Im Gespräch mit...

...Lars Ricken: "Der Verein bedeutet mir alles"

08.04.2004, 00:00 Uhr von:  Wade
...Lars Ricken: "Der Verein bedeutet mir alles"

Die Spekulationen trafen viele BVB-Fans wie einen Schock. Lars Ricken spielt mit dem Gedanken den Verein zu verlassen. Doch was ist wirklich dran? In einem Interview hat er es uns verraten.

schwatzgelb.de: Zuerst einmal Lars, was macht die Verletzung?

Lars Ricken: Es ist zäh, jetzt gegen den HSV wird es wohl noch nicht reichen. Ich will hoffen, dass es dann gegen die Bayern wieder klappt.

schwatzgelb.de: Wie macht sich die Verletzung genau bemerkbar?

Lars Ricken: Da streiten sich ein bisschen die Gelehrten. Es ist ganz klar im Oberschenkel, aber es soll wohl vom Rücken kommen. Es wurde ja auch früher schon geschrieben, dass ich Rückenprobleme hätte, aber meinem Rücken geht es so gut wie in den letzen zehn Jahren nicht mehr. Es kann aber sein, dass ein Nerv zu wenig Platz hat und dadurch im Oberschenkel Problem macht.

schwatzgelb.de: Nach dem Spiel gegen Freiburg hast Du den Gedanken laut geäußert den BVB zu verlassen. Was hat Dich zu dieser Aussage bewegt?

Lars Ricken: Na ja, das habe ich ja gar nicht so gesagt. Da wurde der Satz zitiert: Das ich mir mal Gedanken über meine Zukunft mache. Das habe ich auch so gesagt. Aber es ist doch so: Du redest nach dem Training mit einigen Journalisten, man redet erst übers Wetter und andere Dinge und dann geht es halt zur Sache. Es ging schnell um meine persönliche Situation und man wollte wohl, dass ich sage, dass ich den Verein wechsele. Nach dreimaligem Nachfragen habe ich dann gesagt, dass ich mir schon Gedanken über meine Perspektive mache, was ja auch überhaupt nicht verwerflich ist. Diese Aussage hat dann eine gewisse Eigendynamik entwickelt, gegen die du dich dann auch nicht mehr wehren kannst. Letztendlich wird dann noch der HSV ausgegraben, weil der angeblich vor drei, vier Jahren an mir dran gewesen sein soll. Ich musste dann schließlich Fragen beantworten, die nie ein Thema waren. Da kommst du dann nicht mehr raus.

schwatzgelb.de: Gab es denn noch andere Punkte, die Du gefragt wurdest?

Lars Ricken: Für das Interview müsste ich eigentlich vom Verein eine Medaille bekommen (lacht). Da werde ich gefragt: Nun haut doch bald Tomas ab und andere, dann hast Du doch bald wieder die Chance. Also bitte, ich kann doch nicht hoffen, dass Spieler den Verein verlassen, damit ich spiele. Ich muss mich doch über meine eigene Leistung definieren und kann doch nicht auf andere schauen und hoffen, dass ich durch ihren Weggang meine Chance bekomme, oder dass ich mir jetzt in der laufenden Saison Gedanken mache, was am Ende der Saison passiert. Damals hatten wir noch neun Spiele, ich wusste, ich bekomme wieder meine Chance und werde sie auch noch nutzen. Es ist schon interessant, was man mit einem Satz alles auslösen kann.

schwatzgelb.de: Viele BVB Fans sehen in Dir eine der letzen Identifikationsfiguren mit dem Verein. Der Gedanke, dass ein Lars Ricken nicht mehr für den BVB aufläuft, ist für sie kaum vorstellbar. Wie denkst Du selbst darüber?

Lars Ricken: Es ist ja in der Aussage so rüberkommen, als wenn ich weglaufen würde. Ich würde mich ja selbst aufregen, wenn ein anderer Spieler einfach so reagiert. Ich würde es einfach feige finden, wenn der Trainer mal ein paar Wochen nicht so auf mich als Spieler steht und es mal ein paar Wochen nicht so gut läuft und dann sagt: Öhh, ich muss den Verein wechseln, ich muss weg hier oder was weiß ich, keine Ahnung, das ist wie gesagt einfach feige. So etwas macht man nicht. Ich denke, dass meine Loyalität hier im Verein keiner in Frage stellt und dass ich glaube, dass meine Aufgabe hier auch noch nicht erfüllt ist.

schwatzgelb.de: Michael Zorc hat einige Tage später, so wie er sagt, ein längeres Gespräch mit Dir geführt. Kannst Du uns erzählen, worüber ihr genau gesprochen habt?

Lars Ricken: Das Gespräch hat nicht stattgefunden wegen meiner Aussage. Wir hatten dieses Gespräch schon vorher abgesprochen und das passte natürlich jetzt genau. Wir haben uns allgemein mal ausgetauscht, haben über Dinge geredet, die dem einen und dem anderen nicht gefallen. Die Aussage von mir war dann auch ein Thema, aber Michael will auch ganz klar, dass ich mich hier durchsetze in den nächsten Jahren. Eben auch mit dem Hinweis, dass ich eine große Verantwortung gegenüber dem Verein und den Fans habe und auch in Zukunft als Identifikationsfigur eine große Rolle spielen kann.

schwatzgelb.de: Seit langer Zeit beklagen die Fans die fehlenden "Nähe" zu den Spielern. Alles wirkt abgehoben und wenig "Fannah". Was glaubst Du, warum das so ist?

Lars Ricken: Man sollte das gerade von Spielerseite nicht einfach so abtun und sich diese Situation zu Herzen nehmen. Leider ist es oftmals so, dass man sich einer solchen Sache erst bewusst wird, wenn es nicht so gut läuft. Dass man den Fans was zurückzugeben hat. Nimm hier mal das Spiel in Wolfsburg. Da war der Fanprotest sehr massiv und es war etwas anderes als der Sitzstreik in Stuttgart. Wenn Du zum Warmmachen ins Stadion kommst und wirst schon beschimpft und so, dann bist du auf einmal höchst angespannt und konzentriert und du weißt, du kannst dir hier heute nichts erlauben. Ich denke so kommt dann auch ein 4:1 Sieg zustande. Obwohl wir ja anfangs 1:0 zurückgelegen haben. Wenn man dann die Aussagen der anderen Spieler gehört hat, dann war es nicht so, dass man für die Protest Unverständnis geäußert hat, sondern schon Verständnis für die Reaktion der Fans hatte, weil es einfach nicht angehen kann, dass unsere Mannschaft ein Jahr lang Auswärts nicht mehr gewinnt, aber zu den Auswärtsspielen fast immer die meisten Fans mitbringt.

Dass man dann als Spieler nach solchen Niederlagen enttäuscht ist und nicht zu den Fans geht, macht die Fans wiederum sauer. Die sitzen Stunden vorher im Bus, haben die gleiche Tour auf dem Rückweg nochmals vor sich und kaum ein Spieler geht zu ihnen hin. Ich glaube, da herrscht jetzt schon Verständnis bei den Spieler, dass der Frust bei den Fans tief sitzt.

schwatzgelb.de: Die Vereinsführung ist nun gezwungen zu sparen. Einige Stammspieler werden den Verein verlassen. Welche Rolle, innerhalb der Mannschaft, möchtest Du bekleiden?

Lars Ricken: Ich möchte auf mich speziell nicht eingehen. Ich sehe die gesamte Situation einfach als eine riesige Herausforderung. Wir haben letztes Jahr mit 17 Punkten hinter dem Tabellenersten gelegen und es sind bisher, glaube ich, sogar mehr. Wenn jetzt noch 1-2 Spieler den Verein verlassen werden, dann ist das eine Riesenherausforderung. Wenn es dann so kommen sollte, dann freue ich mich darauf, eine solche Herausforderungen anzunehmen. Denn das ist der Grund warum ich Fußball spiele. Welche Rolle ich dann im Team haben werde, das kann ich nicht beantworten.

schwatzgelb.de: Beschreibe mal, was Dir der Verein Borussia Dortmund bedeutet?

Lars Ricken: Der Verein bedeutet mir alles. Ich bin ja praktisch mit der Liebe zum BVB aufgezogen worden. Durch meine Eltern. Da bin ich sicher nicht der einzige, sondern nur einer von vielen Dortmundern, deren Eltern ein wenig vom Fußball verstehen. Mein erstes Spiel war ein Länderspiel der Rumänen in Dortmund mit Marcel Raducanu. Mein Vater wollte mir einen tollen Fußballspieler zeigen und wenig später lief Marcel dann für den BVB auf. Ich war einfach Fan, habe auf der Süd gestanden und mit 16 Jahren beim Spiel gegen AS Rom, Schulz und Sippel haben glaube ich die Tore erzielt, die Mannschaft nach dem Sieg bei ihrer Ehrenrunde bejubelt. Das war für mich ein so ergreifendes Erlebnis, dass ich für zum erstem Mal gesagt habe: Hier willst Du auch spielen. Alles was ich bisher als Sportler erreicht habe, habe ich diesem Verein zu verdanken. Ich denke, ich habe sicher auch was zurück gegeben, aber alles was ich in meiner sportlichen und auch sicher etwas in meiner persönlichen Entwicklung erreichen konnte, habe ich diesen Verein zu verdanken.

schwatzgelb.de: Vor zwei Wochen hat sich ein Teil der Mannschaft mit Fans zu einer Art Aussprache getroffen, gab es einen Grund, warum Du nicht da warst?

Lars Ricken: Ich habe es zu spät erfahren. Leider erst direkt an dem Tag, als das Treffen stattfand und konnte somit einen bestehenden Termin nicht mehr umlegen.

schwatzgelb.de: Michael Zorc hat bereits seine Teilnahme beim nächsten Fan/Spielertreffen zugesagt. Wie sieht es bei Dir aus, können die Fans auch mit Deiner Teilnahme rechnen?

Lars Ricken: Ja klar, ganz sicher. Jederzeit, wenn es nicht gerade am Samstagnachmittag ist (lacht). Obwohl im Moment habe ich auch da Zeit.

schwatzgelb.de: Dann wünschen wir Dir alles Gute und danke für das Gespräch Lars.

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