Spielbericht Profis

Borussia ohne Courage gegen "Angstgegner" Bayern - Münchens "B-Elf" zu gut für Borussias erste Mannschaft

12.08.2001, 00:00 Uhr von:  BoKa
Auffallend blass: Amoroso
Auffallend blass: Amoroso

Es stand viel auf dem Spiel. Das ist nix neues, wenn Borussia Dortmund und Bayern München aufeinandertreffen, doch diesmal waren die Vorzeichen etwas anders als in der Vergangenheit. Der bisher souveräne Bundesliga-Spitzenreiter hat in "Hasenfußmanier" beim überflüssigen 0:2 gegen das "Reserveteam" des Münchner Starensembles die ersten Gegentore und seine erste Saisonniederlage kassiert. Der Start in die "Wochen der Wahrheit" mit Spielen in Kiew und Gelsenkirchen, bzw. den Heimpartien gegen UEFA-Cup-Sieger Liverpool und Leverkusen hätte schlechter nicht sein können...

Trotz der Brisanz der Partie im Westfalenstadion erweckten die Hauptakteure der beiden Klubs von Beginn an den Eindruck, als sei nur ein gemütliches Kaffeekränzchen vereinbart. Die wohltuende Zurückhaltung war auch angebracht, schließlich war das letzte Duell im April im wahrsten Sinne des Wortes zu einem "offenen Schlagabtausch" ausgeartet. Und man merkte besonders den Bajuwaren deutlich an, dass sie gewillt waren, in der Wahl ihrer Mittel fairer zu Werke zu gehen.

Nur aus München waren wie gewohnt im Vorfeld der Partie einige Sticheleien gekommen. Vizepräsident Kalle "die Schande von Lippstadt" Rummenigge sagte: "Wir wissen: Wenn es um die Big Points geht, ist unsere Mannschaft Top-Fit und Top-konzentriert. Die Dortmunder haben uns letzte Saison nicht mal geschlagen, als wir nur zu neunt auf dem Platz standen. Warum also sollten sie das gegen elf Bayern schaffen?" (Sportdirektor Michael Zorc daraufhin keck: Sie können gerne verbal in die Offensive gehen, wir holen das auf dem Platz nach.") Und seine Worte sollten sich auf grausame Weise für den BVB bewahrheiten, denn Bayern München hat sich sogar ohne Ansammlung von Klasseleuten eindrucksvoll im Titelrennen der Fußball-Bundesliga zurückgemeldet. Trainerfuchs Ottmar Hitzfeld musste an alter Wirkungsstätte auch weiterhin auf die verletzten Effenberg, Jeremies und Scholl verzichten und entschloß sich überraschend zur defensiveren Variante. Zunächst ließ er überraschenderweise die durch Länderspiele gestressten Stürmer Claudio Pizzarro und Giovane Elber auf der Bank. Für den Brasilianer rückte wie schon im April der junge Roque Santa Cruz in die Mannschaft. Der BVB konnte bis auf seine drei Langzeit-Verletzten praktisch auf seine beste Formation zurückgreifen und war damit auf dem Papier Favorit.

Nur 10 furiose Minuten sind gegen diesen Gegner zu wenig...

Im Gegensatz zu Oli Kahn wurde der BVB-Keeper zum ersten mal überhaupt bezwungen. Kahn hielt dagegen seinen Kasten sauber.
Im Gegensatz zu Oli Kahn wurde der BVB-Keeper zum ersten mal überhaupt bezwungen. Kahn hielt dagegen seinen Kasten sauber.

Der Rest ist schnell erzählt: Vor 68.600 Zuschauern im erwartungsfrohen und ausverkauften Westfalenstadion erzielten Hasan Salihamidzic (22.) und Roque Santa Cruz (58.) die beiden ersten Saisontore gegen Borussia Dortmund. Während die Mannschaft von Trainer Matthias Sammer drei Tage vor dem Champions-League-Spiel bei Dynamo Kiew maßlos enttäuschte, bewiesen die Münchner im Bundesliga-Spitzenspiel ansteigende Form. Ebenfalls wichtig: Schiedsrichter Lutz-Michael Fröhlich aus Berlin hatte zwar mit der Partie keinerlei Mühe, brachte aber mit seinen oft unerklärlich kleinlichen Pfiffen das Spiel des öfteren völlich aus dem Fluß.

Der bisher ungeschlagene schwatzgelbe Tabellenführer übernahm auch sofort die Initiative und bemühte sich, die bayerische Vierer-Abwehrkette unter Druck zu setzen. Die erste Torchance hatte Marcio Amoroso in der 8. Minute, der seinen Gegenspieler Willy Sagnol erst sensationell "vernaschte", dann jedoch aus spitzem Winkel an National-Schlussmann Oliver Kahn scheiterte. Dieser hatte sich vor Beginn wieder einmal mit einer unsinnigen Bananenflut aus der Südtribüne auseinander zu setzen, was so langsam eher peinlich als komisch ist! Wann lernen denn diese Idioten endlich, dass Fußball "nur ein Spiel" ist und Hass dabei völlich deplaziert?

Lehmann: "Bayern war nicht erfahrener als wir. Die Frage nach den Mängeln muss der Trainer beantworten."
Lehmann: "Bayern war nicht erfahrener als wir. Die Frage nach den Mängeln muss der Trainer beantworten."

Nachdem die stürmische Klasse-Anfangsoffensive der Dortmunder wirkungslos verpufft war, kontrollierten die Münchner mehr und mehr das Geschehen. Vor allem das aus dem gebürtigen Dortmunder Torsten Fink, Edelreservist Ciriaco Sforza und "Schauspieler" Niko Kovac (wollte gegen Amorosos "Kopfstüber" einen Platzverweis schinden) gebildete Mittelfeld wirkte allzeit souverän und abgeklärt. Und so überraschte es auch nicht wirklich, dass praktisch die erste Tormöglichkeit der Bayern gleich zum Erfolg führte. Nachdem Sforza in den BVB-Strafraum mutterseelenallein eindrang und auch weiter nicht angegriffen wurde, lief der Ball über Carsten Jancker zu Salihamidzic, der mit einem "über den Schlappen gerutschten" Flachschuss aus 13 Metern für die Führung sorgte. Borussen-Zerberus Jens Lehmann, der bei diesem Treffer unglücklich aussah, war nach 381 gegentorfreien Minuten in dieser Saison erstmals geschlagen. Zwar bemühte sich der Gastgeber in der letzten Viertelstunde der ersten Hälfte wieder mehr um konstruktiven Spielaufbau, doch große Chancen blieben Mangelware. Allein Evanilson (32.) sorgte vor der Pause mit einem couragierten Distanzschuss aufs lange Eck für Gefahr. Doch Kahn konnte diesen für einen Torwart dankbaren Ball spektakulär zur Ecke lenken.

Der BVB stotterte wie ein Motor ohne Öl

Auch in der zweiten Hälfte fand der BVB zu keiner Zeit zu seinem gefährlichen Spielrhythmus. Zwar kam Borussia nach dem Wechsel engagierter aus der Kabine, übte mit der Unterstützung ihrer Fans zunächst viel Druck aus und nistete sich vor dem Bayern-Strafraum ein. Da aber die Münchner nur auf Sicherung bedacht waren, bauten sie etwa 30 Meter vor dem Tor eine Art "Abfang-Sperrriegel" auf, indem sich die Dortmunder Offensivabteilung fortwährend festlief. Vor allem der zuletzt erfolgreiche Millionen-Sturm mit Amoroso, Jan Koller und Tomas Rosicky vermochte die engmaschige Bayern-Abwehr nicht ernsthaft in Gefahr zu bringen. Lediglich der auch heute wieder unglücklich wirkende "Sturmtank" Jan Koller sorgte zweimal für Gefahr vor dem Bayern-Tor. Stattdessen spielten die Süddeutschen weiterhin total abgeklärt und relativ unaufgeregt. Nach einem dieser unzähligen "durch die Wand-Angriffe" fand dann ein langer Befreiungsschlag über 50 Meter(!) über den einmal mehr indisponierten Stefan Reuter (Wer kann uns sagen, was der für eine Aufgabe hatte?) zu Jancker, der sich gegen den zögerlichen Wörns durchsetzen und zurück auf Santa Cruz ablegen konnte. Das blanke Entsetzen fuhr den BVB-Freunden ins Gesicht, als diese mit Ansehen mussten, wie Nigerias Kapitän Oliseh dabei munter Spalier stand. Der Südamerikaner ließ sich nicht lange bitten und überwand Lehmann mit einem trockenen Flachschuss. Jens hatte auf diesem glitschigen Boden keine Abwehrmöglichkeit. Damit war dann die Partie entschieden. Die Münchner brachten ihren dritten Saisonsieg ohne Schwierigkeiten über die Zeit. BVB-Torchancen hatte lediglich der fleißige Koller, weil die Borussen in ihrer Schlussoffensive ihr Heil unverständlicherweise ausschließlich(!) in hohen Flankenbällen suchten. Letztlich reichten den effizienten Bayern ihre zwei Chancen, die sie zu zwei Toren nutzten: Der Auswärtssieg ist so gesehen sogar verdient, da es dem BVB zu keiner Zeit mehr gelang, das Tor von Olli Kahn ernsthaft zu gefährden. Dagegen genügten Einsatzbereitschaft und Engagement einiger Spieler auf Dortmunder Seite nicht, um die erste Saisonniederlage abzuwenden. Bei den Meisten Schwatzgelben mußte man nach diesem Abend einfach konstatieren: Hose gestrichen voll !!!

Zumindest die Nordflorentiner wussten eben ganz genau, was die Stunde geschlagen hat. Der Kaiser persönlich hatte ihnen den Weg gewiesen: "Denn acht Punkte Rückstand, das wäre dann sehr früh in der Saison ein sehr tiefes Loch, dann müsste viel passieren, um diesen Vorsprung aufzuholen. Es würde ganz schwer", verkündete der oberste Bayern-Boss Franz Beckenbauer himself. "Das wäre ein langer Weg zurück an die Spitze", hatte Kapitän Oliver Kahn seinem Präsidenten in gewohnter Doppelpassmanier signalisiert, dass er und das Team verstanden hatten.

Wenigstens die Choreo gelang!

Wenigstens die Choreo gelang!
Wenigstens die Choreo gelang!

Vor einigen Wochen war von den Supporters Dortmund in Zusammenarbeit mit dem BVB eine Choreographie geplant worden. Um die Choreo durchzuführen hatten viele Mitglieder der Supporters und Freiwillige Helfer, die über das Forum von schwatzgelb.de auf die Aktion aufmerksam wurden, ab Freitag 17 Uhr eine einzige Aufgabe: Zettel rollen und in die Sitze stecken. Für die Choreo wurden die Unterränge der West- und Osttribüne ausgewählt. Auf der Westtribüne sollte dann mit den Papiertafeln "BORUSSIA" und auf der Osttribüne "DORTMUND" - eingerahmt von 1909 - erscheinen. Bis in die Abendstunden wurde am Freitag von ca. 25 Helfern gearbeitet und einiges geschafft. Leider sollte sich am nächsten Morgen herausstellen, daß der Wind viele Papiertafeln auf der Osttribüne herausgerissen und der Regen sein übriges getan hatte. Also hieß es für die knapp 60 Freiwilligen ab Samstag morgen um 9 Uhr: "Nochmal!" Dazu stellte sich heraus, daß zeitgleich mit uns auch e-on Werbezettel in die Sitze steckte, die mit der Aktion allerdings nichts zu tun hatten. Gegen 13 Uhr war dann auch gottseidank alles fertig und wir freuten uns auf die Choreo.

Zusätzlich wurde noch die Verteilung von tausenden Pilskragen/Tropfenfängern auf der Südtribüne übernommen. Leider stellte sich dabei heraus, daß es offensichtlich immer noch eine Menge Leute gibt, denen Optik bei einem Fußballspiel egal ist. Anders sind Kommentare wie "Was soll ich denn damit?" oder "Warum?" nicht zu erklären. Nach mehrmaliger Aufforderung von Norbert Dickel und vielfach verteilten Informationsblättchen klappte die Choreo zur Freude aller hervorragend. Vielen Dank nochmals an dieser Stelle an ALLE freiwilligen Helfer für die tolle Mitarbeit und alle Zuschauer und Fans im Stadion, die uns dabei unterstützt haben.

Weitere Bilder:

Fazit:

Fußball ist noch immer "KEIN" körperloses Spiel und so muß man als aller erstes bemängeln, dass unsere Spieler wohl meinten, erneut ganz ohne Zweikampfverhalten auskommen zu können! Wenn es "Matthes" nicht bald gelingt, diese eklatante Deckungsschwäche abzustellen, werden wir statt "goldenem sonnigen Spätsommer" wohl einen "stürmischen Herbst" an die Strobelallee bekommen. Mag sein, dass die 3 Wochen Spielpause für unsere Jungs Gift waren, aber das ist noch lange kein Grund, sich zum wiederholten Male wie das Kaninchen vor der Schlange den Bayern zum Fraß zu präsentieren! Wo war denn der Heißhunger und der unbedingte Siegeswille?Dass der BVB-Coach es sich leisten kann, auf so einen "kampferprobten Zweikampfspieler" wie Micky Stevic gänzlich zu verzichten, zeigt einmal mehr die fehlende taktische Aufarbeitung des Gegner-Potentials. "Der Alte" hat Sammer wieder mal nach allen Regeln der Kunst - noch dazu in eigener Manege - vorgeführt. Meister gegen Lehrling, nie war es so wahr wie heute... Wer sich an einer personell so arg geschwächten Münchner Mannschaft schon keinen Siegesrausch erkämpft, der braucht an Liverpool erst gar nicht denken. Owen und Heskey werden es unseren "Abwehrtitanen" außerordentlich danken, würden sie gar so allein gelassen...

Noten und Aufstellung:

BVB: Lehmann (4), Evanilson (4), Wörns (3), Kohler (3,5), 71. Bobic ( - ), Dede (4), Reuter (5,5), Ricken (5), Oliseh (5,5), Rosicky (4), Koller (3), Amoroso (5)

Tore: 0:1 Salihamidzic (23.), 0:2 Santa Cruz (59.)

Schiedsrichter: Lutz- Michael Fröhlich, Berlin (4). Pfiff viel zu kleinlich und lag bei einigen Abseitsentscheidungen total daneben.

Zuschauer: 68900 (ausverkauft)

Gelbe Karten: Wörns - Fink, Kuffour

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