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roterkeil.net, oder raus aus der Anonymität

05.01.2002, 00:00 Uhr von:  Wade
roterkeil.net, oder raus aus der Anonymität
Mission Aktion Schutzengel im Westfalenstadion

So manch einer unserer Leser kann sich sicher noch an das Spiel im Februar 2001 gegen den HSV (4:2) im heimischen Westfalenstadion erinnern, und vielleicht ist bei denen, die im Stadion waren, die „Schutzengel-Aktion“ im Gedächtnis haften geblieben. Die in Olfen ansässige Aktion „Bosco Sevana - Netzwerk gegen Kinderprostitution in Sri Lanka“ machte an diesem Tag, unter der Schirmherrschaft von Dieter Kürten, zum ersten Mal in der breiten Öffentlichkeit auf sich aufmerksam.

Manchmal, ja manchmal ist die Welt ein Dorf, denn als ich für schwatzgelb.de Informationen über die Hilfsorganisation einholte, stellten ich fest, dass mir der Name des Initiators, Jochen Reidegeld, bestens bekannt war – immerhin ist er in meinem Heimatort, der 15.000 Einwohner zählenden Gemeinde Senden (15 km südwestlich von Münster), als Kaplan tätig.

Reidegeld gründete die Organisation im November 1999 in Olfen. Als begeisterter Fußballfan und Trainer einer C-Jugendmannschaft des VFL Senden, knüpfte er damals Kontakte zu BVB-Pressesprecher Josef Schneck. Der zeigte sich von dem, was ihm von Jochen Reidegeld geschildert wurde so beeindruckt, dass er ihm seine Unterstützung zusagte.

„Das unsagbare Leid der Kinder, die von abartigen Kindersextouristen gequält werden, lähmt erst einmal jeden, der mit den Verbrechen konfrontiert wird“, so Reidegeld. Sri Lanka gilt unter Pädophilen als Paradies. 30.000 Kinderprostituierte gibt es auf Sri Lanka. Fast ausschließlich sind es Jungen im Alter von sechs bis 15 Jahren, wie Reidegeld berichtet. Jeder fünfte Tourist komme allein wegen der Kinderprostitution nach Sri Lanka. „Das Pädophilennetz hat die Insel für sich entdeckt“, so Reidegeld. Die Bedingungen seien „günstig“. Der Kaplan weiter: „Die Fischerfamilien müssen ihre Kinder zurück lassen, weil sie selber vor dem Monsun her um die Insel reisen, den Fischschwärmen nach. Die Jungen sind dann leichte Beute, und die Deutschen stellen die größte Tätergruppe.“ Reidegeld erläutert: „Pädophile wissen, wo es was zu holen gibt. Die Täter haben deutliche psychische Defizite." Viele seien selber als Kind missbraucht worden.In Sri Lanka locken der günstige Preis, das niedrige Alter der Kinder, das geringe Risiko, erwischt zu werden und nicht zuletzt die unbedeutende Strafe. Doch nicht nur dort, sondern auch in Europa ist das Strafmaß für die Täter mehr als fragwürdig. „Ein Schweizer Industrieller, der nachweislich 1.500 Jungen missbraucht hat, wurde in der Schweiz zu vier Jahren Haft verurteilt und kam wegen guter Führung nach zweieinhalb Jahren auf freien Fuß.“

Aber die Organisation will es nicht beim bloßen Erregen von Aufmerksamkeit belassen. Bosco Sevana will drastische Maßnahmen durchsetzen, um die Kinderprostitution zu stoppen. Das Ziel ist klar, denn es kann nicht sein, dass die Kindersexmafia mehr Macht besitzt als das Gesetz.

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Doch der Olfener Verein sieht die Probleme des Kindesmissbrauchs nicht nur in Sri Lanka, sondern auch vor der Haustür. Dieses Thema dürfe nicht isoliert gesehen werden, so Christine Licht, Vorsitzende der Aktion Bosco Sevana.

Es sei an der Zeit, mehr an die Öffentlichkeit zu gehen, da es zu einer „schleichende Veränderung“ in der öffentlichen Diskussion komme. Festgemacht wird dies an einer Veröffentlichung im „Spiegel“. Das Nachrichtenmagazin hatte darüber berichtet, dass demnächst in Trier eine Gruppe von Pädophilen, die der Polizei einschlägig bekannt ist, ins Vereinsregister eingetragen werden soll – als „Selbsthilfegruppe für Pädophile“. Sollte das wirklich geschehen, wäre das eine Ohrfeige für alle, die gemeinnützig arbeiten.

Bosco Sevana setzt deshalb weiter stark auf Öffentlichkeitsarbeit und Spendenbeschaffung. So wurde die Initiative roterkeil.net ins Leben gerufen unter der Prominente aus der Fußball- und Sportszene für die Organisation werben. Neben Teamchef Rudi Völler, Dieter Kürten und Marcel Reif setzen sich auch die BVB Profis Lars Ricken, Fredi Bobic und Christoph Metzelder für die Ziele ein.

Was bewegt die Dortmunder Profis sich gerade für diese Organisation einzusetzen. Fredi Bobic bringt es auf den Punkt: „Wenn Du selber Familie hast und einmal die Bilder von den misshandelten Kindern zu Gesicht bekommen hast, kriegst Du das nicht mehr aus dem Kopf, da musst du handeln!“ Lars Ricken meint dazu: „Ich unterstütze die Aktion, weil Kinder das schwächste Glied in unser Gesellschaft sind, weil sie Schutz brauchen.“ Die Spieler sind auch der Meinung, dass eine kleine Organisation wie Bosco Sevana Unterstützung nötiger gebrauchen kann, als z.B. Unicef, der schon so viele Prominente Unterstützung leisten.

Christoph Metzelder bei der Veranstaltung in der Aula des Haydn Gymnasiums in Senden
Christoph Metzelder bei der Veranstaltung in der Aula des Haydn Gymnasiums in Senden

Wie passt das zum Bild des „abgezockten Profis“, der angeblich nur seinen Vorteil sieht. Es gilt doch oft in der Öffentlichkeit nur das Bild des Menschen, dass durch die Medien präsentiert wird. Da berichten die Medien doch lieber über Gehälter und zum Teil nie getätigte Aussagen um dieses Bild aufrecht zu erhalten. Dass dem aber oft nicht so ist, haben Lars Ricken und Fredi Bobic schon bewiesen. Christoph Metzelder stieß als dritter BVB-Spieler zu der Hilfsorganisation. Von „Metzes“ sozialer Kompetenz konnten sich seine Fans am 18.11.2001 in der Aula des Haydn Gymnasiums in Senden überzeugen. Kaplan Jochen Reidegeld hatte zu „Quergedacht“, der etwas anderen Talkshow für Jugendliche, geladen, und Christoph Metzelder war einer der Gäste des Abends. Das Thema „Gestern verliebt – Heute Krieg und morgen?“ wurde aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und diskutiert.

Zu Beginn erzählte der Militärdekan Rainer Schadt einige Erlebnisse aus seiner Tätigkeit in der Militärseelsorge. Vor allem seine Schilderungen über die sogenannten „Killing Fields“ in Kombodscha dürften jedem der anwesenden noch heute einen eiskalten Schauer über den Rücken jagen. Im Laufe der Diskussion wurde dann Christoph Metzelder gefragt, wie er sich fühle, wenn er diesen Erzählungen folgt und seine Antwort zeigte, dass er mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht. Christoph: „Ich denke, wer das Glück hat und das Privileg hier geboren und aufgewachsen zu sein, sollte sich dessen bewusst sein und nicht die Augen vor dem Elend anderer Menschen verschließen.“

Christoph Metzelder bei der Veranstaltung in der Aula des Haydn Gymnasiums in Senden
Christoph Metzelder bei der Veranstaltung in der Aula des Haydn Gymnasiums in Senden

Bescheiden und geduldig stellte sich Christoph den Fragen der Talkgäste, nichts zu spüren vom Fußballprofi, der sonst routiniert mit Medienvertretern über Spielszenen und die eigene Leistung diskutiert. So kam das Thema auch auf Metzes Einsatz für Bosco Sevana. In der Diskussion betonte er, dass die Täter sich nicht sicher fühlen dürften und dem Gesetz überführt werden müssten. Eins wollte er dann an diesem Abend aber auch noch klar stellen: „Mir ist diese Aktion sehr wichtig, doch die Leute sollen auch wissen, dass ich den kleinsten Anteil an dieser Aktion einbringe. Die Leute vor Ort leisten da mit Sicherheit den größeren Beitrag.“

Nach der Talkshow nahm er sich lange und ausgiebig Zeit für die Fans, geduldig beantwortete er Fragen und erfüllte Autogrammwünsche. Fest steht, dass Bosco Sevana mit Christoph Metzelder einen weiteren Botschafter gewonnen hat, der aufgrund seiner Persönlichkeit einen großen Gewinn darstellt.

roterkeil.net die Initiative der Aktion Bosco Sevana wird bei schwatzgelb.de den Banner „Netz gegen Kinderporno“ ablösen. Wenn auch Ihr diese Aktion unterstützen wollt besucht die Seite im Internet oder wendet euch direkt an Kaplan Jochen Reidegeld ( bosco.sevana@cityweb.de)

AKTION BOSCO SEVANA wurde 2. Landessieger NRW in der Ehrenamtskampagne „Bürger machen Staat“

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