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Tatort Bundesliga - der 19. Spieltag: Bayern "vermöbelt" und der Ruhrpott lacht! - Bundesligastart sofort zwischen Baum und Borke

28.01.2002, 00:00 Uhr von:  BoKa
Tatort Bundesliga - der 19. Spieltag: Bayern "vermöbelt" und der Ruhrpott lacht! -  Bundesligastart sofort zwischen Baum und Borke
Tatort Bundesliga

Endlich wieder unser aller Lieblingssport auf allen Kanälen, Fünfkampf an der Spitze, dahinter Gerangel um die Europacup-Plätze, Gedränge in der Abstiegszone und ein einsamer Überlebenskampf im Tabellenkeller: Mit dem Ende der Winterpause beginnt zugleich auch der Countdown auf Japan und Südkorea. Fußballherz, was willst Du mehr?

Richtungsweisend: Toppmöller will oben bleiben, Hitzfeld würde gerne das Feld von hinten aufrollen, aber sein Starensemble spielt nicht mit...
Richtungsweisend: Toppmöller will oben bleiben, Hitzfeld würde gerne das Feld von hinten aufrollen, aber sein Starensemble spielt nicht mit...
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Da saßen sie nun. Desaströs 1:5 bei Schalke 04 vermöbelt - es war nicht nur eine Niederlage. Seit Sonnabend, 17.17 Uhr, ist sie amtlich: Die größte Krise des FC Bayern seit ewigen Zeiten. Die schlimmste Demontage seit acht Jahren (1:5 in Freiburg), sieben Partien ohne Sieg (das gab es zuletzt vor 34 Jahren - München wurde damals trotzdem Meister...), acht Punkte Rückstand auf die Tabellenführer aus Leverkusen und Dortmund. Dass den Weltbesten ihrer Zunft vor laufenden Kameras glitzernde Pokale überreicht wurden, war grotesk und den akut Krisengeschüttelten eher fast peinlich. Sie begegneten der Bayern-Blamage mit hilflosen Floskeln. "Wir werden den Kopf nicht in den Sand stecken. Noch ist alles möglich", rang Neu-DFB-Kapitän Kahn sichtlich um Fassung. Die schwer angeschlagenen Gäste taten, als habe ihr Vize-Präsident, "Kalle" Rummenigge (in würdiger Vertretung von "Kaiser" Franz), dem Vorzeigeverein nicht so eben das Todesurteil verkündet: "Desolat. Kindergarten-Gegentore. Eine Beleidigung für den Namen "FC Bayern". Platz drei ist nun das Minimalziel. Es wäre vermessen, noch vom Titel zu sprechen."

Sie tun´s trotzdem. "Es ist schöner, wenn man einen großen Rückstand hat und doch noch Meister wird", meinte Stürmer Giovane Elber nach der gestrigen Gardinenpredigt seines Trainers. Nichts kapiert? Der Meistermacher, der so gern rotieren lässt, rotierte. Eine Stunde Krisengipfel. Motto für alle: "Geschlagen geben, ist nicht Philosophie des FC Bayern!"

Schnauze voll: Effenberg
Schnauze voll: Effenberg
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"Ich bin sehr sauer. Es regt mich auf, wenn man sich aufgibt. Wir müssen uns radikal umstellen. Anscheinend ist es ein Problem, sich wieder ans Siegen zu gewöhnen", wetterte Hitzfeld. Der 53-Jährige hat es erkannt: Viele seiner Spieler sind einfach satt. Meister, Champions-League-Sieger, Weltpokal - das reicht einigen. "Nicht jeder im Kader ist so ehrgeizig und will jedes Jahr einen Titel holen", vermutet Hitzfeld. Da liegt er vielleicht richtig. Leitwolf Effenberg wird gehen, Jancker ist auf dem Sprung, Elber abwanderungswillig, Pizarro unzufrieden, und Lizarazu fehlt kein Titel der Welt mehr in seiner Sammlung. Kommt der Umbruch (Deisler/Ballack wechseln nächste Saison nach München) zu spät? Zerfall? Wenn alles normal läuft nicht. Prompte Krisenbewältigung war immer die Stärke des Rekordmeisters. "Lieber 1:5 als 1:2, da werden die Probleme offenbart und ermöglichen uns einen Ansatz", setzt Manager Uli Hoeneß auf dieses Bayern-Pfund. Nur die Krise ist größer als gewöhnlich. Das merkt man daran, wie absurd es klingt, wenn der beste Trainer der Welt für die beste Elf der Welt 15 Spieltage vor Saisonende konstatiert: "Jetzt gibt es nur noch Endspiele. Das nächste "Finale" gegen Leverkusen ist aber vielleicht das letzte - wetten, dass...?

Ist "Effe" der alleinige Buhmann?

Werden die Ursachen für Münchens aktuelle Dauer-Misere aufgelistet, dann landen pseudoszenekundige Analysten wie der "DSF-Trainer" Udo Lattek immer wieder nur bei einem Sündenbock: "Effenberg muss gehen, und zwar unverzüglich, wenn die Bayern aus der Sackgasse ihrer Illusionen herausfinden wollen. Denn mit ihm, der auch im Reizklima der Arena durch gespreizte Arroganz und giftige Nickeligkeiten unangenehm auffiel, geht es auf Dauer nicht weiter. Mit Worten heizt er an, allein mit großmauligen Worten", schrieb ihm etwa Hennes Justen von der "WAZ" ins Stammbuch. Doch in Wirklichkeit gilt er längst als bremsender Hemmschuh, weshalb die maßgeblichen Herrschaften aus Bayerns Führungsriege nur noch in kleinlauter Beiläufigkeit vom Hauptpreis der Liga reden, vom Titel nämlich. Mit dem Trostpreis indes scheinen sie sich nur widerwillig anfreunden zu wollen! Und dennoch erscheint es mir mehr als fraglich, alles an diesem einen (oft auch überragenden) Spieler festmachen zu wollen. Noch niemals zuvor hat "ein Spieler ganz allein" ein Spiel verloren! Frag nach bei Jungfuchs Sammer, Altmeister Rehhagel & Co.

Ja bin ich denn Euer Depp hier, oder was?
Ja bin ich denn Euer Depp hier, oder was?
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Und unsere Nachbarn? "Klar, wir haben für den Trainer gespielt." Marc Wilmots, das Kampfschwein, hatte noch nicht einmal ausgeatmet, als er diese Eloge auf Huub Stevens losließ. Auf den Mann, auf den sie in Gelsenkirchens berührtestem Stadtteil keinen Pfifferling mehr gesetzt hatten. Auf den sportlich Verantwortlichen, dessen Verhältnis zum einstigen Männerfreund, Macho-Manager Rudi Assauer, heillos zerrüttet zu sein schien. Und nun diese Schalker Leistung, die Bayern knöcheltief in den Morast stürzte. "Es war wunderbar", atmete Huub Stevens kurz durch. Fünfmal war er wie weiland im Werbespot das "HB-Männchen" jubelnd hochgesprungen, fünfmal hatte er sich feiern lassen, fünfmal war er seinem Assistenten Holger Gehrke, den er ja selbstredend zu Hertha BSC mitnimmt, an den Hals gesprungen.

Ja, und wie war das mit dem gemeinsamen Jubel der Herren Stevens und dem allmächtigen Manager? Fehlanzeige, sie jubelten für sich getrennt. In der Freude vereint, in der Zusammenarbeit bereits geschiedene Leute. Deutlicher konnte nicht mehr werden: Die Herren haben sich nichts mehr zu sagen. Sie vereint nur noch der gemeinsame Wille, die Saison irgendwie so erfolgreich wie möglich zu überstehen. Ob dies klappt, werden die nächsten Wochen zeigen. Rudi-Cigar jedenfalls wird nicht zögern, den Mann, von dem er sich heimtückisch hintergangen fühlt, gnadenlos zu rasieren, sollte der sportliche Aufschwung nicht von Dauer sein Soviel ist sicher!

Höhen-Koller im Westfalenstadion

Endlich haut er sie rein: Jan Koller, Borussia´s Arbeitsbiene!
Endlich haut er sie rein: Jan Koller, Borussia´s Arbeitsbiene!
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Der BVB hatte überzeugend Regie im eigenen Haus geführt. Herthas Abwehrrecke Dick van Burik drosch einen Ball weit weg, Marcelinho ließ einen anderen einfach laufen - noch nie in dieser Saison haben die Fußball-Profis von Hertha BSC den Schlusspfiff so herbeigesehnt wie gestern in den letzten Minuten in Dortmund. The same procedure as every year - hoffnungsfroh reist der "maulheldenhafte" Hauptstadt-Klub an und gibt wie in jedem Jahr ohne Chance die Punkte im Westfalenstadion ab.

Diesmal unterlagen die Berliner bei strömendem Regen verdientermaßen mit 1:3. Im fünften Spiel seit dem Wiederaufstieg 1997 kassierte Hertha die fünfte Niederlage. Der BVB liegt nach 19 Bundesliga-Runden mit 42 Zählern punktgleich mit Spitzenreiter Leverkusen und darf hoffnungsfroh träumen. Die Fans in dieser Region sprechen jetzt laut über den 6. Meistertitel, zumal sich ja mit Bayern der eigentliche Konkurrent selbst zerstümmelt...

Hertha BSC rangiert als Siebter zwei Zähler hinter den angestrebten Uefa-Cup-Plätzen. Fragen, ob die Mannschaft sich damit aus dem Rennen um die Europacup-Plätze verabschiedet habe, fand Hertha-Coach Jürgen Röber auch gar nicht lustig: "Wir haben zum ersten Mal nach zehn Runden verloren, was soll das?" Ganze vier Minuten durften die Gäste sogar ein Gefühl kosten, dass sich seit Jahren nicht bei Ausflügen nach Dortmund einstellen wollte - Hoffnung. Andreas Neuendorf hatte mit einem satten 17-m-Glücksschuß in den linken Winkel auf 1:2 verkürzt und noch waren ja 20 Minuten Zeit. In den folgenden Minuten spielten die Berliner schnörkellos Offensiv, doch die Spitzen brachten den Ball nicht im BVB-Tor unter. So folgte nur fünf Minute nach dem Anschlusstor eine Wiederholung zweier vorangegangener Situationen. Diesmal war es der gerade erst bis 2006 gehaltene Nationalspieler Christian Wörns, der eine Ecke des freudig aufspielenden Tomas Rosicky per Kopf aus sechs Metern im Netz versenkte und nicht eben zufällig die Entscheidung zu Gunsten der Gastgeber erzwang.

Zuvor hatte den Unterschied in einer schnellen und packenden Begegnung vor 63 000 Zuschauern "Dino" Jan Koller ausgemacht. Der 2, 02-m-große Tscheche war zweimal per Kopf den winzigen, aber entscheidenden Moment vor Gegenspieler Sverrisson am Ball. Beim 1:0 verwertete der Stürmer eine präzise Reuter-Flanke nach 7 Minuten, beim 2:0 eine Ecke von Landsmann Rosicky (52.). Dumm für Hertha, dass Abwehrhüne Joe Simunic (1,91 m) seine Gelb-Sperre abbrummen mußte. Röber verstieg sich in Sarkasmus: "Geändert hat sich nichts, nur dass wir wenigstens ein Tor gemacht haben." Immerhin, anders als in den Vorjahren hielten die Gäste die Partie diesmal länger offen. "Hertha hat sich weder von der Kulisse noch vom Rückstand verrückt machen lassen und sehr kompakt gespielt", befand BVB-Coach Matthias Sammer anschließend. Es fiel allerdings auf, dass die Blau-Weißen das Spielgerät kaum einmal länger in den eigenen Reihen zu behaupten vermochten. Zu stark waren die Hausherren im Zweikampf und zu sehr spürte man ihnen den Siegeswillen an, als dass Hertha sich große Chancen erarbeiten konnte.

Borussia´s Coach blickt allerdings schon auf das nächste Wochenende und mahnt: "Mir ist es aber wichtig, vor zuviel Euphorie zu warnen. Wir wissen im Grunde immer noch nicht, wo wir genau stehen. Wir dürfen jetzt Wolfsburg nicht auf die leichte Schulter nehmen, nur weil die in Pauli verloren haben."

Heimsiege am Bökelberg geraten zur Mangelware

Finstere Mienen mit Situationskomik auch auf der Trainerbank: Gladbach bleibt nach der Heimpleite weiterhin in akuter Abstiegsnot.
Finstere Mienen mit Situationskomik auch auf der Trainerbank: Gladbach bleibt nach der Heimpleite weiterhin in akuter Abstiegsnot.
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Der 1. FC Kaiserslautern bleibt ein ernsthafter Titelkandidat für die deutsche Fußball-Meisterschaft. Mit dem fünften Auswärtssieg der Saison sind die Pfälzer erfolgreich in die zweite Bundesligaserie gestartet. Die Mannschaft von Trainer Andreas Brehme setzte sich bei Borussia Mönchengladbach mit 2:0 durch und bleibt mit nun 38 Punkten den beiden Spitzenteams auf den Fersen. Vor 24.700 Zuschauern am Gladbacher Bökelberg fiel die Entscheidung zu Gunsten der Gäste ausgerechnet durch ein Eigentor des brasilianischsten Gladbachers Marcello Pletsch und einen Treffer von Jörgen Pettersson an alter Wirkungsstätte in der Schlußminute. Die seit einem halben Jahr zu Hause sieglosen Borussen rangieren mit 17 Punkten weiterhin in der Abstiegszone.

Vier Tage vor dem Pokalschlager gegen den angeschlagenen FC Bayern München überraschten die Pfälzer zunächst mit einer Personalie: Der eigentlich schon ausgemusterte Ex-Gladbacher Jörgen Pettersson stand in der Startelf der Gäste, die vor allem im Abwehrbereich mit den beiden Afrikanern Taribo Rest und Hany Ramzy sowie dem Polen Tomasz Klos wichtige Ausfälle verkraften mussten. Bei den Gladbachern kam in Daniel Felgenhauer der teuerste Saison-Neuzugang erstmals von Beginn an zum Einsatz und brachte gleich Schwung ins Angriffsspiel der Borussia.

Die von Beginn an dominierenden Gastgeber, bei denen Ivo Ulich im Mittelfeld mit guten Ideen gefiel, hatten durch Markus Hausweiler und dem auf Wiedergutmachung sinnenden Marcello Pletsch die besseren Tormöglichkeiten im ersten Abschnitt, mussten aber in der Defensive stets auf Kaiserslauterns tschechischen Torjäger Vratislav Lokvenc achten, der häufig für Gefahr im Strafraum der Gladbacher sorgte. Die größte Chance für die Gäste vergab der Brasilianer Lincoln kurz vor der Pause aus kurzer Distanz.

Nach der Pause blieb Gladbach weiter spielbestimmend und hatte durch einen Freistoß durch Markus Münch in der 55.Minute sogar die Chance zur Führung, nachdem erneut Lincoln zuvor an Keeper Jörg Stiel scheiterte.

Werder zeigt Frings die Richtung an...

Frings schreit sein Temperament heraus.
Frings schreit sein Temperament heraus.
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Ausgerechnet bei den schwer angeschlagenen Cottbusern riss die ansehnliche Werder-Serie von acht Spielen ohne Niederlage. Trainer Thomas Schaaf hat deutliche Worte angekündigt. "Die Serie ist nicht so wichtig", erklärte zwar Bremens Trainer Thomas Schaaf, schloss aber die Warnung an seine Profis an: "Wir werden uns deutlich darüber unterhalten, dass das nicht reicht, was wir geboten haben." Nach außen hin vermieden die Verantwortlichen der bisher so überraschend auftrumpfenden Bremer nach der Pleite gegen nervlich angeschlagene Lausitzer jede Hektik: "Wir haben viel Lob bekommen in der Hinrunde. Wir fallen jetzt auch nicht aus allen Wolken", betonte Allofs, der eine "Summe von Kleinigkeiten" für das 1:2 verantwortlich machte. Dass ausgerechnet den sonst besonders verlässlichen Marco Bode und Frank Verlaat die entscheidenden Stellungsfehler passierten, die Janos Matyus (41.) und Marko Topic (79.) mit Torerfolgen bestraften, sei dabei nur ein Punkt gewesen.

Undiszipliniertheiten wie die von Ailton, der mit Schauspieleinlage und einem Ballwurf Richtung Publikum die Stimmung unter den 14 350 erst richtig für die Gastgeber anheizte, und auch Eingewöhnungsprobleme des Schweizer Debütanten Ludovic Magnin bescherten Energie eine neue Chance. Innerlich dürften die Bremer deshalb noch länger an den verschenkten Punkten leiden. Eine halbe Stunde bestimmten die Gäste gegen die Cottbuser, denen 14 sieglose Spiele in Folge zunächst fast Lähmungen in die Beine trieb, die Partie klar. Dazu kam das Tor durch Ailton (28.), was Eduard Geyer auf die Palme brachte. "Das ist unmöglich, wie das 0:1 fällt. Alle schauen auf den Ball, statt zu sehen, wo der Gegner hingeht", verwies der Energie-Coach auf taktische Mängel. Weiter nutzen konnte diese der SV Werder nicht. "Man muss der Mannschaft den Vorwurf machen, dass sie den Sack nicht zugebunden hat", so Allofs. Auch Nationalspieler Torsten Frings gab sich noch dem 1:2 zerknirscht: "Wir waren die bessere Mannschaft, haben aber zwei Fehler gemacht. Von den Cottbusern kam nichts." Dennoch zählte auch Frings zu den Spielern, die noch nicht an die Form des Vorjahres anknüpfen konnten - weit weniger auffällig als zuletzt agierte der Mittelfeldakteur, der kaum Impulse noch vorne setzen konnte, zudem eine große Torchance ausließ. Besonders verärgert waren die Bremer darüber, dass sie lange Zeit die bessere Mannschaft waren, es aber versäumten, den Sack zuzumachen - in der ersten Halbzeit gab es einige Möglichkeiten zum vorentscheidenden zweiten Treffer, doch Ailton und Bode verpassten.

Energie feierte den ersten "Dreier" seit dem 19. August des Vorjahres fast wie eine Wiedergeburt. "Das ist noch keine Wende, aber das ist ein neuer Anfang", erklärte Manager Klaus Stabach. Und Chefcoach Geyer hofft, "dass jetzt der nervliche Ballast endlich abgefallen und die Bockade gelöst ist". Schon am kommenden Samstag beim ebenfalls vom Abstieg bedrohten Kontrahenten 1. FC Nürnberg soll sich dies positiv auswirken. "Da können wir viel für den Klassenerhalt tun, ohne von einer Vorentscheidung zu sprechen", meinte Stabach. "Trotz des Sieges gegen den Tabellen-Dritten, wir können besser Fußball spielen", machte Geyer klar, dass das Team längst nicht kuriert ist. Die Rückkehr der sieben Verletzten sehnt der Trainer deshalb genauso herbei wie eine gewisse Stabilität. Noch sei es nur eine "nach außen scheinende Ruhe", unterstrich Energie-Präsident Dieter Krein: "So ruhig sind wir nicht."

Beim 1. FC Köln fällt der Karneval aus

Der "schmuddelige" Friedhelm wird Nachfolger von FC-Trainer Lienen!
Der "schmuddelige" Friedhelm wird Nachfolger von FC-Trainer Lienen!
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Angesichts des bevorstehenden Abstiegskampfes des 1. FC Köln in der Fußball-Bundesliga hat Trainer Ewald Lienen seinen Profis jegliche Aktivitäten im Karneval untersagt: "Karneval fällt aus."

Die Zeichen für Kölns Trainer Ewald Lienen selbst stehen ebenfalls schlechter denn je. Hinter vorgehaltener Hand ist von einem Ultimatum die Rede. Lienens letzte Chance sei ein Erfolg im Pokalviertelfinale bei Hertha BSC Berlin. Nach dem 0:3 bei München 1860, der elften Niederlage im 19. Spiel und 509 Minuten ohne Torerfolg spitzt sich die Lage für den Trainer des abstiegsbedrohten Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln dramatisch zu. Das hinter vorgehaltener Hand in Vorstandskreisen formulierte Ultimatum, dass ein K.O. im DFB-Pokal-Viertelfinale und eine weitere Niederlage in der Bundesliga gegen den 1. FC Kaiserslautern Lienens Ende in Köln bedeutet, dementierte Manager Hannes Linßen zwar energisch ("Es gibt kein Ultimatum"), aber die Stimmen gegen Lienen werden immer lauter. Ex-Nationalstürmer und FC-Urgestein Hannes Löhr sagte dem Express: "Es muss endgültig Schluss sein mit der Schönrednerei aller Beteiligten."

Nach dem 0:3 in München rückten auch die Fans erstmals von Lienen ab, in der Mannschaft gibt es Proteste gegen den nicht mehr nachvollziehbaren Aufstellungspoker des Trainers, der in 19 Spielen 28 Profis einsetzte, seine Wunschformation aber immer noch nicht gefunden hat. Lienen verzichtete unverständlicherweise in München wieder mal auf Kapitän Dirk Lottner und Miroslav Baranek, uneingeschränkt anerkannte Kreativkräfte im Mittelfeld. Neuzugang Lilian Laslandes dagegen ("Ich habe total versagt") war im Angriff nur noch ein Schatten früherer Auxerre und Bordeaux-Tage und Markus Kreuz präsentiert sich plötzlich verunsichert und bundesligauntauglich. Lienen kehrte dennoch das Positive heraus: "Wir waren die spielbestimmende Mannschaft und hätten nie verlieren dürfen."

Friedhelm Funkel als Lienen-Nachfolger!

In Köln tritt mit Friedhelm Funkel als Lienen-Nachfolger ein alter "Rheinländer mit Kontinuität" an. Als Lienen auch in Duisburg und Rostock seine Sachen packen musste, trat Funkel ebenfalls direkt seine Nachfolge an. Funkel war einst schon unter dem ehemaligen Kölner Vizepräsidenten Bernhard Worms FC-Wunschkandidat. Und Funkel war nach seinem Rauswurf in Rostock sofort zu haben, Frank Pagelsdorf trainierte in einer anderen Gehaltsklasse, und Jürgen Röber war ja bei Hertha noch unter Vertrag.

Am Montag herrschte am Kölner Geißbockheim trotz steigenden Abstiegsängsten "business as usual", bevor die Bombe platzte, die eigentlich keine mehr war! Lienen hatte vergeblich auf die Initialzündung nach der Winterpause gehofft: "Mit der Vergangenheit sollen sich andere beschäftigen, ich bin in meinem Leben immer optimistisch gewesen, und mit dieser Grundhaltung gehe ich auch den Rest der Saison an." Marc Zellweger, der das letzte "Geißbock"-Tor vor zwei Monaten beim 2:1 gegen den FC St. Pauli erzielte, hofft nun auf die Wende ausgerechnet im Pokal in Berlin. Der Trainer verdrängt weiter tapfer alle düsteren Gedanken. Dass die Zocker bei Intertops in Salzburg ihn als 25:10-Favorit auf den ersten Trainerrauswurf 2002 ansehen, interessiert den Ostwestfalen nicht. Dass der Verein mit Lienen selbst in die Zweite Bundesliga absteigt, wollte Vereins-Präsident Albert Caspers aber nicht mehr wiederholen. "Ich sage noch einmal. Von mir gibt es keine Ausführungen mehr zur Trainerfrage. Wir werden auch nicht absteigen, obwohl wir laut DFB-Auflage zweigleisig, also auch für die zweite Liga planen müssen", sagte der Klub-Chef im Gespräch mit dem "Kölner Stadt-Anzeiger".

Alexander Voigt, von Lienen zunächst ausgemustert, dann aber wieder aufgeboten und in einer enttäuschenden Kölner Truppe am Samstag in München noch einer der Besten, flüchtet sich in Allgemeinplätze: "Die Hoffnung stirbt immer zuletzt. Wir haben in München ganz gut nach vorne gespielt, aber wir machen einfach keine Tore mehr. Bessere Chancen als die in München kann man doch gar nicht mehr haben." Lienen bleibt trotz prekärer Lage optimistisch: "Die Mannschaft hat die Niederlagenserie abgehakt, vor allem Christian Timm und Hanno Balitsch haben sich in der Vorbereitung empfohlen." In der Bundesliga hatten die Kölner zuletzt im November mit 2:1 beim FC St. Pauli gewonnen, vor der Winterpause aber zumindest in der Defensive ansteigende Form erkennen lassen.

0:3 und "halb" Hamburg fragt sich: Wann wacht Ihr endlich auf?

HSV Neuzugang Romeo machte ein Tor, was Schirri Hellmut Krug kurzerhand übersah.
HSV Neuzugang Romeo machte ein Tor, was Schirri Hellmut Krug kurzerhand übersah.
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Die Stuttgarter Anhänger sangen sich die Seele aus dem Leib. Mensch, was hatten die Spaß! "Der VfB ist wieder da", hallte es unaufhörlich aus der Canstatter Kurve. Gegenüber, im "Untertürkheimer Block" der Gäste, herrschte nur Stille. Dabei hätten die HSV-Fans allen Grund gehabt mit einzustimmen. Denn auch der HSV ist nach dem 0:3 in Stuttgart wieder da. Dort nämlich, wo er mit Ausnahme eines Zwischenhochs vor der Winterpause seit gut einem Jahr steht: Ganz nah am Abgrund. Der Winterschlaf ist seit Sonnabend beendet. Nur der HSV hat es noch nicht bemerkt. Gleich dreimal pennten die Hamburger bei Freistößen, jedes mal bedankte sich der VfB artig. Wann wacht der HSV endlich auf?

16 Treffer haben die Hanseaten in dieser Spielzeit aus Standardsituationen hinnehmen müssen - die Hälfte aller Gegentore! "Das ist viel zu viel", schimpft Trainer Kurt Jara, "und drei Freistoßtore in einem Spiel, das ist Wahnsinn." Fürwahr. Insbesondere das 0:1 trieb dem Österreicher die Zornesröte ins Gesicht. Nach Jochen Seitz' Freistoß ließ Ingo Hertzsch Gegenspieler Viorel Ganea nach knapp einer halben Stunde ungehindert einschießen. "In diesen Situationen darf man sich nicht immer nur auf den Mitspieler verlassen", klagt Jara, "da muss man zum Ball gehen." Hertzsch war in letzter Konsequenz als Eigentorschütze auch für den zweiten VfB-Treffer verantwortlich (33.), doch den entscheidenden Lapsus leistete sich Mehdi Mahdavikia. Der sollte den hinter der Abwehr durchlaufenden Timo Wenzel am Schuss hindern. Und beim dritten Tor verlor Milan Fukal das Kopfballduell gegen Marcelo Bordon. Da war dann eine Viertelstunde vor Schluß eh alles gelaufen!

Da macht auch das Nachkarten hinterher keinen Sinn mehr. Romeo und das geklaute Tor - wieder mal ein Skandal! Nach 150 Sekunden wurde der HSV seiner Führung beraubt. Schiedsrichter Hellmut Krug verließ sich auf seinen beim DFB hauptamtlich beschäftigten Assistenten Stefan Trautmann, versagte dem Treffer die Anerkennung. "Eine Frechheit des Schiedsrichterteams", sagte der vor Wut schäumende Werner Hackmann. "Ich fühle mich berufen, in strittigen Szenen den Fernsehbeweis einzufordern." Selbst Schiedsrichter-Lehrwart Eugen Striegel bekannte im "ZDF-Sport-Studio: "Es ist mir schleierhaft, wie so ein Fehler passieren kann."

0:3 - ein ganz bitterer Auftakt. "Aber das Ergebnis ist wahnsinnig brutal dafür, wie wir aufgetreten sind", resümiert Jara. Denn aus dem Spiel heraus ließ der HSV überhaupt keine Torchance zu. "Andere Mannschaften gewinnen solche Spiele." Dennoch: Von einem spielerischen Schritt nach vorn, wie Jara ihn erkannt haben wollte, kann keine Rede sein. Zwar begann der HSV forsch, wurde um Bernardo Romeos Treffer gebracht (siehe Nebenstory), setzte durch Roy Präger ein weiteres Ausrufezeichen (7.). Doch anschließend besaßen die Hamburger - erneut in Person von Romeo - nur noch eine Gelegenheit (64.). Das angestrebte Flügelspiel wurde sträflich vernachlässigt. "Wir haben durch die Bank einen Schritt zu wenig gemacht", erkannte Sportchef Holger Hieronymus.

Das übrigens auch nach dem Abpfiff. Mit Ausnahme Bernd Hollerbachs wanderte die Mannschaft geschlossen in die Kabine, ohne sich zumindest bei den treuen 1000 mitgereisten Fans zu bedanken - und machte den Fehlstart ins neue Jahr damit endgültig perfekt. Den anderen zur Mahnung empfohlen...

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