Spielbericht Profis

3:0 - ein Triumph der letzten 15 Minuten

25.12.2001, 00:00 Uhr von:  Klopfer
Vor dem Spiel ist bekanntlich nach dem Spiel..........
Vor dem Spiel ist bekanntlich nach dem Spiel..........

Ein 3:0 hört sich überzeugend an und gibt auch allen Anlass zum Jubel. So überragend wie es sich anhört war es allerdings nicht. Geduld und Zittern bis zur 76. Minute war bei den BVB-Fans angesagt um dann den Torrausch der Borussia in den letzten 15 Minuten erleben zu dürfen.

Die Ausgangslage war nach den Spielen des Vortags eindeutig: Gewinnen und dran bleiben, der Verlierer dieser Partie würde in der nächsten Zeit einige Probleme haben, sich in der Spitzengruppe zu etablieren. Ein Sieg für den BVB würde nicht nur den 3. Platz zurückbringen, sondern auch mit einem Punkt Rückstand auf die zweitplatzierten Lederhosen aus München aufschliessen. Außerdem hatten ja die blauen Reviernachbarn mit einer gegönnten 1: 4 Heimblamage gegen Werder Bremen alle Möglichkeiten eröffnet, dass sich der BVB von dieser Kirmestruppe erst einmal ordentlich zu distanzieren konnte und damit den Weg bereitet, reguläre Verhältnisse im Ruhrgebiet langfristig wiederherzustellen.

Allerdings: Der 1.FC Kaiserslautern ist eine Mannschaft, bei der einem BVB- Fan sofort bedrückende Gefühle in der Magengegend aufkommen. Noch ganz frisch in Erinnerung die Begegnung des letzten Jahres, wo der BVB unzählige "Hundertprozentige" hatte, aber letztlich 1:2 verlor - umso schöner, wenn's dann diesmal anders kommt.

Die Beantwortung der Aufstellungsfragen zuerst:

Einige Änderungen gab es, nein - nicht die vermutete - Heiko Herrlich steht nicht in der Anfangsformation für Jan Koller sondern hält sich aber als Alternative auf der Bank bereit. Für Christian Wörns spielt Metzelder, Oliseh für Reuter von Beginn an und vor allem kann Rosicky spielen, dass lässt auf Spielkultur hoffen. " Springer" Heinrich spielt dieses Mal auf der linken Seite für Dede - wohl dem, der zwei Beine hat.

Das Match begann im Regen mit Spielrichtung des BVB auf die Südtribüne, verlorene Seitenwahl, wir Kenner wissen: Ein schlechtes Omen. Aber immerhin zeigten sich die Temperaturen einigermassen brasilianertauglich, was sich noch als hilfreich erweisen sollte.

Trotz der wenigen Big Points waren die BVB-Fans vor dem Spiel guter Dinge.
Trotz der wenigen Big Points waren die BVB-Fans vor dem Spiel guter Dinge.

Beide Fanlager bewiesen von Beginn an schlechtes Benehmen, unsere begleiten die ersten Abschläge von FCK-Torhüter Koch mit einem AWH, die Lauternfans feiern sich mit einer Rauchbombe.

Auf dem Spielfeld gestalten sich die ersten Minuten ruhig, ein paar Freistösse auf beiden Seiten, die in Richtung Tor gehen, aber sonst nichts bewegendes. Dann plötzlich der 6. Min. - wie aus dem Nichts - eine hervorragende Diagonal-Flanke aus halblinker Position von Amoroso auf den freistehenden Koller, aber Koch kann den guten Kopfball unseres Dinos zur Ecke klären, die dann - wie gewohnt - nichts einbringt.

Die erstes Ecke für den FCK in der 12. Minute als Lincoln rechts durch war und Metzelder klären kann. Die folgende Ecke brachte glücklicherweise auch nichts ein, aber danach wurde das Spiel deutlich lebhafter. 15. Minute: Schneller Steilpass von Rosicky auf Ewerthon in die Sturmspitze, der möchte kurz vor dem Torwart an den Ball und kommt zu Fall.

Kein Elfmeter meint der Schiedsrichter - neutrale Fans schliessen sich dem Urteil wohl an, aber wer verlangt denn ernsthaft, dass wir neutral sind ? Ein Strafstoss hätte uns in dieser Spielphase sicher gut getan und für hervorragende Stimmung gesorgt. 20. Min. Freistoss von Rosicky aus halbrechter Position lang und butterweich auf den linken Pfosten, wo Heinrich lauert, aber per Kopf den Ball knapp daneben setzt. Im Weiteren ein munteres Spiel mit mehr Spielanteilen und den besseren Chancen für den BVB. Der FCK hält mit gewohnter Härte dagegen - nichts überhartes, aber doch eine ganze Reihe schmerzhafter Fouls im Mittelfeld gegen den unsere Jungs.

Ewerthon macht in der 26. Min. die gesamte Abwehr des FCK nass und schafft es, den Ball fast über die Torlinie zu dribbeln, aber eben nur fast - kurz davor wird er entscheidend gestört. In der 28. Min dann ein Foul von der rüderen Sorte an Koller, Freistoss aus 22 Metern Entfernung - Oliseh zuckt mit Knie und tut so, als wolle er mal wieder, muss aber noch einen Freistoss lang warten, denn Amoroso schiesst. Er trifft leider auf einen Kopf der Mauer, der den scharfen Schuss zu einer ungefährlichen Bogenlampe mutieren lässt. 33. Min. Evanilson leitet einen Blitzkonter ein, trumpft mit seiner unglaublichen Schnelligkeit auf, geht in der Mitte alleine durch und versucht an der 16m - Linie einen Doppelpass mit Koller, der reagiert zu spät und sorgt für einen Abseitspfiff - das war klar zu schnell für unseren Jan.

Danach gibt es ein rasantes Spiel auf beiden Seiten - eine ganze Reihe sehr guter Angriffe von beiden Mannschaften und die Dortmunder Abwehr zeigte dabei einige Male Nachlässigkeiten. In der 38. Minute Schock im Stadion - Klose wird freigespielt und trifft das Tor, allerdings wird es wegen Abseitsposition nicht gegeben.

39- Minute gelbe Karte für Tomasz Rosicky - der Lauterer Grammozis zeigt hohe Schauspielschule und täuscht eine schwere Verletzung vor. Nach Sichtkontakt mit der Bare wird er spontan geheilt und kann auf eigenen Beinen das Spielfeld vorschriftsmässig verlassen um dann plötzlich frisch genesen weiterzuspielen.

Hektik vor dem FCK-Tor, Georg Koch flippt aus.
Hektik vor dem FCK-Tor, Georg Koch flippt aus.

Die Schlussphase der ersten Hälfte bringt noch Hektik und Powerplay des BVB vor dem Lautern-Tor. Harry Koch foult Amoroso und sieht die gelbe Karte. Jetzt ist aber endlich Oliseh an der Reihe, er hämmert den Ball mit geschätzten 120 km/h in die Mauer. Danach noch einen Freistoss und zwei Ecken für den BVB, allerdings nur für die Statistik - Standardsituationen sind nun mal nicht die Stärke der Schwarzgelben.

In der ersten Halbzeit sahen wir ein lebhaftes Spiel mit Vorteilen für den BVB. Aber so richtig zwingend war alles nicht und wundert sich niemand über den Spielstand von 0:0.

Halbzeit 2

Anfangs nach dem Wiederanpfiff, verhaltenes Spiel. Dann die erste richtig gute Torchance für den FCK - 49. Min. Lincoln ist auf rechts durch, zieht ab und Lehmann kann mit einer Glanzparade soeben zur Ecke klären - aufatmen, Glück gehabt und Dank an Jens Lehmann - das hätte es sein können.

Die "Roten Teufel" bleiben dran und erspielen sich noch einige gute Chancen. Von dem druckvollen Spiel des BVB zum Schluss der ersten Hälfte ist nichts übrig geblieben, dem FCK gehören klar die ersten Minuten der zweiten Hälfte.

Dann die Aufregung in der 55. Min. Amoroso kommt durch einen Fehler seines Gegenspielers Ramzy kurz vor dem Strafraum in Ballbesitz, alle warten, der Weg zum Tor ist frei - schiess oder pass, aber mach was ! Zu spät gibt er auf Ewerthon, der wieder zu Amoroso - viel zu lange - alles vertändelt, die Szene endet mit einem Freistoss für die Roten, da hätte man mehr daraus machen müssen.

Das Publikum nimmt den Ball auf und wird wieder wach, die Südtribüne reagiert. Die Stimmung wird besser, aber die Spielanteile bleiben vorerst zugunsten der Roten. 59. Min., der BVB versucht einen Konter über Rosicky, Malz holt ihn kurz vor der Mittellinie mit einem Bodycheck von den Beinen und bekommt die gelbe Karte. In der 61. Min. kommt Wörns für Heinrich, der noch konditionelle Defizite zeigte und nicht überzeugen konnte. Man sieht Rosicky immer mehr an, dass ihn die Kräfte verlassen, er ist nicht so ganz auf der Höhe, kann das Spiel nicht wie gewohnt dirigieren. In der 66. Min. die logische Konsequenz von Sammer: Micky Stevic kommt für Rosicky, der seiner Verletzung Tribut zollen muss, es ist besser so. Auch Brehme wechselt bei dieser Gelegenheit: Tomasz Klos kommt für Harry Koch.

Die Mitte der zweiten Hälfte dann wieder "schmerzhaftes" Spiel der Lauterner, die weiterhin den Dortmundern den Schneid abkaufen wollen.

Tor für den BVB durch Amoroso
Tor für den BVB durch Amoroso

Aber so langsam wendet sich das Blatt: In der 72 min. ein schöner Weitschuss von Stevic - Koch ist soeben noch dran und kann das 1:0 verhindern und auch die anschließende Ecke von Amoroso ist mal gefährlicher als sonst, Metzelder setzt den Kopfball knapp drüber.

76. Strasser kommt für Malz. Und der BVB bekommt gleich darauf einen Eckball, den Amoroso tritt und die Vorlage Oliseh als Volleyschuss mehr vom Tor weg, als in Richtung Kasten hämmert.

Aber keine Zeit zum ärgern, denn direkt danach gibt es endlich Zählbares. Wörns bekommt den Ball, geht bis zur Außenlinie und bringt den Ball gut für Ricken nach innen, der trifft allerdings nur die Abwehr - dann das plötzliche 1: 0 durch Ewerthon, er bekommt eben diesen Abpraller aus der FCK-Abwehr genau auf den Fuß und lässt sich dieses Geschenk nicht nehmen. Sehr gute Leistung des Schiedsrichters, der Vorteil gelten liess, denn es gab ein klares Handspiel des FCK-Abwehrspielers West im Strafraum, dass er auch anzeigte.

Damit war der Damm gebrochen - wie aufgedreht machten sich die BVB-Spieler auf in Richtung FCK-Tor.

86. Min. Evanilson lässt alle stehen, passt auf Amoroso, der wird immer schneller, hängt seine Abwehrspieler mit einem Supersprint ab hat nur noch den Torwart vor sich und wird im Strafraum klar von hinten gefoult. Den fälligen Strafstoss vollstreckt er selbst - keine Unsicherheit, hart und hoch in die Maschen - der BVB hat ihn endlich, den sichersten 11m - Schützen nach Susi Zorc.

In der 89 .Minute darf dann noch mal Herrlich für Ewerthon ran. Die Südtribühne feiert Heiko, aber ihm gehört nicht der Schlussapplaus, der gilt Amoroso. Er bekommt kurz vor dem Schlusspfiff noch mal den Ball von Stevic, lässt ein paar Gegenspieler aussteigen und macht ihn rein: 3: 0 , das war's dann auch. Und die Bundesliga hat einen neuen Spitzenreiter der Torschützenliste: Marcio Amoroso. Eine ganz starke Partie von ihm und man hatte das Gefühl ein paar Dinger wären noch reingegangen, wenn es noch 10 Minuten Nachschlag gegeben hätte.

Die Pressekonferenz:

PK mit Sammer, Brehme und natürlich Josef Schneck

Was soll man als Trainer dazu sagen ? Sowohl Brehme als auch Sammer beschränkten sich auf Allgemeinweisheiten und Fragen von den Journalisten gab es auch keine. Hier die Kostproben:

Brehme:
Wir sind nach Dortmund gefahren um 3 Punkte zu holen, na klar, das wollen ja alle... Ich muss sagen, bei diesem Ergebnis trotz des 3:0 haben wir ein gutes Spiel gesehen, vielleicht war das Ergebnis 2 Tore zu hoch, herzlichen Glückwunsch an Matthias.

Sammer:
Wir haben zu kompliziert gespielt, der Ball muss der schnellste Mitspieler sein. Um richtig zu überzeugen, haben wir zu wenig Chancen gehabt... Ein Riesenkompliment der Mannschaft, die sich nicht hat aus der Ruhe bringen lassen. Wir müssen immer wissen, das wir das Spiel für uns entscheiden können...Wenn der Druck weg ist, haben wir auch wieder laufen können...Die Mannschaft hat große Moral gezeigt.

Na dann wissen wir ja jetzt, wie's wirklich war.

Fazit: Auf jeden Fall hat es den 4. Bundesligasieg in Folge gegeben und die Tabellenspitze ist auch wieder in Sichtweite. Die letzte Viertelstunde hat richtig Spass gemacht und alles in Allem war es ein erfolgreicher Abend. Bigpoints werden ausnahmsweise mal gewonnen und deutlich besser als die Spiele davor war es auch. Drei Brasilianertore im Spätherbst - was will man mehr - es geht wieder aufwärts.

Die Daten zum Spiel:

Borussia: Lehmann (2) , Metzelder (3), Kohler (2,5), Oliseh (4,5), Evanilson (2), Heinrich (4) - 61. Min. Wörns (3), Rosicky (3) - 66. Stevic (2,5) , Ricken (3), Ewerthon (2,5) - 89.Min. Herrlich, Koller (3,5) , Amoroso (1,5).

Der 1. FC Kaiserslautern (ganz ohne Noten): Koch, Hengen, Ramzy, Grammozis, Lokvenc, Lincoln, Riedl, West, Koch, Klose, Malz

Gelbe Karten: Rosicky - H. Koch, G. Koch.

Tore: 1:0 Ewerthon (72.), 2:0 Amoroso (87., Foulelfmeter), 3:0 Amoroso (89.).

Schiedsrichter: Lutz Wagner (2) - etwas theatralisch - sonst eine Klasseleistung

Zuschauer: 66.000

Die Süd kann feiern
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