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Meister Borussia, aber welche Spieler waren auch meisterlich? - Teil 2

03.06.2002, 00:00 Uhr von:  Sebi BoKa

21 Siege und nur 6 Niederlagen. Auch ein Verdienst einer guten Defensivleistung. Im Schnitt kassierte die Borussen-Abwehr in der Bundesliga weniger als einen Treffer pro Spiel. Diese Bilanz kann sich durchaus sehen lassen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass der BVB im Defensivbereich nicht allzu üppig besetzt war. Die Hauptlast war letztlich auf den Schultern von Christian Wörns, Christoph Metzelder und Jürgen Kohler verteilt. Der Franzose Ahmed Madouni spielte bisher eine eher untergeordnete Rolle, was allerdings andere Bundesligakonkurrenten nicht davon abhielt, nach ihm die Hand auszustrecken, doch für BVB Coach Sammer ist er ein Perspektivspieler für die Zukunft...

Folge 2: Die Abwehr:

Portraitbild von Ahmed Reda Madouni
Ahmed Reda Madouni

Ahmed Reda Madouni:

Bei nur sieben Bundesliga-Einsätzen Madouni’s ist eine abschließende Bewertung seiner Fähigkeiten sicherlich nicht in vollem Umfang möglich, zumal der Franzose nicht ein einziges Mal in der Anfangsformation stand und lediglich im ereignisreichen Spiel in Nürnberg mehr als 45 Minuten sein Können präsentieren konnte. Weil er jedoch auch bei den Amateuren sowie beim Eröffnungsturnier des Gelsenkirchener Vorortvereins mitwirkte, konnte man sich zumindest einen kleinen Eindruck von ihm und seinem Können machen.

Dabei stach vor allem Madouni’s „natürliche“ Aggressivität hervor. Ohne Rücksicht auf Verluste bestreitet der Franzose seine Zweikämpfe und kann so durchaus Zeichen für seine Mitspieler setzen. Das er die Französische Fußballschule durchlaufen hat und demnach beidfüssig ist, muß nur am Rande erwähnt werden. Gerade bei den Amateuren zeigte sich, dass er zudem über eine enorme Kopfballstärke verfügt und sich effektiv ins Offensivspiel seiner Mannschaft einschalten kann. Allerdings wurde aber genauso deutlich, dass der 21-jährige „Hitzkopf“ schnell zum überdrehen neigt und sich aufgrund seiner Spielweise oft am Rande eines Platzverweises bewegt. Sofern er sich und sein Spiel besser kontrollieren kann, wird er in Zukunft sicher mehr Einsatzchancen von Matthias Sammer erhalten. Dann kann in Madouni ein weiteres hoffnungsvolles Talent heranwachsen.

Christoph Metzelder im Training auf dem Trainingsplatz
Christoph Metzelder

Christoph Metzelder:

Der aus dem nahen Haltern stammende Youngster gehörte zweifelsohne zu den großen Gewinnern der Saison. Nachdem Christoph Metzelder zu Beginn dieser Spielzeit zunächst immer wieder mit der unbequemen Ersatzbank vorlieb nehmen musste, sah Matthias Sammer etwa zur Hälfte der Hinrunde seine Zeit gekommen und sorgte nicht gerade für wenig Aufsehen, als er ihn mit Jürgen Kohlers Stammplatz betraute. Dieses Vertrauen rechtfertigte Metzelder jedoch äußerst schnell, sodass diese nicht ganz unwichtige Personalie in der Öffentlichkeit erst gar nicht für Diskussionsstoff sorgen konnte.

Metzelder ließ sich daher auch bis zum Saisonende seinen Stammplatz nicht mehr nehmen und zeigte im Verlauf der zurückliegenden Spielzeit viele Stärken. Neben seinem (zumeist) guten Stellungsspiel, seiner Kopfballstärke und der unerbittlichen Zweikampfführung, bewies „der gelernte Stürmer“ zusätzlich immer öfter in der Offensive seine Vorzüge. Der erste Torerfolg für den BVB blieb ihm aber auch in seinem zweiten Profijahr weiterhin (noch) versagt.

Es ging für Christoph Metzelder jedoch nicht ausschließlich bergauf: Wie für einen Spieler in seinem Alter nicht untypisch, musste er beispielsweise das ein oder andere Mal der fehlenden Erfahrung Tribut zollen. In absoluten Schlüsselspielen, wie dem UEFA-Pokal-Rückspiel gegen den AC Mailand, konnte er zudem eine gewisse Nervosität nicht verbergen. Daraus resultierten letztlich absolut vermeidbare und unnötige Stellungsfehler. Diese Schwächen offenbarte er leider auch in den letzten Testspielen in der Deutschen Nationalmannschaft. Es besteht jedoch kein Zweifel daran, dass er an der Seite von Christian Wörns mit zunehmender Erfahrung zu einer unumstrittenen Größe heranwachsen kann. Es ist schließlich bekannt, dass der selbstbewusste „Metze“ absolut lernwillig ist und von daher auch weiter hart an sich arbeiten wird. Man darf allerdings gespannt sein, welchen Einfluss diese WM-Teilnahme auf ihn haben wird. Zumal er einen Startplatz in der ersten Elf in Japan/Korea inne hat, denn er genießt das absolute Vertrauen von Bundestrainer Michael Skibbe. Einerseits kann er dort zwar weiter von gestanden Weltstars dazulernen, andererseits muss diese, für ihn völlig ungewohnte Belastung, erst einmal verdaut werden...

Jürgen Kohler „Fußballgott“ verabschiedet sich
Jürgen Kohler „Fußballgott“

Jürgen Kohler „Fußballgott“:

Welch eine Abschiedssaison für Dortmunds Routinier!

Zuerst der Verlust des bis dato unumstrittenen Stammplatzes an Christoph Metzelder, „seinen“ Lehrling. Dann die unübertreffbare Krönung seiner großen Karriere mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft und schließlich das kuriose und zugleich traurige Endspiel von Rotterdam. In einem unvergleichlichen Wechselbad der Gefühle erlebte Jürgen Kohler nochmals alle Höhen und Tiefen des Geschäfts.

Nun ist seine ruhmreiche Karriere nach 394 Bundesligaspielen endgültig beendet. Zuvor hatte ihn nicht nur Matthias Sammer geradezu gedrängt, noch ein weiteres Jahr dranzuhängen. Doch alle Versuche blieben erfolglos, alles Zureden stieß auf taube Ohren und stattdessen verfolgte Jürgen Kohler mit der ihm ureigenen Konsequenz seinen Weg. Letztlich bestätigt ihn wohl gerade der unwürdige Abgang von Rotterdam in seinem Beschluss, abzutreten. Sportlich müssen über ihn jedenfalls nicht mehr viele Worte verloren werden. Sicherlich war er nicht mehr ganz so schnell wie zu seinen besten Zeiten, in vielen Spielen machte er dieses Defizit allerdings mit seiner unendlichen Erfahrung mehr als wett. Geht man beispielsweise nach dem Notenschnitt der renommierten Fachzeitschrift „Kicker“, so weist ihn das Blatt noch immer als einen der stärksten Bundesligaprofis aus.

Sieben Jahre BVB – Sieben Jahre völlige Hingabe für Verein und Fans! So lautet die abschließende Bilanz seiner Zeit in Dortmund. Obwohl „nur“ Abwehrspieler und nicht ein derart spektakulärer Offensivspieler wie Rosicky oder Amoroso stand Jürgen Kohler all diesen Spielern in Punkto Beliebtheit in nichts nach. Ganz im Gegenteil: Die fortwährenden Huldigungen bei seinen letzten Bundesliga- und Europapokalauftritten, aber insbesondere bei der Meisterfeier, die ihn bei strahlendem Sonnenschein noch einmal durch ganz Dortmund führte, wurde mehr als deutlich, wir sehr ehrliche und harte Arbeit in Dortmund noch immer geschätzt wird. Seine Tränen konnte der „Kokser“ dabei nur schwer unterdrücken. Einer Vielzahl von Fans wird es nicht anders gegangen sein.

Demnächst tritt Jürgen Kohler sein Amt als Trainer der Deutschen U-21-Nationalmannschaft an und keiner zweifelt daran, dass er den hoffnungsvollsten Talenten des Deutschen Fußballs mit seiner ehrlichen Art auf den rechten Weg bringen wird. Ehrenamtlich bleibt er – Gott sei Dank – auch dem BVB erhalten und man kann nur hoffen, dass der Kontakt von beiden Seiten auch weiterhin intensiv gepflegt wird...

Christian Wörns im Kopfball-Zweikampf gegen den HSV
Christian Wörns

Christian Wörns:

Die Bilanz von Christian Wörns’ zurückliegender Saison könnte man im Grunde mit nur ganz wenigen Worten abhandeln: Konstant höchstes Niveau! Damit wäre zwar der Nagel auf den Kopf getroffen, doch Christian Wörns Unrecht getan. Gerade nach solch einer Spielzeit sollte man für den zurückhaltenden Verteidiger ein paar mehr lobende Worte finden...

Komischerweise war seine Lobby in Deutschland ohnehin nie sonderlich groß. Und immer dann, wenn er auf dem Weg zu größerem Ansehen war, machten ihm unglückliche Auftritte in der Nationalmannschaft (oder ungeschickte „Meinungskundgebungen“) einen dicken Strich durch die Rechnung. Beispielsweise bei der WM 98: Während eines für die deutsche Mannschaft total verkorksten Turniers avancierte Wörns zum einzigen Lichtblick in seiner Elf. Bis...

Bis Lothar Matthäus ihn mit einem miserablen Zuspiel zu einer Notbremse an Davor Suker „zwang“. Aus einem Hoffnungsträger wurde so in Windeseile der „Buhmann der Nation.“ Der absolute Tiefpunkt seiner Karriere war jedoch im vergangenen Herbst erreicht. Fast schon unmenschlich die Kritik, die nach dem 1:5-Debakel gegen England auf ihn einprasselte. Dabei wurde Wörns bereits zur Halbzeit ausgetauscht und erst in der Folge sollte sein Gegenspieler Michael Owen unbehelligt durch die deutsche Abwehr wirbeln und zwei weitere Tore erzielen. Durch die frühe Auswechslung aber hatte Rudi Völler offenbar – ein falsches – Signal gegeben und der Dortmunder Verteidiger war fortan für die Medien mit Leichtigkeit als Prügelknabe Nummer 1 ausgemacht.

Davon tief getroffen, dachte Wörns gar über seinen Rücktritt aus der DFB-Elf nach, zog sich ansonsten aber vollkommen aus der Öffentlichkeit zurück und überzeugte von da an Woche für Woche mit überragender Defensivarbeit für den BVB. Wie es der Zufall so wollte, durfte er bereits wenige Wochen später mit dem BVB in der Champions-League gegen ebenjenen Michael Owen, der in beiden Spielen gegen Wörns keinen Stich machte, beweisen, dass viele Kritiker den Bogen vollkommen überspannt hatten.

Aber auch in der Folge ließ Wörns in seinen Leistungen nicht nach, sondern sorgte mit erstklassigen Auftritten vielmehr dafür, dass ausländische Top-Teams die Fühler nach ihm ausstreckten. Ein konkretes Angebot hatte beispielsweise der F.C. Barcelona unterbreitet, während Wörns seinerseits den Fehler machte, öffentlich damit zu kokettieren. Hatte er schon vor seinem Wechsel zum BVB den Ruf eines Raffzahns, so machten ihn seine öffentlich geäußerten Abwanderungsdanken unter den BVB-Fans nicht gerade beliebter. Doch Wörns sah diesen Fehler ein, änderte schnellstens den Kurs und bekannte sich mit einer Vertragsverlängerung zu gleichen Konditionen klar zu einer Zukunft bei Borussia!

Im Verlauf der Rückrunde gab es rein gar nichts mehr am ehemaligen Mannheimer auszusetzen. Auf welchen Gegenspieler er auch traf, Wörns machte jeweils eine gute Figur. Hatte er vielleicht nicht den gleichen Offensivdrang wie zu seinen besten Leverkusener Zeiten, war seine Beständigkeit dafür um so beeindruckender. Zuletzt quälte er sich sogar mit seiner schmerzhaften Knieverletzung über die Runden, was jedoch zwar kaum eine Auswirkung auf seine Leistungen hatte, ihn aber letztlich die WM-Teilnahme kostete. Während seine Mannschaftskollegen Metzelder, Ricken, Kehl oder Lehmann nun in Asien für Furore sorgen wollen, muss er das Fußball-Highlight des Jahres vor dem Fernseher verfolgen. Dafür kann er jedoch seine Verletzung um so besser auskurieren und ist in der nächsten Saison hoffentlich erneut der Fels in der Dortmunder (Abwehr-)Brandung...

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