Spielbericht Profis

... und zweitens als man denkt

07.12.2008, 14:54 Uhr von:  Altrocker Sascha
... und zweitens als man denkt
Frei Bielefeld

Für die Mehrzahl der mitgereisten Fans in Schwarzgelb war die Sache vor dem Spiel schon klar: Bielefeld würde nur ein kleines Steinchen auf dem Weg zu inoffiziellen Revier-Meisterschaft sein, lediglich die Höhe des Sieges auf der Alm war vor Anpfiff noch strittig.

Dabei war die Ausgangslage nur auf dem ersten Blick so eindeutig, wie es sich viele Borussen erhofft hatten. Sicher, die Almöhis stecken mitten im Abstiegskampf, konnten aber wie beim 2:1 gegen Leverkusen immer wieder unerwartete Punktgewinne verbuchen. Nicht zu unrecht hatte Jürgen Klopp im Vorfeld vor einem Selbstläufer gewarnt.

Beim Blick auf die Mannschaftsaufstellung suchte man den Namen Buckley vergebens, war man doch davon ausgegangen, dass er auf der Weide seines möglichen neuen alten Arbeitgebers wenigstens kurz zum Zug kommen würde. Nach anfänglicher Ratlosigkeit sickerte später durch, dass Delron wohl wegen einer disziplinarischen Maßnahme in Dortmund bleiben musste.

Kopfballduell Alexander Frei

In der Abwehrkette stand der wieder genesene Owomoyela, für den verletzen Kehl stand plötzlich Mats Hummels als zentrales Bollwerk vor der Abwehr, Nuri Sahin bekam eine Auszeit, Kuba wurde zunächst geschont. Den Angriff im bewährten 4-4-2 System bildeten Zidan und Frei, unterstützt vom dahinter postierten Hajnal.

Das Spiel:

Schon in der Anfangsphase wurde klar, dass keine der beiden Mannschaften gewillt war, dem Gegner am Nikolaustag freiwillig Geschenke zu überreichen. Vor allem Bielefeld kämpfte um jeden Meter, was es den erheblich umgestellten Borussen schwer machte, sich zu formieren. Bielefeld konnte neben der Zweikampfstärke (68% gewonnen) auch spielerisch mehr und mehr überzeugen und hatte folgerichtig die Großchancen durch Wichniarek (2.) und Mijatovic, der freistehend an den Pfosten köpfte (20.). Nach über einer halben Stunde die erste Dortmunder Möglichkeit, als Bielefelds Torwart Eilhoff einen Hummels-Kopfball klasse parierte, später verpasste Frei einen verlängerten Ball von Hajnal knapp. Beim Pausenpils waren sich die Fans beider Seiten einig: weder Fisch noch Fleisch. Vor allem Borussia leistete sich eine unglaubliche Quote an Fehlpässen und Stockfehlern.

Abseitstor Bielefeld

Das sollte sich in Halbzeit zwei zunächst ändern. Wie schon gegen Wolfsburg gewann das Dortmunder Offensivspiel mit der Hereinnahme von Kuba deutlich an Fahrt. In der 53. Minute dann die erste wirklich richtig hundertprozentige Chance für den BVB. Ein schnell vorgetragenen Angriff über die rechte Seite wurde von Hajnal auf den völlig blank stehenden Kringe weitergeleitet. Ein gelernter Stürmer fragt in diesem Fall den Torwart einmal freundlich, in welche Ecke er den Ball haben möchte und dreht dann jubelnd ab. Kringe sprang der Ball jedoch bei der Annahme zu weit vor, so dass Eilhoff genug Zeit hatte, sich vor ihm aufzubauen und den Ball abzublocken. Das war es dann aber auch erst einmal wieder mit der Dortmunder Herrlichkeit. In der Folgezeit wackelte der Dortmunder Defensivverbund ein ums andere mal und ermöglichte den Bielefeldern aussichtsreiche Chancen. Die beste davon hatte Kirch, der den Ball bereits über Weidenfeller lupfen konnte, aus spitzen Winkel dann allerdings nur das Außennetz traf. Tiefes Durchatmen im schwatzgelben Gästeblock.

Weidenfeller

Kuriose Szene dann zur Mitte der zweiten Halbzeit. Subotic spielte einen katastrophalen Rückpass auf Weidenfeller, der in die Knie ging und in Ebi-Smolarek-Gedächtnisposition den Ball mit der „Brust" anstoppte. Ok, die Brust war wirklich dabei - wenn auch deutlich zwischen beiden Armen eingeklemmt. Aber der ansonsten ordentliche Schiri Perl übersah das mal großzügig.

Bielefelds Keeper Eilhoff musste sich nur noch einmal lang machen, als Hajnal in der 81. Minute einen Ball raffiniert in den Winkel schnibbeln wollte. Leider blieb der Torwart jedoch fehlerlos und lenkte den Ball über die Latte. Machtlos war er allerdings bei einem Kopfball von Santana, der eine Freistoßflanke von Hajnal aufs Tor verlängerte. Machte aber auch nichts, da der Ball knapp über die Latte strich. Auf Bielefelder Seite hatten ihrerseits Wichniarek und Mijatovic Chancen, den Sieg für ihr Team einzutüten.

Fazit:

Den Dortmundern scheint auf der Zielgeraden der Hinrunde etwas die Luft auszugehen. Das schon oft gesehene und von Klopp geforderte temporeiche und aggressive Spiel konnte bei den Ostwestfalen nur selten umgesetzt werden. Dazu leisteten sich unsere Borussen sowohl in der Vorwärts- als auch der Rückwärtsbewegung manche Unkonzentriertheit . Unter dem Strich ein Unentschieden, dass absolut in Ordnung geht. Ja, vielleicht sogar als etwas glücklich zu bezeichnen ist. Alles in allem hatte Bielefeld mehr vom Spiel und mehr Möglichkeiten, den Sieg einzufahren.

Um noch etwas positives aus dem Trip nach Bielefeld zu ziehen, schalten wir jetzt einfach mal in den Boris-Rupert-Modus und verkünden, dass der BVB zusammen mit den Bayern, Union Berlin und den Kickers Emden bis jetzt die wenigsten Niederlagen im deutschen Profifußball kassiert hat. Zudem stellt der BVB die zweitbeste Abwehr der Liga. Wer hätte sowas vor 365 Tagen nur für möglich gehalten?

Unschönes am Rande: Die Drecksblauen sind wieder an uns vorbei gezogen. Die Chancen stehen aber gut, dass wir ab Freitag und dann für den Rest des Jahres die Verhältnisse wieder gerade rücken.

Block Bielefeld

Stimmungsmäßig tat sich über das gesamte Spiel von beiden Seiten einiges. Zum Anpfiff zeigten die Bielefelder einige Tapeten, die von einem Zwist mit der lPresse zeugten (und sich ansonsten hervorragend als Sehschärfentest für den Gästeblock eigneten). Grund für die Ansage an die Presse waren Forderungen der Bild nach Stadionverboten im Anschluss an das Spiel gegen Hoffenheim. Ansonsten ein optisch maues Bild. Unterhaltsamer war da schon die Halbzeitshow, in der ein etwas in die Jahre gekommender Moderator mit westfälischen Dialekt den auch in Dortmund noch bekannten Dirk Hupe mit allerhand sinnfreien Fragen und ganz viel Handarbeit malträtierte. War aber dennoch allemal lustiger als der sonstige Eventeinheitsbrei mit grenzdebilen Werbespielchen, den man sonst in Bundesligastadien so vorgesetzt bekommt.

Gaesteblock

Im Gästeblock herrschte diesmal tristes Grau vor, dank unsinniger Verbote waren lediglich einige Fahnen zu sehen. Ansonsten präsentierte man sich gesanglich durchaus vorzeigbar. Vor allem die „Im Wagen vor mir"-Adaption fand Anklang und so schalalalate und schunkelte man sich durch einen kühlen Winternachmittag auf der Alm. Nach Abpfiff durfte sich dann Roman Weidenfeller noch über ein paar warme Weidenfeller-Gesänge freuen und bekam den Lohn für ordentliche Leistungen in den letzten drei Spielen.

Stimmen:

Pressekonferenz mit Jürgen Klopp

Jürgen Klopp:
Wir haben die erste halbe Stunde verschlafen bzw. nicht so gespielt, wie wir uns das vorgestellt haben. Der Gegner war sehr präsent und so kam es zu einigen Ballverlusten. Beide Mannschaften haben alles rausgehauen, richtig gekämpft. Wir hatten kaum Freiräume. Ein Sieg wäre für beide Mannschaften verdient gewesen.

Michael Frontzeck:
Ich habe von meiner Mannschaft ein sehr gutes Spiel gesehen. Wir hatten eine Reihe von Torchancen. Beide Mannschaften sind ans Limit gegangen. Leider haben wir einiges an Substanz gelassen und einige Verletzungen erlitten. Wir müssen nächste Woche genau hinschauen und uns neu aufstellen (Anmerkung der Red: bekannt?)

Pressekonferenz mit Michael Frontzeck

Mats Hummels:
Bielefeld hat uns das Leben nicht einfach gemacht, Respekt. Wir müssen mit dem Punkt zufrieden sein. Sie haben uns erst ab der Mittellinie angegriffen, dadurch wurden die Räume eng und wir hatten es in der Vorwärtsbewegung schwer. Zuletzt haben wir uns im Vergleich zur letzten Rückrunde erheblich gesteigert und vor allem nichts mit den unteren Tabellenregionen zu tun. Das wird sicherlich so bleiben, wenn wir so weiterspielen wie bisher.
Zum eventuellen Verbleib in Dortmund: Wenn es etwas zu sagen gäbe, würde ich es sicherlich sagen, vielen Dank.

Owomoyela Kopfball

Patrick Owomoyela:
Ich war überrascht, wie schnell mein Heilungsprozess fortgeschritten ist. Mit der Leistung unddem Spiel kann ich, kann die Mannschaft heute nicht zufrieden sein. Wir müssen nach den brenzligen Szenen am Ende mit dem einen Punkt zufrieden sein.

Florian Kringe:
Ich hatte unsere größte Tormöglichkeit im Spiel. Es wäre der Ideale Zeitpunkt gewesen, das eher kampfbetonte Spiel mit einer Führung im Rücken ruhiger zu gestalten.

Dennis Eilhoff:
Wir haben heute sehr guten Fußball gespielt und an die spielerische Leistung vom Sieg gegen Leverkusen angeknüpft.

Markus Schuler:
Wir hatten Pech im Abschluss, haben insgesamt aber ordentlich gespielt. Nicht nur gekämpft, den Ball nach vorne gegloppt und hinterher gerannt, wie es im Vorfeld auf der Pressekonferenz des BVB vermutet wurde. Da müssen wir im neuen Jahr weiter machen.

Noten:

Weidenfeller: Wieder einmal zu null gespielt. Hatte Glück beim nicht gegebenen Freistoß nach Rückgabe. Note 3

Lee: Wie immer zuverlässig in der Abwehr. Trotz enormer Laufarbeit zu wenig effektiv für die Offensive. Note 3,5

Santana: Solide Abwehrarbeit allerdings mit gelegentlichen Leichtsinnsfehlern vor dem Strafraum. Im Sturm diesmal ohne Fortune. Note 3,5

Subotic: Momentan eine Bank in der Abwehrarbeit. Ähnlich wie Santana offensiv nicht wirklich zum Zuge gekommen. Note 3

Owomoyela: Wie viele seiner Nebenspieler mit guter Defensivarbeit, nach vorne allerdings auch zu viele Abspielfehler. Note 4

Hummels: Brauchte lange Zeit, um sich als 6er zurechtzufinden, als er im Spiel war mit geringer Fehlerquote. Offensiv fand er nur bei seiner Chance statt. Note 4

Tinga: Im ersten Durchgang erheblich unter Normalform, fing sich nach dem Wechsel wieder. Note 3,5

Hajnal im Zweikampf
Kringe: Hatte den Führungstreffer auf dem Fuß. Immer bemüht aber vor allem in der zweiten Halbzeit ein ganz schwacher Auftritt. Note 4,5


Hajnal: Kam erst nach der Pause durch Kubas Einwechselung auf Touren, konnte das Spiel aber nie entscheidend an sich reißen. Note 4

Kuba: Wirbelte nach seiner Einwechslung ordentlich herum, baute anschließend vermutlich wegen seiner Grippepause von Minute zu Minute ab. Note 4

Zidan: Ballverluste ohne Ende, keine Durchschlagskraft im Zweikampf. Lediglich eine Vorlage zu Freis Chance. So darf es nicht weitergehen. 5,5

Frei: Scheint endlich in Klopps System angekommen zu sein. Rackerte an allen Ecken, suchte Zweikämpfe und konnte sich auch als Vorlagengeber auszeichnen. Note 2,5

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