Im Gespräch mit...

...Olaf Suplicki (Teil 1): "Ich denke, wir haben die Interessen der Fans sehr stark wahrgenommen"

23.10.2007, 00:00 Uhr von:  CHS Arne
...Olaf Suplicki (Teil 1): "Ich denke, wir haben die Interessen der Fans sehr stark wahrgenommen"

Er ist so etwas wie das "Enfant Terrible" der Fanabteilung. Spätestens durch seine Interviewäußerungen zu Delron Buckley oder Bert van Marwijk ist Olaf Suplicki zu einer Reizfigur beim BVB geworden. Im Dezember tritt er als Fanabteilungs-Leiter ab. Grund genug, einmal ausgiebig mit ihm über Vergangenheit und Zukunft der Fanabteilung zu sprechen: Über das Borusseum, begangene Fehler, ungerechte Kritik, Sponsoren und die Frage, ob die Fanabteilung besser ist als ihr Ruf.

schwatzgelb.de: Die Fanabteilung wird im Dezember drei Jahre alt. In dieser Zeit hast du sie auch aktiv begleitet, ein Jahr als Zweiter Vorsitzender und zwei Jahre als Erster Vorsitzender. Wie ist Dein Fazit nach drei Jahren?

Olaf Suplicki: Das Fazit lautet als erstes, dass ich in den drei Jahren wahrscheinlich um 50 Jahre gealtert bin. Das muss man echt sagen, weil es schon eine immense Aufgabe war, diese Abteilung überhaupt aufzubauen und dahin zu bringen, wo sie heute ist. Ich denke, die Fanabteilung hat ein eigenes Profil gewonnen. Sie hat viele, viele Aktionen angestoßen und hat vor allen Dingen auch gezeigt, wie wichtig solch eine Abteilung für den Verein sein kann - auch in einer schwierigen Zeit. Rückblickend auf die drei Jahre kann man sehr stolz auf das sein, was da passiert ist. Ich bin riesig begeistert von dem, was auch bei uns im Fanbeirat und in den Projektgruppen geleistet wird. Wenn ich so Highlights nehme wie das Borusseum, was wir angestoßen haben und das umgesetzt wird, oder auch unsere „Wir sind Borussia“- Aktion zu Ende der letzten Saison, dann zeigt das einfach mal, wie wichtig so eine Abteilung und ihre Gründung auch für den Verein war. Wir können aber natürlich auch nur so gut glänzen, wie wir beim BVB selbst dann wieder unterstützt werden. Und da werden wir wirklich sehr, sehr gut unterstützt von allen Seiten. Am Anfang war das nicht so, da mussten wir uns natürlich erstmal ein bisschen durchsetzen. Das hat sich aber mittlerweile gelegt. Wir sind gut akzeptiert und dadurch fällt natürlich auch vieles leichter.

schwatzgelb.de: Das Borusseum hast du ja gerade schon angesprochen. Das ist ja seit Beginn an „Dein“ Projekt. Wie ist der Stand der Dinge aktuell?

Olaf Suplicki: Also der Stand ist so, dass wir eigentlich kurz vor Baubeginn stehen. Es gab ja noch finanzielle Dinge, die im Raume standen: Kann jemand, der für das Borusseum spendet, diese Spende steuerlich absetzen und kriegt er eine Spendenquittung? Das war erst nicht möglich. Da hieß es „ok, das muss in der Satzung hinterlegt sein, sonst kann man das finanziell nicht absichern…“Aber Herr Tress hat da wohl mit der Finanzbehörde in Düsseldorf Kontakt aufgenommen, und jetzt wissen wir, dass es möglich ist. Und jetzt geht’s halt darum, über Spendengelder noch die restlichen, fehlenden ca. 350.000 € zusammenzubringen, damit wir auch ein tolles Museum kriegen. Das wird jetzt die Aufgabe sein, dieses Geld zu beschaffen, und die KGaA wird dann jetzt mit den Rohbauarbeiten beginnen. Ich denke, wir werden Mitte nächsten Jahres das Museum letztendlich auch öffnen können.

"So ein Museum muss leben"

schwatzgelb.de: Also knapp zwei Jahre später, als ursprünglich geplant.

Olaf Suplicki: Wir sind natürlich im Zeitverzug. Wir hatten ja damals 2006 als Termin vorgegeben. Das war sehr kühn, was wir da gemacht haben, aber es war auch die Zeit, so ein Museum auf die Schiene zu setzen und es mit aller Gewalt durchzudrücken. Wir waren dann auch irgendwann an einem Punkt, wo keiner mehr zurückrudern konnte, nachdem er gesehen hat, was eigentlich alles erforderlich ist, um so ein Museum auf die Beine zu stellen. Von daher war der Zeitpunkt richtig. Und mir persönlich ist es auch ziemlich egal, ob wir das jetzt Mitte 2006 oder Mitte 2008 eröffnen. Hauptsache dieses Ding kommt, und alle nachfolgenden BVB-Fans haben die Möglichkeit, dann mal in der Vereinsgeschichte zu schwelgen. Das ist für Borussia Dortmund immens wichtig.

schwatzgelb.de: Was erwartet uns denn, wenn das Ding letztendlich öffnet? Wie wird es konkret aussehen?

Olaf Suplicki: Es werden verschiedene Säulen der Zeitgeschichte im Museum zu sehen sein. Das Highlight für mich ist eigentlich, dass der Zugang über das August-Lenz-Haus - also den jetzigen Fanshop - kommen wird. Das heißt, es wird eine Brücke gebaut, die über einen Fahrstuhl dann zum Museum hochführt. In dieser Brücke werden dann auch die so genannten „Spenderfelder“ zu sehen sein. Dort werden die Leute verewigt werden, die die 109 € gegeben haben, und dort werden sich im Glasboden dann eben auch Firmen präsentieren können, die auch größere Beträge gegeben haben. Die RAG hat ja 100.000 € für das Museum gespendet – vorbildlich - und ich hoffe, dass noch ein paar Firmen dazukommen werden, die auch vielleicht fünfstellige Beträge geben, damit wir so das Museum dann auch finanziert kriegen. Alles, was dann im Museum passiert, muss so sein, dass es dann auch wechselbar ist. Ich halte nichts davon, ein Museum zu bauen, wo du dann durch gehst, da gehst du vielleicht auch noch mal mit deiner Oma durch, aber dann ist das Museum auch erledigt. So ein Museum muss leben. Das heißt, du musst Veränderungen herbeiführen, du musst zusätzliche Ausstellungen machen zu bestimmten Themen. Wenn du dieses Jahr „10 Jahre Champions-League-Sieg“ hast, dann musst du einfach mal einen Raum haben, wo du nur die 97er Geschichte noch mal erschließt. Wo sich viele dann auch wieder finden und fragen, „Was war damals los? Was ging denn hier ab?“. Wir werden dann natürlich auch Traditionsabende im Museum veranstalten. Dort werden wir dann altgediente Spieler dazu holen. Ich stelle mir vor, dass man das Museum auch gerade im Hinblick auf die Feier zum 100jährigen Jubiläum des Vereins sehr gut mit einbinden kann. Da müssen Kontakte zur Stadt gemacht werden, und du musst gucken, dass du auch Schulklassen durchgeschleust kriegst. Dass du das Museum auch sehr attraktiv machst. Und die Brücke war eigentlich auch in dem Fall eine Notlösung, weil das Museum ohne sie am Spielfeld nicht zugänglich gewesen wäre, da der Eingang ja innerhalb des Gästebereichs liegt. Auch sicherheitstechnisch wäre es nicht erlaubt gewesen. Deshalb haben wir gesagt, „ok, dann kommt diese Brücke“ und das hat gleich noch zwei gute Seiten. Die eine ist, dass das Museum am Spieltag offen sein kann. Die andere, dass auch für die behinderten Fans das August-Lenz-Haus entsprechend umgestaltet wird. Im Moment können diese Fans ja noch nicht in die obere Etage gelangen. So schlägt man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe und wird dem auch gerecht. Also das finde ich schon ganz gut.

schwatzgelb.de: Wie viele Quadratmeter Ausstellungsfläche wird das Borusseum denn letztendlich haben? Im Moment kann man sich ja noch nicht so wirklich vorstellen, wie groß es werden wird.

Olaf Suplicki: Wir müssen mal sehen, was nachher an direkter Fläche übrig bleibt. Es werden ja von den Seitenwänden Dinge abgehangen, und wir müssen auch einfach gucken, wie viel Geld wir wirklich zusammenkriegen. Vielleicht bleibt auch ein hinterer Teil noch frei, der später dann noch nachgebessert wird. Je nachdem eben, wie das Geld ausreicht. Ich rechne mit einer ungefähren Größe von 300 bis 500 Quadratmetern. Auf jeden Fall soll die ganze Ecke zugebaut sein mit dem Museum. Und dann wollen wir natürlich auch Medientürme haben, wo du dann beispielsweise auch mal auf dem Bildschirm etwas anklicken kannst. Da müssen wir mal schauen, wie man das finanziert kriegt. Das sind dann ja auch immer gerade die teuren Dinge, die passieren.

schwatzgelb.de: Werden denn auch im Vorfeld Interviews mit verdienten Spielern geführt? Die leben ja leider nicht ewig.

Olaf Suplicki: Wir haben ja unsere Projektgruppe, die die Katalogisierung macht. Wir haben erstmal alles aufgenommen, was es gibt. Jetzt ist natürlich genau das, was Du sagst, ein wichtiger Punkt. Du musst jetzt gucken, dass du viele Spieler noch möglichst zu einem Interview kriegst, die du dann auch noch mit einbinden kannst. Mein Wunsch ist es auch, wenn wir über 100 Jahre BVB reden, dass wir so etwas Ähnliches wie ein Hall of Fame bilden - eine Ehrentafel, wo man auch mal alle Präsidenten oder die verdientesten Spieler des BVB aufführt. Vielleicht lässt man die wählen, und sagt „so, jeden Monat im Jubiläumsjahr stellen wir einen Spieler vor, der wandert dann in die so genannte Hall of Fame, wo sein Bild aufgehängt wird und wo sein Video drin ist“. Wo du dich über den Spieler informieren kannst und es vielleicht ein passendes Shirt dazu zu kaufen gibt.

schwatzgelb.de: Wie muss man sich das ganze organisatorisch vorstellen? Wer ist eigentlich konkret zuständig für das Museum?

Olaf Suplicki: Es gibt einen Museumsbeirat, den die Borussia eingerichtet hat und der jetzt in den nächsten Wochen auch seine Arbeit aufnimmt. Da wollen wir mal gucken, wie man da mit dem Vorstand zusammenkommt. Ich bin ja auch nicht der alleinige Bestimmer, was das Museum betrifft, sondern das ist in erster Linie ja mal Sache des Präsidenten und des Schatzmeisters, der sich da sehr einbringt, und ich sehe mich da nur so ein bisschen als Antriebsfeder. Wir haben im Vorfeld auch viele Museen besucht. Das ist auch etwas, was uns dann wieder zum Nachdenken bewogen hat: Du kannst nicht einfach sagen, du machst ein Museum, stellst da ein paar Vitrinen hin und sagst „so, und jetzt packen wir das da mal rein“. Das funktioniert nicht. Wir waren in Bonn, im Deutschen Museum. Ich war in Bremen im Fußball Museum, ich habe das Museum in Gladbach gesehen und… wo war ich denn noch? In Gelsenkirchen war ich nicht, das habe ich nicht betreten. Einer von uns war in Barcelona und hat ein paar Fotos mitgebracht von dem Museum. Also es gibt ganz, ganz viele Ansatzpunkte, wie man ein Museum gestalten kann und wie man es auch ohne große Kosten inhaltlich und vom Aufbau her auch immer wieder verändern kann. Du musst da Feuer drin haben, sonst wirst du nach fünf Jahren ein böses Erwachen erleben, weil dann nämlich die Besucherzahlen den Bach heruntergehen. Und da müssen wir mal gucken, wie wir das machen. Ich denke, das Museum wird auf jeden Fall ein Knaller. Schon alleine für den e.V. - es soll ja auch alleine zur Entschuldung des e.V. beitragen. Und ich denke, dass wird hundertprozentig funktionieren. Man sieht es ja jetzt schon, wie zum Beispiel die Stadionführungen angenommen werden. Die sind riesig ausgelastet. Ich denke, wenn sich das Museum da noch positioniert, werden die Stadionführungen auch noch interessanter werden, weil du beides verbinden kannst. Und auch die „Stadion Live“ Geschichte von Dino Prax (die Vermarktung der VIP-Ebenen und Veranstaltungsräume im Stadion außerhalb der Spiele, Anm. d. Red) wird sicherlich auch noch mal einen Kick kriegen, dadurch das da noch ein Museum bei ist. Vielleicht kannst du auch mal eine Tagung im Museum machen, ich weiß es nicht. Je nachdem wie groß der Raum dann nachher letztendlich wird.

schwatzgelb.de: Besteht denn die Möglichkeit vom Museum in den Innenraum zu kommen?

Olaf Suplicki: Es gab von einem Architekturbüro den Vorschlag, Steine aus dem Stadion herauszuholen und durch Panzerglas zu ersetzen. Also so, dass du vom Museum quasi ins Stadion schauen kannst. Soweit ganz gut, aber wenn dann Spieltag ist und du hast, ich sag mal, 10.000 Blaue auf der Tribüne, die dir dann ins Museum glotzen, dann weiß ich nicht, ob das so interessant ist. Du guckst von innen dann auch nur gegen Füße, und es wäre von den Kosten auch gar nicht machbar gewesen. Man kann vom Museum aus wieder Richtung Presseraum gehen und auf der anderen Seite sind dann da die neuen Fanabteilungsräume und der neue Konferenzraum. Da kann man zwischen Konferenzraum und der alten Stammtischebene auch durchgehen. Also, das ist sicherlich eine Möglichkeit. Aber ich glaube, dass man die Stadionführung schon so gestalten kann, dass das Stadion nicht zu kurz kommt und das Museum dann das Highlight zum Schluss ist.

"Auf dem Weg ins Museum schon 30 mal Gänsehaut"

schwatzgelb.de: Ein großes Highlight ist es natürlich schon, wenn du bei einer Museumsbesichtigung auch mal im Stadion drin bist.

Olaf Suplicki: Ja, natürlich. Aber das kann man ja von innen. Wir haben auch vor, das medial zu verbinden. Das heißt, auch wenn du jetzt eine Stadionführung machst, wenn du den Gang hindurch gehst auf den Rasen, dass da auch schon die Atmosphäre über die Lautsprecher in dem Gang selbst herrscht. Dass du dann mal dieses Kabinenwirwarr, wer da was sagt, aufnimmst und das laufen lässt, wenn sich die Leute da hinsetzen. Oder wenn du mal nach einem besonders erfolgreichen Spiel gegen die Blauen, das aufnimmst, was in der Kabine passiert. Wenn du dann bei der Stadionführung auf einem Flachbildschirm siehst „Ach guck mal hier, so geht das hier in der Kabine ab“. Ähnlich wie das bei dem „Sommermärchen“ war, wo Klinsmann seine legendäre Ansprache da in Dortmund im Stadion gehalten hat. Solche Sachen müssen natürlich auch da rein, so dass man alles so ein bisschen verbindet und auf dem Weg bis ins Museum schon 30mal Gänsehaut hat.

schwatzgelb.de: Gehen wir noch mal ein bisschen weg vom Borusseum. Was, würdest Du sagen, sind die größten Errungenschaften der Fanabteilung? Was hat sich Deiner Meinung für den Fan am meisten verändert? Am positivsten verändert?

Olaf Suplicki: Das absolut Positive ist, dass der Fan ein Sprachrohr und einen Ansprechpartner in der Fanabteilung gefunden hat. Wenn ich sehe, welche Fragen wir permanent reinkriegen, allein über die Emailadresse info@fanabteilung.de. Da kommen täglich Anfragen ohne Ende. Hier kann geholfen werden, da kann weitergeleitet werden. Wenn ich sehe, was wir intern bei Borussia bewegt haben, ich nehme mal das Beispiel Ticketing: Da haben wir sicherlich einiges Positives bewirkt. Wenn ich allein an das Spiel gegen die Blauen denke, wenn ich an die Ebay- Geschichte denke. Da hat sich früher nie jemand rangetraut. Da haben wir gesagt, „Ihr müsst hier gegen die Leute vorgehen“ und da sind hier Klagen geführt worden und da Anzeigen erstattet worden. Wir haben da die Fanclubs mit Karten versorgt, bevor die irgendwie in den freien Vorverkauf gegangen sind, das ist schon eine riesige Errungenschaft. Und wir haben immer gesagt: Wir wollen die Stimme der Fans im Verein sein, für unsere Mitglieder, für die Fans. Ich denke, dass ist auf jeden Fall gelungen. Wir haben da die Interessen vertreten. Du kannst natürlich nicht für alle Leute sprechen, das muss man auch mal sagen. Du kannst bestenfalls für deine Mitglieder sprechen. Und wenn du das nicht vernünftig machst, wird es dir spätestens auf der Jahreshauptversammlung um die Ohren gehauen. Aber das versuchen wir zumindest. Und ich denke, wir haben die Interessen der Fans sehr stark wahrgenommen. Auch was den Umgang mit Sponsoren betrifft. Und eine Saisoneröffnung, die seit drei Jahren wieder stattfindet, ist auch ein Verdienst der Fanabteilung. Dass es so etwas überhaupt gibt. Dass man sich zusammen tut, dass die Familien sich treffen und man da Anlaufpunkte findet. Wenn ich den Infostand am Stadion sehe, wo wir als Anlaufpunkt dienen. Wir waren auf dem Flughafenfest, wir fahren mit dem Anhänger herum, wir stellen uns auf Feste. Wir überlegen im Augenblick, ob wir noch einen zweiten Anhänger anschaffen, der dann mobil ist. Der auch vielleicht mal Stadtfeste besuchen kann, um die Farben Schwarz und Gelb zu vertreten. Wir sind im Stadion vertreten und kriegen da einen super Raum mit ca. 88 qm. Mit einem Tagesraum, einem Büro am Ende, einer kleinen Küche und einem Lagerraum dabei. Das wird uns zur Verfügung gestellt. Und wenn ich dann natürlich noch die „Wir sind Borussia“- Aktion hinzunehme, die die Fanabteilung gestemmt und damit noch für einen kompletten Stimmungsumschwung innerhalb des Fanbewusstseins von Borussia gesorgt hat: Nach dem Bielefeld Spiel lag Dortmund am Boden, Borussia am Boden. Und ich habe dann in unsere E-Mail-Group geguckt und sah da „Wir steigen ab“ und „Alles ist am Boden“. Und da sind wir halt vorweg gegangen und haben gesagt „So Leute, jetzt ist mal Schluss. Wir sind die Fanabteilung und gehen vorweg und sagen, wir kämpfen hier bis zum letzten Blutstropfen. Und wir wollen hier eine positive Stimmung haben!“. Dann haben wir die „Wir sind Borussia“- Aktion innerhalb einer Woche aus dem Boden gestampft. Haben 50.000 Buttons im Stadion verteilt, 200.000 Aufkleber drucken lassen, die Plakate aufgehangen - überall in Dortmund hingen diese Plakate. Das ist natürlich was, was einen auch stolz macht. Wenn du dann durch die Stadt fährst und siehst das, dass plötzlich alle an einem Strang ziehen. Kritik verstummte plötzlich, obwohl genügend Anlass gewesen wäre, alles in Frage zu stellen! Und plötzlich standen alle wieder zusammen. Das ist es, was Borussia ausmacht! Was jahrzehntelang verschüttet war. Da haben alle zusammengestanden und das Ganze hat sich dann am 12. Mai komplett entladen. Ich denke, das sind so ganz, ganz wichtige Meilensteine der Fanabteilungsgeschichte. Da ist das Borusseum sicherlich ein Teil, der neben herläuft. Aber dieses Zusammengehörigkeitsgefühl der Leute irgendwie wieder hinzukriegen, Misstrauen abzubauen und eine Stimme im Verein und auch Ansprechpartner für viele Fragen und Probleme zu sein, ich denke, damit haben wir schon mehr erreicht, als wir uns vor drei Jahren selbst zugetraut hätten. Ich spreche ja viel auch mit unseren Kollegen von der Fanabteilung von Eintracht Frankfurt, die immer den Kopf schütteln und sagen, „Was ihr da in Dortmund bewegt habt, das ist unglaublich. Das haben wir in sechs Jahren Fanabteilung Eintracht Frankfurt nicht geschafft, was ihr in drei Jahren schon geschafft habt.“ Von daher bin ich da sehr zufrieden. Man muss natürlich fairer Weise sagen: Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass wir von Seiten des e. V., durch Präsident Rauball und Dr. Lunow, und der KGaA auf der anderen Seite auch immer sehr gut unterstützt werden. Wenn da, ich sag mal, irgendwelche Stinkstiefel sitzen würden, die dich permanent nur blockieren und den Fan nur als Beiwerk oder Stückwerk sehen würden, könnten wir niemals so erfolgreich sein.

schwatzgelb.de: Hat denn die Aktion „Wir sind Borussia“ dazu geführt, dass es einen Mitgliederzuwachs in der Abteilung gab?

Olaf Suplicki: Vielleicht hole ich da ein bisschen aus. Wir haben da die Problematik gehabt, dass der Trainer Bert van Marwijk Ende des Jahres gegangen ist, und haben uns als Fanabteilung in dem Punkt auch ein bisschen aus dem Fenster gelehnt. Da hatten wir eigentlich alle die Befürchtung, Mitglieder zu verlieren. Wir hatten damals den Stand von 1.500 Mitgliedern und wir wussten genau, wenn das jetzt unter die 1000er Grenze geht, dann kriegen wir ernsthafte Probleme. Also, ausgetreten ist genau ein Mitglied, aber nicht aus dem Grund van Marwijk. Das hatte irgendwelche anderen Gründe. Und wir haben, Stand gestern, knapp 2.300 Mitglieder. Das ist schon enorm, wenn man das sieht: innerhalb von einem dreiviertel Jahr 800 neue Mitglieder. Und das macht mich auch stolz, dass man sagen kann, „Ok, 2.300 Mitglieder, damit kannst Du dich schon sehen lassen“. Damit kannst du auch dem Verein signalisieren, „Guck mal hier, hier wird gute Arbeit gemacht, und das wird auch anerkannt“. Wobei, für die Arbeit die wir machen… wenn du selber drinsteckst in der Arbeit und weißt, was du für Leistungen bringst, was da an Arbeit drinsteckt. Wenn du jeden Tag schwarzgelb lebst und auch die Jungs im Fanbeirat und unsere Regionalvertreter siehst. Wenn Du siehst, was Du da für Herzblut reinsteckst, dafür sind 2.300 Mitglieder eigentlich gar nichts. Da müssten es normalerweise 10.000 Mitglieder sein. Normalerweise müsste jeder, der passiv Mitglied bei Borussia ist, Mitglied in der Fanabteilung sein. Und dann könntest du wahrscheinlich noch ein bisschen anders auftreten.

schwatzgelb.de: Gibt es Überlegungen, diese „Passiv-Mitglieder“ von Borussia Dortmund anzusprechen, einen Wechsel zur Fanabteilung zu vollziehen? Außer indem man das Formular zur Verfügung stellt?

Olaf Suplicki: Ja, wir treten ja nun auch regelmäßig auf den Jahreshauptversammlungen auf. Ob das Reinhard war, der seine Ansprachen hielt, oder ob ich das war. Wir haben auch unseren Infostand im Eingangsbereich. Aber du kannst ja auch keinen zwingen, die Abteilung zu wechseln. Vielleicht sind viele dabei, die sagen: „Oh, warten wir erstmal ab, was sich da tut“. Wir hatten ja schon mal vor 30 Jahren den BFC, also den BVB-Fanclub, als feste Abteilung im Verein. Der wurde damals dann aussortiert, weil die falschen Leute am Ruder waren, sowohl beim BVB wie auch im Fanclub. Vielleicht sind da einige noch skeptisch und warten.

schwatzgelb.de: „Das wird einfach gar nicht genügend honoriert“ Fehlt es also an Vertrauen in die Fanabteilung?

Olaf Suplicki:
Vertrauen ist ja das große Wort bei Borussia Dortmund. Das hat man ja jetzt auch gesehen. Auch Aki Watzke ist ja mit Vertrauen nicht gerade überhäuft worden. Auf der Jahreshauptversammlung im November wirst du noch gefeiert und drei Monate später wollen sie Dich schon zum Teufel jagen. Und ich denke, da muss man auch erstmal gucken, dass das Vertrauen hier auch wiederl wächst. Das hat natürlich sehr gelitten in der Niebaum/Meier-Ära. Das darf man auch nicht vergessen. Wenn man mal die Uhr zurückdreht, das ist alles gerade mal zwei Jahre her, die Wiedergeburt von Borussia. Das vergessen viele Leute viel zu schnell.

Und es wird einfach gar nicht genügend honoriert, was damals Rauball und Watzke im Duo für den Verein geleistet haben. Und dann muss man, auch wenn es sportlich mal nicht so läuft, und man davon überzeugt ist, dass es die richtigen Leute sind, denen auch den Rücken stärken. Was anderes haben wir nicht gemacht. Ich sehe die Dinge da als Fanabteilung immer auch etwas, ja, kritischer als andere. Aber die Kritik bleibt dann natürlich auch intern. Wir fetzen uns da ohne Ende. Aber man kommt wieder zu einem gemeinsamen Ergebnis. Vor allen Dingen akzeptiert und respektiert man sich gegenseitig. Und das halte ich für ganz wichtig. Wenn ich die Nummer alleine noch mal Revue passieren lasse, damals in der Satzungskommission. Wo Aki Watzke noch Schatzmeister war und wir gesagt haben: „Wir bestehen auf die Ämtertrennung“. Als Reinhard Beck und ich da aufgetreten sind und versucht haben, das durchzusetzen, da war natürlich eine große Eiszeit. Das muss man ganz klar sagen. Umso mehr verdient es meinen Respekt, wenn dann ein Aki Watzke hingeht und uns die Hand reicht und sagt: „Wir sollten doch versuchen, vernünftig zusammen zu arbeiten. Ich akzeptiere da eure Meinung, und wenn ich da dann überstimmt worden bin, dann nehme ich das hin“. Dass danach daraus so eine erfolgreiche Zusammenarbeit geworden ist, das verlangt meinen absoluten Respekt. Das hätte nicht jeder gemacht. Andere hätten sich zurückgezogen und gesagt: „Mit dem möchte ich gar nichts mehr zu tun haben“. Und hätten mich an der langen Hand verhungern lassen. Aber da war es genau umgekehrt. Sicherlich auch, weil man da die Einschätzung hat, dass für diesen Verein das größte Kapital seine Fans und Mitglieder sind. Und das hat man hier jahrelang immer verschlafen.

schwatzgelb.de: Du hast vorhin die Kartenproblematik angesprochen, wo Ihr auch mitgewirkt habt. Es gab ja dieses Schreiben, was jetzt an die Fanclubs raus gegangen ist, da habt Ihr auch mitgearbeitet. Da gab es nachher aber auch einige Kritik. Dass es zu spät herausgeschickt wurde, zu nah am Saisonbeginn lag und die Fanclubs von jetzt auf gleich ihre ganzen Planungen erstellen mussten. Und dass sie auch niemanden erreichen konnten in der nächsten Zeit. Petra Stüker war im Urlaub, Du warst im Urlaub - optimal ist das nicht gelaufen, oder?


Olaf Suplicki:
Ja, das ist ja immer die Sache. Man muss auch da noch mal zweiteilen: Wir sitzen als Fanabteilung da mit am Tisch. Aber, und das vergessen immer ganz, ganz viele Leute: Wir machen es ehrenamtlich. Das heißt, du kannst gar nicht erwarten, dass jeder jeden Tag irgendwo zur Verfügung steht, um Gespräche zu führen. Das ist immer der eine Teil der Geschichte. Der andere Teil ist, dass es natürlich total unglücklich ist, wenn du so ein Schreiben an einem Freitag rausschickst, wenn du danach zwei Wochen im Urlaub bist. Das sind Sachen die funktionieren nicht. Ich bin im Urlaub und kriege auf einmal an einem Tag acht Handyanrufe nur zum Thema Karten, weil mich irgendwelche Fanclubs anrufen. Da sagt mir meine Frau dann irgendwann: „Sag mal, geht’s noch? Du machst das ehrenamtlich, wir sind hier im Urlaub!“. Das sind natürlich Dinge, die du im Vorfeld hättest anders lösen können. Auf der anderen Seite versuch aber mal, wenn du in dieser Phase 50.000 Dauerkarten verkaufst, einen Termin mit dem Ticketing zu finden, wo du diese Dinge vielleicht mal harmonisierst und abstellst. Und in der Zeit weit davor, vielleicht noch zum Ende der letzten Saison, da hatten wir überhaupt keine Zeit dazu, weil wir nur noch mit „Wir sind Borussia“ unterwegs waren: Plakate kleben, Aktionen starten, versuchen die Mannschaft zusammenzubringen, Sicherheitsbesprechungen in Gelsenkirchen… weiß der Kuckuck was noch. Das ging halt nicht anders. Grundsätzlich ist auch klar, da brauchen wir uns alle nichts vormachen: Wenn du über das Thema Tickets redest, wird es immer Probleme geben. Da wird es nie eine hundertprozentige Zufriedenheit geben. Niemals! Ich glaube, dass wir mit dem, was wir da verabschiedet haben, eine größere Zufriedenheit hinbekommen werden. Man muss nur, wie das bei allen Dingen ist, der Sache auch mal Zeit geben. Wir gucken jetzt eine Saison lang, wie das läuft, und dann machen wir zum Schluss mal eine Plusminus Rechnung: Was war gut, was war schlecht? Wo können wir uns weiter verbessern? Vielleicht auch schon zur Winterpause.

schwatzgelb.de: Wo genau lag denn Deiner Meinung nach das Problem und was ist heute besser durch die neue Regelung?


Olaf Suplicki:
Wir mussten einfach etwas ändern: Da gab es Fanclubs, die sich dann gar nicht mehr eingetragen haben bei Borussia, die aber weiterhin bei einer Vorverkaufsstelle Tickets abgreifen, beim BVB Tickets abgreifen, aber zu den Auswärtsspielen gar nicht fahren. Dann sag ich mal, weiß ich, woher die Karten bei Ebay kommen. So, und das galt es zu verhindern. Dann aber auch so zu verhindern, dass man die Vorverkaufsstellen nicht außen vor lässt. Weil viele Vorverkaufsstellen auch von dem Vorverkauf des BVB leben. Dass der Kunde da reinkommt, seine Karte holt, Lotto abgibt, sich seine Zeitung kauft, Zigaretten mitnimmt und vielleicht noch einen Fanartikel kauft. Das kannst du nicht abschneiden. Da musst du schon sagen: „Ok, lieber Fanclub, Du kriegst Deine Karten. Du bestellst die bei Frau Stüker und das Kartenkontingent kannst Du dann abholen bei Deiner Vorverkaufsstelle XYZ, in Kassel, in Dortmund, weiß der Kuckuck wo. Nur Du musst Dich halt auch beim BVB melden.“ Das kann doch nicht sein, dass da Fanclubs Karten bestellen, die haben eingetragene 12 Mitglieder, bestellen aber 50 Karten! Das stimmt doch hinten und vorne nicht mehr. Also musst du hingehen und sagen: „Ihr habt 12 Mitglieder und seid der Fanclub, sag ich mal, Kassel. Und neben Kassel liegt Kassel-Willhelmshöhe, da ist der nächste Fanclub, der hat auch 12 Mitglieder. Und in Göttingen sitzt der Nächste, der hat 20. Dann rufe ich diese drei Fanclubs an und sage: „Passt mal auf, macht ihr doch mal einen Bus. Ihr kriegt 50 Karten und fahrt dann gemeinsam mit dem Bus dahin.“ Und dann musst Du versuchen, das möglichst fair zu verteilen. Das ist der Anspruch den wir daran gestellt haben, und da sind auch die Fanbeauftragten - Petra Stüker und zukünftig Sebastian Walleit und Jens Volke - gefragt, da in die Umsetzung zu gehen und auch den Finger in die Wunde zu legen, wenn es irgendwo harkt. Und natürlich auch Verständnis aufzubringen. Nicht so nach dem Motto, „Interessiert mich nicht. Ich habe gesagt, Ihr kriegt zwölf Stück und mehr ist nicht“.

schwatzgelb.de: Den neuen Fanbeauftragten hast Du gerade selber angesprochen. Was erwartest Du von der Stelle und den beiden neuen?


Olaf Suplicki:
Also, erstmal ist es ein ganz „normales“ Anforderungsprofil, das den DFL-Richtlinien entspricht. Das wird von Borussia Dortmund im Augenblick ja gar nicht erfüllt. Wir haben ja, wenn man ehrlich ist, eine Fanbetreuung, die unterbesetzt ist. Wir haben da Petra Stüker, die seit 30 Jahren an vorderster Front kämpft, aber für sie hat der Tag auch nur 15 Arbeitsstunden. Und wir haben da mit Aki Schmidt und Siggi Held zwei Repräsentanten, die Borussia Dortmund repräsentieren. Aber wir haben keine klassischen Fanbeauftragten, wie man sie im richtigen Sinne kennt. Die beispielsweise samstags auswärts am Stadiontor stehen und dort Hilfestellung leisten. Das ist hier nicht gegeben. Also muss da dringend was getan werden. Das hat der BVB erkannt und hat auch auf Anregung der Fanabteilung gesagt: „Ok, wir stellen da jemanden ein“. Jetzt erwarte ich von den Fanbeauftragten, dass er nicht „Duckmäuschen“ spielt und wartet, sondern dass da irgendwas passiert und dass er reagiert. Ich möchte dass die Beiden die Fahne in die Hand nehmen und vorne weg marschieren, Ideen entwickeln und Probleme angehen. Sich voll für Borussia reinknien und 24 Stunden rund um die Uhr voll verfügbar sind. Und was ganz entscheidend ist: Dass sie auch die Arbeit der Fanabteilung entlasten und unterstützen. Das ist eigentlich schon das ganz klare Anforderungsprofi, das ich da sehe. Und dass eben unsere Leute auf den Tribünen einen Ansprechpartner haben, der permanent für sie da ist und dem sie vertrauen können. Das halte ich für ganz wichtig. Dann hat, denke ich, Borussia Dortmund eine Riesenchance, dieses ganze Fanpotential viel besser zu integrieren, zu nutzen und zu informieren. Und dann werden auch Krisen leichter zu meistern sein.

Im zweiten und dritten Teil sprechen wir mit Olaf über die Kritik an seiner Position, gemachte Fehler und Aufenthalte im VIP-Bereich, diskutieren über Sponsoren und deren Nähe zur Fanabteilung, beleuchten die Außendarstellung und Zukunft der FA sowie Olafs Rücktritt und vieles mehr.

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