Spielbericht Profis

Jetzt wirds eng!

06.11.2010, 02:03 Uhr von:  Malte S.
Pechvogel des Tages: Robert Lewandowski
Pechvogel des Tages: Robert Lewandowski

Es sind diese Momente, in denen Freud und Leid im Fußball so dicht beieinander liegen. Als Robert Lewandwoski am späten Donnerstagabend in der 90. Minute frei vor PSG-Keeper Edel auftaucht, rechnet das komplette Prinzenparkstadion mit der späten, aber verdienten Entscheidung zu Gunsten der Borussia, die sich in den 90 Minuten vorher mehr als tapfer geschlagen hat.

Doch zu allem Unglück entschärft der Pariser Schlussmann ein weiteres mal eine Dortmunder Gelegenheit – die beste im ganzen Spiel – und sichert seinem Team so den Punktgewinn. Das Spiel endet 0:0 und unser BVB muss um das Erreichen der Zwischenrunde mehr denn je bangen, kann es aus eigener Kraft nicht mehr erreichen.

Heimspiel in Paris

Es war ein Spiel, das sage und schreibe 9.000(!) Borussen stimmungsmäßig zu einem wahren Heimspiel machten. 75 Busse wurden laut der Fanbetreuung eingesetzt. Bereits am Mittag hatten sich die ersten Schlachtenbummler am Eiffelturm versammelt, um später gemeinsam den Weg zum Stadion zu gehen. Dort erreichte man schon vor dem Spiel eine beachtliche Lautstärke, als zum „Heißmachen“ der Paris-Anhänger, neben „Mambo No. 5“ und anderen kultigen Hits, „Go West“ eingespielt wurde und „Olé, jetzt kommt der BVB“ von den Rängen schallte. Der Stadionsprecher hielt uns anscheinend für zu laut und er wusste sich nicht besser zu helfen, als noch ein paar Dezibel mehr aus den Boxen klingen zu lassen. Das wirkte schon ziemlich hilflos.

An Material war alles verboten - wenisgtens ein wenig Pyro
An Material war alles verboten - wenisgtens ein wenig Pyro

In drei Gruppen waren die BVB-Fans an diesem Abend aufgeteilt, denn neben dem offiziellen Gästeblock F hatte sich der Großteil über den Heimverein mit Karten für die Blöcke H und J eingedeckt. Hier fragt man sich wirklich, warum Paris St. Germain seinen Gästen selbst auf Nachfrage kein größeres Ticketkontingent zur Verfügung gestellt hat. Zumal der Kick mit 20.000 Zuschauern lange nicht ausverkauft war. Einigen schwatzgelben Fans wäre die Ticketbeschaffung so vielleicht etwas leichter gefallen. Im Stadion störte sich niemand mehr daran, im Gegenteil. Die Dreiteilung wurde als Anlass genommen, einen Wechselgesang zu starten, bei dem aus jeder Ecke des Stadions sauber aneinander gereiht ein Buchstabe unseres wundervollen Vereinskürzels „B-V-B“ ertönte. Das machte wirklich Laune und auch sonst war das, was von den Rängen des Prinzenparks kam, wirklich laut und hörenswert, so dass eine kleine supporttechnische Durststrecke gegen Mitte der ersten Halbzeit wirklich verzeihlich ist.

Einzig und allein drei gezündete Pyrofackeln trübten das überzeugende Bild des Dortmunder Anhangs, hatte der BVB doch im Vorfeld bekannt gegeben, Vorkommnisse dieser Art nicht weiter tolerieren zu wollen. Von den Pariser Fans – verfeindete Gruppen suchte man im Stadion erwartungsgemäß vergeblich – kam außer Dauerfähnchenschwenken nix Vernehmbares.

Auffem Platz

Mario Götze kämpfte um jeden Ball
Mario Götze kämpfte um jeden Ball

Der Mannschaft war bereits in den Anfangsminuten anzumerken, dass sie einiges an Tabellenführerschwung aus Mainz mit in die Stadt der Liebe gebracht hatte. Immer vor Augen: Durch einen Sieg würde man mit der PSG gleichziehen und so beste Chancen auf ein Weiterkommen wahren. Der Wille dazu war deutlich zu erkennen. Angetreten war man mit der gleichen Besetzung, die am Sonntag bereits die Mainzelmännchen entthronte. Einzige Veränderung war eine Rückkehr zum vertrauten 4-2-3-1 mit Kagawa im Zentrum. So konnte der BVB mit sehenswerten Kurzpass-Spielzügen schon früh Akzente setzen. Was fehlte war die Courage, die Kugel nach der dritten Pirouette einfach mal Richtung Edel zu knallen, anstatt ein weiteres Dribbling folgen zu lassen. Der Pariser Schlussman machte nämlich wahrlich nicht den sichersten Eindruck, unterlief zudem die ein oder andere Flanke. Besonders Götze und Kagawa hätten von der Sechzehnerkante gerne mal aufs Tor fackeln können.

Heraus sprangen letztendlich „nur“ passable Chancen von Piszczek nach einer Götze-Flanke (16.), von Hummels per Kopf nach einem Sahin-Freistoß (35.) und von Nuri selbst, der sich kurz vor der Pause mal ein Herz fasst und das Ding knapp über den Kasten semmelte. Zudem Glück für Edel, dass die Borussia aus seinen Patzern nach Hereingaben keinen Nutzen ziehen konnte. Zwingender war da schon die PSG, die es verstand, mit schnellen Kombinationen den Weg zum Dortmunder Tor zu finden und sich wirklich gute Chancen zu erarbeiten. Gefährlich war vor allem Mevlut Erding. In der 18. Minute ging sein Kopfball aus fünf Metern knapp über die Latte und 13 Minuten später verhinderte Mats Hummels im letzten Moment seinen Torabschluss aus gefährlicher Position.

Kevin Grosskreutz hatte einen schweren Stand
Kevin Grosskreutz hatte einen schweren Stand

Trotz dieser Gefahren stand unsere Verteidigung hinten zum größten Teil sicher, vor allem Marcel Schmelzer. Symbolisch eine Szene, in der Nené ganze vier Dortmunder austanzt, auf Sessegnon ablegt und dieser letztendlich am heute bärenstarken Linksverteidiger scheitert. Als der solide Schiedsrichter Pavel Kralovec aus Tschechien zur Halbzeit pfeift, wird auf den Rängen ein spielerisches Übergewicht des BVB festgestellt. Und weil das gegen Hoffenheim und Offenbach auch so war, war eine Erkenntnis viel wichtiger: Da geht heute was!

Zur zweiten Hälfte hatte Jürgen Klopp dann eine kleine Überraschung vorbereitet. Kuba ersetzte seinen anscheinend verletzten Landsmann Piszczek, Großkreutz rückte dafür auf die rechte Verteidigerposition und machte, so viel sei gesagt, seinen Job während der folgenden 45 Minuten gar nicht schlecht. In diesen 45 Minuten gelang es unserer Borussia, eine noch größere Überlegenheit zu erzielen und sich vor allem im Mittelfeld viele Räume zu erarbeiten. Doch der Reihe nach.

Auch Jürgen Klopp schien die Unsicherheiten des Pariser Schlussmannes erkannt zu habe. Und auch wenn Kagawas Schuss aus 20 Metern in der 48. Minute über dem Tor endete, war er doch ein Zeichen des Japaners und Auftakt zu einer furiosen zweiten Hälfte. In der 54. Minute dribbelte sich dann der Jungspund Mario Götze durch die halbe Pariser Hintermannschaft, um dann auf Kuba abzulegen und zu sehen, wie Barrios’ Drehschuss nach weiterem Zuspiel des Polen knapp das Tor verfehlt. Schade!

Sven Bender agierte souverän
Sven Bender agierte souverän

In der Zwischenzeit kam Paris St. Germain zwei mal brandgefährlich vor das Dortmunder Tor (51. und 65.). Zwei mal pennte die Dortmunder Defensive, zwei mal tauchte Erding alleine vor „Weidenfels“ auf und zwei mal parierte dieser verdammt stark. Unsere Nummer eins hielt uns zu dieser Zeit im Turnier, ganz ohne Elfmeter. Doch das war es dann auch mit der Pariser Herrlichkeit, die ihre Angriffe von nun an nicht mehr konsequent zu Ende führten. Fast machten sie den Eindruck, als wären sie mit einem Unentschieden zufrieden, denn ab jetzt spielte nur noch Dortmund in einer beeindruckenden Schlussoffensive.

Die 72. Minute: Kagawa läuft und läuft, eine Finte, ein kräftiger Schuss, doch Edel wehrt die Kugel mit einem starken Reflex ab. In den nächsten fünf Minuten taten Götze und Sahin es ihm jeweils gleich, doch auch sie scheiterten aus der Distanz am PSG-Schlussmann, der nun anscheinend ins Spiel gefunden hatte. Jetzt ging es Schlag auf Schlag. Kurze Zeit später konterte der BVB blitzschnell, doch Lewandowski, mittlerweile für Barrios im Spiel, verzog nach feinem Pass aus spitzem Winkel. Keine drei Minuten später strich ein Flachschuss von Sven Bender knapp am Pfosten vorbei. So langsam wurde es unruhig im schwatzgelben Lager: Wann geht endlich einer rein? Auch in der 87. Minute wurde man in dieser Hinsicht enttäuscht, denn auch Kevins abgefälschter Distanzschuss trudelte am linken Pfosten vorbei.

Kagawa spielte schwach
Kagawa spielte schwach

Was folgte, war die am Anfang bereits geschilderte Szene. Marcel Schmelzer krönte seine Leistung mit einem Sololauf über 70 Meter, in der Mitte legte Sakho ein Kustpäuschen ein und Lewandwoski musste die Kugel nur noch an Edel vorbeischieben. Das Ergebnis ist bekannt, auch Kagawa kriegt die Kugel im Nachsetzen nicht rein, sodass die Borussia bei einem PSG-Freistoß gar noch einmal zittern musste. Am Ende bedankte sich das Team für die großartige Unterstützung in allen Ecken des Stadions und wurde mit Applaus und einem Trost spendenden „Aber eins, aber eins, das bleibt besteh’n: Borussia Dortmund wird nieeee untergeh’n“ in die Katakomben verabschiedet.

Fazit

Dieses Happy End in der letzten Spielminute – es wäre wirklich verdient gewesen und hätte einfach so gut in das momentane Leistungsbild unserer Borussia gepasst, zumal späte Tore gegen Lwiw, Köln und Hoffenheim bereits wichtige Punkte sicherten. Doch am Donnerstag reichte es trotz einer kämpferischen und aufopferungsvollen Leistung mit großem Laufpensum nicht zum Sieg. Und da Sevilla sein Heimspiel gegen Lwiw zeitgleich mit 4:0 locker über die Bühne brachte, ist ein Weiterkommen aus eigener Kraft nun nicht mehr möglich. Als nächstes stehen Karpaty (2. Dezember) und Sevilla (15. Dezember) auf dem internationalen Spielplan. Zu einem direkten Endspiel in Spanien könnte es kommen, wenn Sevilla in Paris nicht mehr als einen Punkt holt. Dann müssten wir unsere beiden Spiele gewinnen. Sollte Sevilla allerdings in Paris gewinnen, muss der BVB auf eine Niederlage St. Germains in Lemberg hoffen (bei gleicher Punktzahl zählt der direkte Vergleich). In diesem Fall würden sogar vier Punkte aus den letzten beiden Spielen reichen. Am schlimmsten wäre ein spanischer Sieg in Paris und ein Pariser Sieg knapp zwei Wochen später gegen Lwiw. Dann ist ein Weiterkommen des BVB nicht mehr möglich. Doch unsere junge Mannschaft scheint prädestiniert für späte Entscheidungen und vielleicht sieht die 90. Minute in Sevilla schon ganz anders aus. Der Glaube ist auf jeden Fall vorhanden.

Aufstellungen

Dank an die Fans
Dank an die Fans

Paris St. Germain: Edel - Ceará, Camara, Sakho, Tiéné - Sessègnon, Clément, Bodmer (81. Horau), Nené (66. Jallet) - Luyindula, Erding (75. Chantone).

Borussia Dortmund: Weidenfeller – Piszczek (46. Kuba), Subotic, Hummels, Schmelzer - Bender, Sahin – Götze (87. Feulner), Kagawa, Großkreutz – Barrios (68. Lewandowski).

Noten

Weidenfeller: Verhinderte mit bärenstarken Reflexen in Eins-Gegen-Eins-Situationen zwei mal einen Rückstand und hielt uns so im Spiel. Auch sonst sehr sicher. Note 1,5

Piszczek: War relativ unauffällig, aber ohne große Fehler. Musste in der zweiten Halbzeit seinem Landsmann Kuba weichen. Note 3.

Hummels: Defensiv eine gute Leistung und auch offensiv konnte er per Kopf einen Akzent setzen. War allerdings mitverantwortlich für die zwei Großchancen in Halbzeit zwei. Note 2,5.

Subotic: Auch er pennte zwei mal und war an Erdings Möglichkeiten nicht unbeteiligt. Sonst eine solide Leistung. Note 3.

Schmelzer: Verdammt stark heute! Hinten sowieso und auch immer wieder Antreiber bei Dortmunder Angriffen. Am Ende fragte mach sich wirklich, woher er die Kraft für seinen unbestechlichen Sololauf nahm, der zur Riesenchance in der 90. Minute führte. Note 1,5.

Sahin: War einmal mehr der Regisseur und an den meisten BVB-Angriffen beteiligt. Gut, aber nicht überragend. Note 2.

Weidenfeller bedankt sich beim Anhang
Weidenfeller bedankt sich beim Anhang

Bender: War erstmals seit längerer Zeit wieder über 90 Minuten im Einsatz und Erledigte seine Defensivaufgaben gewohnt zuverlässig. Offensiv kam bis auf einen gefährlichen Distanzschuss nicht viel. Note 2,5.

Götze: Wirbelte ein ums andere mal durch die Pariser Hintermannschaft, war im Abschluss allerdings oft nicht konsequent genug. Fiel im zweiten Durchgang etwas ab, als er auf die linke Seite rückte. Note 2,5.

Kagawa: Bezüglich der Konsequenz kann man ihm ähnliches vorwerfen wie Mario Götze. War an vielen Angriffen beteiligt. Note 2,5.

Großkreutz: Was er in Halbzeit eins in der Offensive schuldig blieb, zeigte er im zweiten Durchgang in der ungewohnten Position des Rechtsverteidigers mit einer soliden Leistung. Note 3.

Barrios: War trotz der offensiven Spielweise nur an wenigen Chancen beteiligt. Seine größte Möglichkeit hatte er mit einem Schuss aus der Drehung, der knapp am Pfosten vorbei ging. Note 4.

Kuba: Kam in der Halbzeit für Lukasz Piszczek und hielt den rechten Flügel am Leben. War bei Kontern oft am Ball zu finden. Note 3.

Lewandowski: In der 68. Minute für Barrios eingewechselt und fand sich gewohnt schnell ins Spiel ein. Vergab allerdings die große Chance zum Sieg in der 90. Minute. Note 4.

Feulner: Wurde erst vier Minuten vor Schluss ins Spiel gebracht und konnte keine Akzente mehr setzen. Keine Note.

Stimmen

Klopp im Gespräch mit Sat.1
Klopp im Gespräch mit Sat.1

Jürgen Klopp: „Das einzige, wofür wir Garantien abgeben können, ist für den Einsatz und Bereitschaft. Das hat aber nichts mit dem Ergebnis zu tun, Ergebnisgarantie gibt es keine. In der Anfangsphase haben wir richtig gut gespielt, da hatte der Gegner Probleme, uns zu schnappen. Dann haben sie versucht, uns mit der körperlichen Komponente den Spaß an der Veranstaltung zu nehmen. Da hätte ich mir gewünscht, dass der Schiri in der ein oder anderen Situation klarer anzeigt, dass das so nicht geht. Das nennt man wohl internationale Härte und damit ist die Mannschaft auch gut umgegangen. Ich habe die beiden Chancen vor Paris durchaus im Kopf, doch wenn wir den Ball in der letzten Minute rein schießen, wären wir aufgrund der beiden Spiele heute verdienter Sieger gewesen. Das ist nicht mehr zu ändern und ich weiß, was meine Mannschaft heute geleistet hat und bin damit alles andere als unzufrieden. Teilbereiche können wir besser machen, aber die findet man im Fußball fast immer. Jetzt geht’s nach Hannover und dann müssen wir gucken, dass wir Karpaty Lwiw schlagen. Die wollen sich auch nicht mit null Punkten verabschieden. Da müssen wir ein paar Bälle rein schießen, gucken wie das Ergebnis auf dem anderen Platz ist und dann schauen, was für uns im letzten Spiel drin ist. Und sollte was drin sein, dann werden wir uns dementsprechend verhalten.“

Kevin Grosskreutz lobte die BVB-Fans
Kevin Grosskreutz lobte die BVB-Fans
Kevin Großkreutz: „Das war wirklich ein Heimspiel, unglaublich! Das gibt’s in Deutschland nur einmal und zwar in Dortmund. Gänsehaut pur, einfach nur geil! Danke dafür.“ Über seine Rolle als Rechtsverteidiger: „Piszczek hat sich verletzt und der Trainer hat gesagt, ich soll als rechter Verteidiger Gas geben. Und das mache ich dann auch, egal wo der Trainer mich aufstellt.“

Marcel Schmelzer: „Wir wussten, was uns hier gegen Paris erwartet, aber wir wollten trotzdem drei Punke holen, um uns das Leben in der Europa League etwas leichter zu machen. Das ist uns heute trotz eines guten Spiels nicht gelungen, aber wir müssen das in den letzten beiden Spielen gegen Sevilla und Lwiw besser machen.“ Über die Fans: „Es ist wirklich Wahnsinn, dass die Leute uns so weit bis nach Paris hinterher reisen! Wir sind raus gekommen und wollten uns nur den Platz angucken und es war alles schwarz-gelb. Es ist schade, dass wir das nicht mit drei Punkten belohnen konnten.“

Neven Subotic: „Wir sind ein bisschen niedergeschlagen, fühlen uns aber nicht komplett am Boden. Wir haben keinen Schritt nach vorne gemacht, aber auch keinen nach hinten. Wir haben jetzt zwei Spiele, in denen wir ein bisschen hoffen müssen.“


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Hier gibt's die Stimmungsvideos

Am Eiffelturm:

Im Stadion:

Die Fotos zum Spiel gibt es auf unserer Fotoseite.

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