Serie

Tatort Bundesliga - der 13. Spieltag 02/03: Fußballstadl DFB

18.11.2002, 00:00 Uhr von:  Tommes Guido
Das Tatort Bundesliga - Logo
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Woche für Woche verzückt uns die Gauklertruppe aus Frankfurt mit ihren komischen Spießgesellen auf ihrer Tournee durch bundesdeutsche Stadien mit Klamauk und gestenreichen Einfällen. Was wäre die Bundesliga ohne die Spaßmacher vom DFB. Wir wären alle ein ganzes Stück ärmer.

Kaum ist die Diskussion über den Laienschauspieler Michael Weiner aus Hildesheim der letzte Woche harlekinartig über den Rasen des Münchner Olympiastadions gewandert ist verklungen, schon tun sich wieder ein paar neue Seltsamigkeiten auf.

Der Cottbusser Spieler Beeck hat brutalst gegen die Etikette und die Fairness, die eine Selbstverständlichkeit auf deutschen Fußballfeldern sein sollte verstoßen. Nach Wochen, ja nach Monaten hat Energie Cottbus mal wieder ein Tor im heimischen Stadion geschossen. Und als Christian Beeck sogar noch ein zweites Tor erzielt hatte und das sage und schreibe im gleichen Spiel, konnte er die Freude kaum noch aushalten und stürmte auf den Zaun, um sich mit den Fans über diesen Erfolg zu freuen. So etwas geht aber natürlich nicht und schließlich ist man als Profi, der in der Öffentlichkeit steht ein Vorbild für die Jugend. Er erhielt folgerichtig von Schiedsrichter Florian Meyer aus Braunschweig (nur ca. 30 km von Hildesheim entfernt. Vielleicht tun die da ja was ins Trinkwasser) die gelbe Karte für "übertriebenen Torjubel". Da er vorher schon verwarnt wurde, hieß es für ihn vorzeitig Duschen zu gehen.

Die nächste Komödie wurde fast zeitgleich in Rostock aufgeführt. Bashirou Salou, den die Dortmunder ja noch in (sehr guter) Erinnerung haben, holzte seinen Gegenspieler mit einer Grätsche vom Acker. Die Rote Karte von Hermann Albrecht war absolut diskussionslos richtig. Danach kam es allerdings zu der mittlerweile berühmt, berüchtigten Rudelbildung. Ein paar Spieler beider Mannschaften knüllen sich auf einem Haufen und teilen Nettigkeiten der verbalen Art aus. Fernando Meira stubste dabei Thomas Meggle etwas durch die Gegend. Es war nun wirklich keine große Aktion, doch dieser Stubser stand später im Spielbericht von Albrecht als Tätlichkeit und deshalb durfte Meira Salou in die Kabine begleiten. Nach dem Spiel hat Herr Albrecht auch noch den Schneid in laufende Kameras zu sagen, dass das Spiel zeitweise nichts mit Fußball zu tun hatte. Wenn ein Spieler sich über die Leistung eines Schiris äußert, wird er sofort bestraft. Siehe Basler und demnächst Lehmann. Auf die Frage, ob Albrecht sich erinnern kann, ähnliches schon mal erlebt zu haben sagte er wörtlich: "Ich muss zurückdenken, wenn ich überhaupt zurückdenken kann" Na dann ist ja alles klar. Eine Frechheit. Die größte Frechheit wird aber wohl noch folgen. Der DFB wird sicherlich im Leben nicht zugeben, dass die Entscheidung des Schiedsrichters zu hart war und ihn freisprechen oder ihn zu 100 Euro Geldstrafe, zu zahlen an die Notschnapskasse von Mayer-Vorfelder. Nein, sie werden ihn garantiert für zwei Spiele verknacken.

Peter Gagelmann hatte nach dem Spiel von Leverkusen gegen Mönchengladbach den Mut sich hinzustellen und zu sagen, dass es ihm leid tue, dass er das Handspiel von Daniel Bierofka vor dessen Tor zum 2:2 nicht gesehen habe. Dies sei sehr ärgerlich. Im Gegensatz dazu ein Herr Stark, der versuchte sich blumenrein herauszureden, nach der Aktion von Rehmers Handspiel im Aufeinandertreffen von Hannover und Hertha. Zusätzlich bedachte er Friedhelm Bobic nach dessen lautstarken Protesten umgehend mit einer gelben Karte. Bobic warf nach dem Spiel Stark "Arroganz" vor. Diesen Vorwurf muss sich Stark in dieser Situation wirklich auch gefallen lassen. Aber wahrscheinlich bekommt Bobic einen drauf wegen Majestätsbeleidigung.

Nach allem vorgefallenen ist die Überlegung da, warum die Herren in schwarz oder wahlweise grün etc. so pfeifen wie sie pfeifen. Die Antwort ist schlicht und einfach: GELD! Warum schaut ein Florian Meyer nicht weg, wenn Beeck einen Abgang auf dem Zaun bekommt? Weil Meyer von einem Schiedsrichterbeobachter auf der Tribüne unter die Lupe genommen wird und wie ein Schulbube benotet wird. Und wie in der Schule, bleibt der mit schlechten Noten sitzen. Aber bei den Schiedsrichtern geht es nicht mehr um das Privileg in der Bundesliga pfeifen zu dürfen, sondern um Kohle. Wurde ein Schiedsrichter früher mit 78 D-Mark für einen Einsatz entschädigt, so bekommt er heute 3000 Euro dafür. Es soll ihm gegönnt sein, die Spieler bekommen ein vielfaches. Aber so erklärt sich der Dienst nach Plan oder hier besser der Dienst nach Regeln. Keiner will absteigen und auf das Geld verzichten.

So wird sich wohl so schnell nichts ändern und die Vereine werden sich weiter mit dem DFB über dieses thema streiten. Vielleicht erledigt sich das Thema ja demnächst für einige Vereine aus einem ganz anderen Grund.

Auf der heutigen Vollversammlung der Lizenzvereine in Frankfurt am Main, wird die DFL laut Meldung des Kickers eine Studie zur Finanzkrise der Bundesliga veröffentlichen. Demnach drohen 3 der 36 Bundesligisten noch in diesem Jahr die Zahlungsunfähigkeit. Gründe sind unter anderem geringere Sponsoreneinnahmen, die Kirch-Krise und die damit verbundenen Einschnitte bei den TV-Geldern. Die Hoffnung einiger Clubs durch Spielerverkäufe in der Winterpause noch ein paar Euros zu machen, nennt DFL-Geschäftsführer Michael Pfad trügerisch: "Viele Klubs wollen Spieler abgeben, aber nur ganz wenige können Spieler aufnehmen, deshalb existiert kein Markt." So scheint die einzige derzeitige Lösung zu sein, Spielergehälter massiv zu reduzieren. Aber auch hier passiert derzeit wenig. Seit Beginn der Saison weist kein vorzeitig verlängerter Vertrag tatsächlich geringere Bezüge auf. Die Namen der drei Vereine, die akut bedroht sind, will die DFL nicht veröffentlichen. Immer öfter fällt jedoch der Name des abstiegsbedrohten FC Energie Cottbus. Ob die sportlich bereits angezählten Lausitzer, zumindest finanziell noch den Abstieg vermeiden können, scheint daher mehr als fraglich.

Bei den diesjährigen MTV-Music-Awards, die am Donnerstag in Barcelona verliehen wurden, gewann zum ersten mal eine Vereinigung von Fußballfans den bewährten "Free your Mind Award". Aus den Händen von Patrick Kluivert und Frank de Boer nahmen 2 Aktivisten des Netzwerkes FARE (Football Against Racism in Europe) den begehrten Preis entgegen. Mit dem "Free your Mind Award" kürt der Musiksender jährlich Personen oder Organisationen, die sich auf besondere Art und Weise um den Kampf gegen Intoleranz und Vorurteile widmen. Die Liste der prominenten Gewinner des Awards umfasst beispielsweise Amnestie Internation und Greenpeace.

FARE ist ein Netzwerk aus verschiedenen nationalen Gruppen, das mit Unterstützung der Europäischen Union Rassismus in den Fußballstadien bekämpft. So entrollten beispielsweise Aktivisten der Gruppe beim UEFA-Cup-Spiel Schalke gegen Warschau in der letzten Woche in der Arena ein Plakat um auf die ausufernden rassistischen Umtriebe in polnischen Stadien hinzuweisen. Beim Hinspiel der Gelsenkirchener wurde vor allem Gerald Asamoah aufs übelste von rassistischen, polnischen Fans beschimpft. Gegründet wurde das Netzwerk 1999 übrigens von Österreich aus, wo die Initiative "Fair Play - Viele Farben - Ein Spiel" auch die Aktionen von FARE koordiniert. Inzwischen sind 70 Organisationen in 18 Ländern beteiligt.

Im Namen von FARE nahm Piara Powar, von der englischen "Let's Kick Racism Out of Football" Kampagne und Carlo Balestri, von der italienischen Fanorganisation Progetto Ultrà den Preis im Namen des gesamten FARE Netzwerks entgegen.

Carlo Balestri, Leiter des Progetto Ultrà zum Preis: "Wir setzten alles daran die Werte der Fankultur zu verteidigen und den Rassismus zu bekämpfen. Um dies zu erreichen arbeiten wir eng mit den Fans in den Stadien zusammen. Da viele jungen Menschen durch MTV angesprochen werden, hoffen wir das die Botschaft bei möglichst allen Youngsters ankommt."

Mehr Infos zu FARE gibt's im Internet:

www.FAREnet.org

www.ProgettoUltra.it

www.KickitOut.org

Damit auch zukünftig weiterhin Fanorganisationen begehrte Preise einsammeln, ruft Schwatzgelb.de hiermit dazu auf, bei allen Euch bekannten Organisationen gute Vorschläge einzureichen. Wie wäre es zum Beispiel mit dem Friedensnobelpreis für "Pro 15:30" oder den Oscar für den besten Kinder- und Jugendfilm Specialeffects für die "Desperados Dortmund"?

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