Eua Senf

Auf schmalem Grat

02.06.2005, 00:00 Uhr von:  Gastautor

Darauf gehofft hat insgeheim zwar jeder, dessen Herz für schwatzgelb schlägt, rechnen aber konnte man damit nicht unbedingt - der BVB hat sich unter der besonnen sportlichen Führung eines Bert vM aus der Abstiegsgefahr auf einen Platz in der Bundesliga hochgekämpft, der zumindest die Option auf die Teilnahme am UEFA-Cup-Wettbewerb in der neuen Saison eröffnet.

Diszipliniertes spieltaktisches Arbeiten, der Einbau von noch ehrgeizigen Nachwuchskräften in das Team und die Wiederentdeckung eines in Dortmund lange nicht mehr gesehenen, von den Fans aber umso mehr verlangten Manschaftsgeistes haben diese sportliche Wende möglich gemacht.

Verschweigen sollte man dabei nicht, dass der BVB in der Rückrunde auch einige Male das Glück hatte auf Mannschaften zu treffen, deren Formkurve gerade nach unten zeigte (Wolfsburg, Bochum) oder die sich selten dämlich anstellten (Hamburg, Bremen), sodass der BVB letztlich als glücklicher, wenn auch nicht unverdienter Sieger vom Platz gehen konnte. Egal - uns Fans haben diese Spiele begeistert und so ist manchmal eben Fußball!

Die jüngsten Erfolge und die Statistik, wonach der BVB hinter Bayern München die zweitbeste Rückrundenmannschaft ist, verleiten jedoch viele im Verein - sowohl bei der Führung als auch beim Anhang - dazu, Perspektiven über den weiteren sportlichen Weg des BVB zu entwerfen, die bei genauerem Hinsehen doch etwas sehr blauäugig erscheinen.

Die einen versichern schon seit geraumer Zeit immer wieder, dass man auch im nächsten Jahr über eine konkurrenzfähige Mannschaft verfügen werde, die um internationale Starterplätze mitspielen kann, die anderen glauben aufgrund der letzten Erfolge und der Fortschritte ehemaliger Amateure im Team den ewigen Gesundbrunnen - neue Talente aus den eigenen Reihen oder aus dem Raum Westfalen - entdeckt zu haben.

Schön, wenn es nur so einfach wäre! Fakt ist: Der BVB verfügt als Resultat der knappen Kassen und des abgespeckten Kaders momentan über keinen konkurrenztauglichen zweiten Anzug mehr - weder für die Bundesliga, erst recht nicht für den internationalen Fußball. Fakt ist deswegen auch: Formkrisen einzelner Spieler und Verletzungen in der ersten Mannschaft kann man sich für einen Erfolg, der sich über eine ganze Saison erstrecken soll, eigentlich nicht leisten. Und die anderen Vereine müssen - siehe Bremen - auch noch mitspielen, damit am Ende genügend Punkte in Dortmund liegen bleiben.

Jetzt könnte man einwenden: Für einen guten Mittelfeldplatz wird es doch immer noch reichen - wir haben doch Bert und die jungen Wilden. Diese jungen Wilden sind ehrgeizig und wollen den sportlichen Erfolg nicht nur für den BVB, sondern - sie sind ja inzwischen alle Profis - auch für sich selbst. Bloß, was heißt das eigentlich? Startet der BVB mit der aktuellen, qualitativ dünnen Personaldecke in die neue Saison, dann könnte eine Teilnahme am UEFA-Cup zu einem der größten Eigentore werden. Die zusätzlichen Belastungen, das geht schon mit den UI-Cup-Terminen los, werden zusammen mit dem Aufwand, der für die nationalen Wettbewerbe verlangt ist, zwangsläufig zu Ausfällen führen. Stellt sich der gewünschte sportliche Erfolg (5. Platz Bundesliga) nicht ein, dann stehen die anderen Vereine aus Deutschland und Europa beim BVB nicht nur wegen Rosicky oder Dede auf der Matte, sondern dann treibt es gerade diejenigen, auf die der BVB doch demnächst bauen willund soll, zu lukrativen sportlichen und finanziellen Alternativen. Ein Kringe, ein Metzelder, ein Kehl, ein Weidenfeller, ja sogar Spieler wie Kruska, Odonkor oder Gambino, wird es nicht aus lauter Dankbarkeit in Dortmund halten. Vertrag hin oder her, das ist dann nur noch eine reine Frage der Ablöse.

Wenn man jedoch mit den jungen talentierten Spielern weiter in Dortmund arbeiten will, dann braucht man gerade wegen dieser Spieler kontinuierlich Verstärkungen und nicht nur Ergänzungen im Kader! Wir brauchen keine 12 ausländischen Söldner mehr, wohl aber die eine oder andere erfahrene Kraft, die auch mal die noch vorhandenen Schwächen bei den Jungen kompensieren kann oder einfach Qualitäten mitbringt, die in der Mannschaft nicht vorhanden sind. Das Spiel gegen Bremen hat ja aufgezeigt, wo es noch überall fehlt. Es bleibt dabei:

auch wenn er dann anders heißen sollte! Nichts gegen Buckley. Man sollte jedem Neuling eine faire Chance geben. Aber dass im BVB-Umfeld keiner den Transfer des in Bochum Ausgemusterten und charakterlich problematischen Spielers als großartige Sache empfunden hat, das ist wohl die angemessene Reaktion auf diese Verpflichtung und zeugt nicht von bloß von überzogenem Wünschen nach großen internationalen Stars. Gestehen wir es uns ein, dass die Bauchschmerzen über die bisherige Nicht-Verstärkung des Kaders für die kommende Saison - von Degen vielleicht einmal abgesehen - von einer Gewissheit bei allen zeugt, dass der BVB noch nachlegen muss. Und wenn der es aus eigener Kraft nicht kann, dann sollte man den selbsternannten Helfern des BVB in Geldsachen, die öffentlich mit ihrem Engagement beim BVB so viel Reklame für sich machen, jetzt endlich vehementer auf die Bude rücken! Manager des BVB, bestellt diese Leute ein und lasst den Bert mal etwas Fachkundiges in Sachen sportlicher Erfolgsplanung referieren! Gerade jetzt, wo das zarte Pflänzchen eines sportlichen Neubeginns in Schwatzgelb zu sprießen beginnt, braucht es zusätzlichen Dünger und kein weiteres fatales Signal, dass angeblich wegen der Schulden nichts mehr geht. Das kann man auf der Bielefelder Alm erzählen, aber nicht beim größten Zuschauerverein Europas!

Geschrieben von Atta

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