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...Roman Weidenfeller: "Nichts ist schöner als beim BVB zu spielen"

14.01.2005, 00:00 Uhr von:  MiHi
...Roman Weidenfeller: "Nichts ist schöner als beim BVB zu spielen"

Roman Weidenfeller ist einer der jüngsten Torhüter in der Bundesliga. Und dazu noch einer der zuverlässigsten, zumindest seit er wieder im Tor steht. Für kaum einen anderen Spieler war das Jahr 2004 so wechselhaft. schwatzgelb.de und Boah Ey Borussia – Das Fanradio sprachen mit dem ambitionierten Torhüter über die Vergangenheit und seine Zukunftspläne.

schwatzgelb.de: Roman, das Jahr 2004 war für dich ja sehr abwechslungsreich. Welche Lehren ziehst du daraus?

Roman Weidenfeller: Ich bin ein Jahr älter geworden und dadurch auch reifer. Es war sowohl für Borussia insgesamt als auch für mich persönlich ein sehr schweres Jahr. Letztendlich ist es Quatsch, in der Vergangenheit herumzuwühlen. Ich stehe wieder im Tor, was eine Riesensache für mich ist. Es ist immer wieder total sensationell, vor 80.000 begeisterten Zuschauern aufzulaufen. Es gibt eigentlich auch nichts Schöneres für einen Fußballer als hier bei Borussia spielen zu dürfen!

schwatzgelb.de: Bis zum Spiel gegen den HSV hattest du auch beim neuen Trainer keine Chance. Vor allem bei diesem Spiel bist du von den eigenen Fans nicht gerade freundlich willkommen geheißen worden, bist sogar ausgepfiffen worden. Hast du das mitbekommen und wenn ja, hat dich das verunsichert oder war dir das ziemlich egal?

Roman Weidenfeller: Egal ist es einem natürlich nicht! Ich wusste, als ich wieder zurück ins Tor kam, dass es auch sehr schwer werden würde. Letztendlich habe ich es, denke ich, überstanden. In meiner Anfangszeit hier habe ich sicherlich einige Fehler gemacht, war nicht ganz so offen bei verschiedenen Dingen. Ich bin ein ganz normaler Mensch wie jeder andere, habe auch sportlich Stärken und Schwächen. Ich bin dazu noch sehr jung, mit 24 Jahren ist man als Torhüter nicht gerade alt. Ich muss noch viel lernen, auch wenn ich schon einiges gelernt habe. Ich will alles versuchen, dass wir mit Borussia wieder nach vorne kommen. Um noch mal speziell auf die Sache mit den Fans einzugehen: Ich denke, das Ding ist gegessen. Die Leute akzeptieren mich, ich freue mich immer, wenn ich hier spielen darf und die Fans meinen Namen rufen. Ich versuche, das immer Stück für Stück zurück zu geben.

schwatzgelb.de: Du sagtest gerade selbst, dass du am Anfang deiner Dortmunder Zeit den einen oder anderen Fehler gemacht hast und dich nicht so verhalten hast, wie du es jetzt machen würdest. Was meinst du da denn im Speziellen?

Roman Weidenfeller: Wenn du junger Torhüter bist, machst du relativ viele Fehler, nicht nur auf dem Platz, sondern auch außerhalb. Das heißt, du gehst sehr forsch an die Sache ran. Zum Zeitpunkt, an dem ich gekommen bin, gab es mit Jens Lehman noch einen sehr starken Torhüter hier. Der hat seine Sache sehr gut gemacht und war anerkannt bei den Zuschauern. Da kam es halt nicht gut an, als ich zwischendurch mal ein, zwei kesse Sprüche gebracht habe. Die waren nicht böse gemeint, sondern sollten nur zum Ausdruck bringen, dass ich nicht zufrieden damit war, nur auf der Bank zu sitzen. Ich wollte nicht nur meinen Vertrag absitzen und bin ein ziemlich offensiver Typ, der eigentlich immer das sagt, was er gerade denkt. Daher habe ich damals gesagt, dass ich gerne spielen würde, was nicht so gut ankam. Dadurch hatte ich Probleme mit der Öffentlichkeit und der Medienwelt, die mich dann als total unnormal bezeichnet haben. Es ist natürlich verständlich, dass einige Menschen das glauben, wenn mehrere große Zeitungen schreiben, der Weidenfeller sei so. Ich bin aber, wie gesagt, ein ganz normaler Typ mit Stärken und Schwächen, den jeder ansprechen kann.

schwatzgelb.de: Du bist in einem kleinen Dorf an der Lahn aufgewachsen, dann nach Kaiserslautern gegangen und dort Profi geworden. Von der Pfalz ging es dann nach Dortmund. Wie hat dich das geprägt?

Roman Weidenfeller: Das waren jedes mal Riesenschritte. Wir haben direkt neben dem Fußballplatz gewohnt, mein Vater und mein Bruder haben auch beide gespielt, wir sind eine fußballbegeisterte Familie. Da gab es natürlich früher nichts anderes, als nach der Schule direkt Fußball zu spielen. Dann steht man irgendwann vor der Frage, ob man den großen Sprung in die weite Fußballwelt wagen soll oder ob du zu Hause auf dem Dorf bleiben sollst. Ich habe mich dann mit 15 Jahren dazu entschlossen, in das große Haifischbecken zu springen. Es war für mich ein Riesenschritt, nach Kaiserslautern zu gehen, was für mich damals wie eine Weltstadt war. Da habe ich dann ganz alleine meine Schule beendet und meine Ausbildung zum Bürokaufmann abgeschlossen. Das war damals eine tolle, erfahrungsreiche Zeit. Wir hatten damals auch den sportlichen Erfolg, waren ein paar Mal im UEFA-Cup und haben auch um die Meisterschaft mitgespielt. Von Kaiserslautern dann zum amtierenden Meister BVB war natürlich noch mal ein gewaltiger Schritt. Das öffentliche Interesse ist noch viel größer, es ist nicht ganz einfach, damit umzugehen. Das musste ich erst einmal lernen, aber ich denke, das ist mir gelungen und ich werde daran arbeiten, dass es auch so bleibt.

schwatzgelb.de: Um noch mal auf deine Anfangszeit hier in Dortmund zu kommen: Du hattest gesagt, Jens Lehmann stand dir da ein wenig im Weg. Wie ist denn dein persönliches Verhältnis zu ihm?

Roman Weidenfeller: Es war ja so, dass mir der Jens nicht den Platz weggenommen hat, er war schließlich schon in Dortmund, bevor ich kam und hat sich in dieser Zeit viel Ansehen erarbeitet. Er hat auch meinen Respekt, da er ein hervorragender Torhüter ist. Ich sollte irgendwann den Jens beerben, bis dahin sollte ich von ihm lernen. Das habe ich getan. Zwischendurch gab es da die eine oder andere kleine Rangelei, was auch ganz normal ist. Im Tor kann nur einer spielen, es wird auch nicht der Ersatztorhüter in der 80. Minute eingewechselt. Dann ist es auch verständlich, dass es da nicht alles rosa-rot ist. Wir haben uns stets respektiert, ich habe den Jens als Top-Fußballer kennen gelernt. Wir sind beide auch trainingsverrückt und haben uns gegenseitig immer hochgepuscht.

schwatzgelb.de: Seitdem du wieder im Tor stehst, hast du ebenfalls Top-Leistungen gebracht. Der „kicker“ hat dich als besten Torhüter ausgewiesen. Glaubst du, dass du jetzt den Durchbruch geschafft hast? Oder lebst Du immer noch mit dem Gedanken, dass Dich ein anderer Torhüter, sei es Warmuz oder wer 2005 auch sonst noch kommen mag, verdrängen kann?

Roman Weidenfeller: Insgesamt bin ich schon sehr zuversichtlich, dass alles so weiterläuft. Aber jetzt zu sagen, ich etabliere mich unter den ersten zwei, drei Plätzen weil der „kicker“ gerade herausgefunden hat, dass ich der Notenbeste bin, ist natürlich Quatsch. Wie gesagt, ich bin ein junger Torhüter, mir wird noch der eine oder andere Fehler passieren, das muss man verstehen. Ich kann nur sagen, dass ich jeden Tag hart arbeite und alles für Borussia Dortmund geben werde, damit wir wieder Erfolg haben. Aber zu sagen, man ist jetzt ein fertiger Torhüter, ist Schwachsinn. Man lernt nie aus. Man wird auch immer wieder einen Tiefpunkt erreichen, auf dem wir ja gerade mit Borussia Dortmund sind. Notenstatistiken zählen da nicht, daher wäre mir auch lieber, wenn ich persönlich weiter unten stehen würde und wir mehr Punkte hätten. Wir müssen dieses Jahr alle, auch die Fans, daran arbeiten, dass wir möglichst schnell wieder so ein Kraftpaket darstellen, wie wir es früher einmal waren.

schwatzgelb.de: Kraftpaket – Fans – da fällt einem sofort das Stichwort Fanabteilung ein. Hast du davon gehört und wenn ja, was hältst du davon?

Roman Weidenfeller: Wir haben es am Rande mitbekommen, dass eine Fanabteilung gegründet worden ist. Ich denke, dass das eine sehr gute Sache ist, denn somit haben auch wir direkt Ansprechpartner. Die Fans tragen zu einem großen Teil auch dazu bei, dass wir Erfolg haben, also sollten sie bei gewissen Dingen ein Wort mitreden dürfen.

schwatzgelb.de: Die sportliche wie die finanzielle Situation des BVB sind, gelinde gesagt, bescheiden. Man ist mit dem Ziel in die Saison gestartet, besser als im Vorjahr dazustehen, mittlerweile steht der Verein fast zehn Tabellenplätze schlechter. Finanziell sieht es ganz düster aus. Inwieweit beeinflusst euch das Gerede drumherum?

Roman Weidenfeller: Der Ballast der letzten Wochen war sehr schwer für alle Spieler, das hat man glaube ich auch in den Spielen gemerkt. Wir sind aber Profis und sollten das eigentlich von uns schütteln und am Samstag, 15:30, einfach nur Fußball spielen. Das haben wir leider Gottes nicht geschafft, aber wir sind auch nur Menschen, keine Roboter. Wir sollten sehen, dass es wieder ruhiger wird und wir so schnell wie möglich wieder aus dieser Scheiß Situation heraus kommen.

schwatzgelb.de: Ein Schritt, um etwas mehr Ruhe in den Verein zu bringen, war sicherlich der Rücktritt von Dr. Niebaum und die Ablösung durch seinen Vorgänger, Dr. Rauball. Habt ihr bereits eine Besserung gespürt oder stürzen sich aus deiner Sicht die Medien immer noch auf jede schlechte Nachricht?

Roman Weidenfeller: Es ist ein bisschen ruhiger geworden, aber ist gibt schon immer wieder kleine Problemchen, die dann in die Öffentlichkeit getragen werden. Aber das ist normal. Wir sind schließlich bei einem sehr großen Verein. Letztlich müssen wir aber mit Erfolgen dafür sorgen, dass es wieder ruhiger wird.

schwatzgelb.de: Zum Schluss noch ein ganz anderes Thema. Am zweiten Weihnachtsfeiertag sorgte eine gewaltige Flutwelle in Südasien dafür, dass etwa 200.000 Menschen ihr Leben verloren und weit über fünf Millionen Menschen obdachlos wurden. Du warst zu der Zeit im Urlaub, hast dich aber sobald du wieder in Dortmund warst dazu bereit erklärt, zu helfen und drei Trikots zur Versteigerung gespendet.

Roman Weidenfeller: Wie gesagt, ich war im Urlaub und habe daher am Anfang nur am Rande mitbekommen, was geschehen ist. Dass es so extrem ist, habe ich erst erfahren, als ich wieder hier war. Es ist schrecklich, was da passiert ist, da muss man den Betroffenen einfach helfen. Schlimmer als diese Katastrophe konnte es eigentlich nicht kommen. Mir tut es brutal Leid für die Leute, das ist eine ganz schwere Situation. Wir können da nur versuchen, zu helfen indem wir etwa Trikots spenden, die dann versteigert werden. Es ist, denke ich, auch unsere Aufgabe, alles dafür zu tun, damit es den Menschen dort wieder besser geht. Wir selber werden natürlich auf die Versteigerungserlöse noch einen gewissen Obolus drauf legen.

Die BVB Fanabteilung und schwatzgelb.de sammeln Spenden für die Aktion „Roter Keil“, die sich vor allem um Kinder in Sri Lanka kümmert. Nähere Informationen könnt sowohl bei schwatzgelb.de als auch bei RoterKeil.net finden. Direkt zu den ebay-Versteigerungen geht es hier.

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