Eua Senf

Lars - Ein Symbol des Zusammenhalts? Oder: "Wenn die Bienen sterben?"

08.06.2007, 00:00 Uhr von:  Gastautor

Wenn man Medienberichten glaubt, weiß man, dass die Geschäftsbeziehung von Borussia Dortmund und seinem ewigen Lars Ricken auf der Kippe steht. Das kann und will ich einfach nicht verstehen. Ein neutraler Beobachter zeigte mir aber leider, wie knallhart dieses Geschäft doch manchmal für die Gemüter ist?

Lars Ricken – ein Spieler. Irgendeiner? So manch junger Fußballfan kann mit diesem Namen nicht einmal etwas verbinden. Da kennen sie die Ballacks und v.Nistelrooys. Doch ist fürt mich auch nicht so einfach, einen Spieler, wie Lars Ricken es ist, ihnen zu beschreiben; genauer, was mir an einer Persönlichkeit wie Ricken eigentlich liegt.

War es doch das Gespräch mit einem fußballinteressierten Nichtfan, das mich bestürzt hat. Ich erzählte, was ich über Ricken erfahren habe, und er äußerte sich ungefähr folgendermaßen: „Naja, er war lange verletzt, hat kein Bundesligator geschossen als er konnte. Er ist schon fast 31 Jahre alt <…>“. Das konnte ich selbstverständlich überhaupt nicht verstehen! Na gut, verletzt war er lange, und jetzt hat er wohl vorerst keine Chance mehr im ersten Team. Doch was ist dann diese magische Kraft, die viele BVB-Fans immer wieder mit Lars Ricken verbinden?

Vielleicht ist es neben der unglaublichen Vereinstreue auch ein anderer Gedanke: Er erinnert uns alle immer wieder an Schönes, und wenn es nur unterbewusst ist. Lars Ricken ist allgemein ein Statussymbol. An Lars Ricken kann man die Gesamtverfassung der Mannschaft ablesen. Schon während den Spitzenzeiten unter Hitzfeld war Lars richtig gut. Damals war der BVB die deutsche Spitzenmannschaft. Vor allen anderen. Wir schreiben den 28. Mai im Jahre 1997. Wir befinden uns im Münchner Olympiastadion: Es war wohl der Karrierehöhepunkt des noch jungen Spielers, der heute erfolgreichster noch aktiver Spieler des BVB-Kaders ist. Doch ist es nicht der schlichte Erfolg. Es war immer die Dramatik, die Freude, das Leid, und die Leidenschaft, die den Fußball so interessant machten. Dies war nur eines von bereits vielen wichtigen Toren Rickens für den BVB. Ja letztlich war es doch oft Ricken, der uns die wichtigen, entscheidenden Tore geschenkt hat, und durch den wir in Glücksgefühlen versunken sind. Das zuvor Geschilderte war nicht das erste dieser Sorte. Ich kann mich noch an so manchen Glücksmoment erinnern, ausgelöst durch einen Schuss eines ganz bestimmten Spielers: So beförderte Lars den BVB 2002 ins Europapokalfinale nach Rotterdam, als er dem Dida den Ball zum 1:3 einschenkte. Lars schoss das Tor zum Derbysieg im Mai 2005. Damals spielte er seine beste Halbserie, und der BVB war Rückrundenvizemeister. Zuvor saß er unter BvM auf der Bank und dem BVB ging es schlecht. Doch allein schon ein Tor gegen Mainz 05, wie man es geiler nicht machen konnte, löste einen Riesenjubel im Stadion aus. Ich zitiere von damals aus einem Sportkommentar, während dem Spiel gegen H96: „Gute Vorarbeit von Koller, passt auf Ricken und wenn man ein guter Fußballer ist, macht man das so, wie Ricken hier! Und da freuen sie sich alle mit ihm. ALLE vereint.“

Ja vielleicht ist es das. Wenn ich jetzt sagen müsste, wer für mich der BVB-Spieler der letzten Jahre war, würde ich nicht Koller sagen, weil er of getroffen hat. Ich sage auch nicht Wörns, weil er so gute Defensivqualitäten hat… ich würde Ricken sagen, weil er und auch diese Woche, durch sein Auftreten bei den Amateuren gezeigt hat, das es eine Kraft gibt, die uns wie eine große Familie, zusammenhält. Ricken erinnert mich daran, wie wir zusammen gefeiert und gelitten haben. Wenn es Ricken schlecht ging, spielte Mannschaft in einem schlecht. Wenn er trifft oder vorbereitet, so waren es die Tore, die unsere Herzen zueinander öffneten, welche wir nie vergaßen.

Wäre ich ein Journalist, wäre mein Kommentar schon zu Ende, doch hier fängt er vielleicht erst richtig an. Die Engländer haben ihre Nationalraben. Wenn diese London verlassen, steht das British Empire vor dem Untergang. Und auch ein Weltgenie wie Einstein, wie ihn die Welt nie wieder sieht, stellte eine mächtige Symboltheorie auf. Er sagte, wenn der Mensch es soweit kommen ließe, dass die Bienen aussterben, dann hätte der Mensch noch genau vier Jahre zu leben. Da fragt man sich, was in Zukunft aus dem BVB wird…

Geschrieben von Benjamin

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