidan (Aufbautraining) und Hajnal (Faserriss). Gute Besserung!

Planlos, von nicht vorhandenem Geld zusammengekaufte Blaue: Neuer - Moritz (Matip), Höwedes, Plestan, Sarpei - Jones, Rakitic (Kluge) - Jurado - Farfan, Huntelaar, Rául

Auf der Bank: Schober - Matip, Deac, Kluge, Schmitz, Edu und Jendrisek

Es fehlen: Metzelder, Uchida, Hoogland, Pander und Kenia

Derbypfeifen: Manuel Gräfe (Berlin); Häcker, Dankert; Winkmann

geschrieben von M.

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