Helden in schwatzgelb

Alfred Preißler "Grau is alle Theorie...!"

24.05.2001, 13:22 Uhr von:  Wade

Am 9. April feiert der bis heute erfolgreichste Torschütze des BVB, Adi Preißler seinen 80. Geburtstag. Doch Adi Preißler war mehr als ein exellenter Stürmer und Spielmacher. Er war eine der wenigen echten Persönlichkeiten, die der deutsche Fußball in seiner langen Geschiche hervorgebracht hat. Das schwatzgelb.de Team hat aus gegeben Anlaß ein ausführliches Interview mit Adi Preißler geführt, dass wir in den nächsten Tagen online stellen werden. Als Einstimmung auf das Interview wir heute unser Serie "Helden in schwatzgelb" mit Adi Preißler fortgesetzt.

Wohl eins der schönsten Bilder aus der Vereinsgeschichte des BVB. Adi Preißler mit der Meisterschale 1956

Über Adolf Alfred Preißler, kurz Adi genannt, wurde viel geschrieben und erzählt. Doch am treffensten beschrieb den Dortmunder Ausnahmestürmer einmal ein Sportjournalist: "Adi Preißler ist einer der gescheitesten Spieler, die je über eine Fußballwiese gelaufen sind."

Borussia Dortmund verfügte zu dieser Zeit über eine Mannschaft voller Spielerpersönlichkeiten, doch Adi Preißler war wohl der herausragendste Charakter in diesem Dream-Team. Die Zuschauer liebten ihn. Adi war ein Mann nach ihrem Geschmack. Er konnte bissig sein, böse oder kritisch, doch niemals falsch oder unehrlich. Er war immer ein Mann der klaren Worte. Wie in seiner aktiven Zeit verabscheute Adi Preißler auch heute noch die Schönrednerei im Fußballalltag.

Er lebte Fußball und so gingen ihm auch schon mal die "Pferde" durch, wie einmal in Köln, als Kapitulski einen Ball neben das Tor schoss, von dem Adi sagte: "Den hätte ich mit dem "Ohrläppchen" rein gemacht." Preißler war so sauer, dass er über das halbe Spielfeld lief und "Kappi" in den Hintern trat. Wenige Minuten später machte Kapitulski alles richtig und versenkte das Leder im Kölner Tor. Adi Preißler rannte darauf zu ihm hin und schmatzte ihm einen dicken Kuss mitten ins Gesicht.

Preißler war spätestens nach seiner Rückkehr aus Münster der Boss der Elf. Auf ihn hörten sie. Seine Autorität ging sogar über den Kreis der Mannschaft hinaus.

Als die Dortmunder Zuschauer einmal laut randalierten, weil Borussias Spiel nicht so lief wie erwartet, pflanzte Adi sich vor der Tribüne auf, legte den Finger auf die Lippen und machte "Pssst...", das Publikum lachte ... so war er "Ihr Adi".

Der BVB, seine große Liebe

Bei Adi Preißler zählte nur ein auf´n Platz: 100% Einsatz!

Geboren wurde Alfred Preißler am 9.4.1921 in Duisburg. Der hervorragende Techniker begann seine Fußballerlaufbahn in seinem Stammverein Duisburg 1900 (1929-1941), in dem auch der spätere deutsche WM-Torhüter Toni Turek seine ersten Fußballschritte lernt.

Der exellente Techniker war weit mehr als ein guter Stürmer. Ausgestattet mit der Fähigkeit ein Spiel zu lesen und seine eigene Spielweise den taktischen Begebenheiten des Spiels anzupassen, macht er bereits als 18jähriger auf sich aufmerksam.

Mit der Duisburger Jugendstadtauswahl (insgesamt ca. 20 Einsätze) gewann er 1939 durch ein 2:0 Sieg über Wanne-Eickel in Chemnitz die Deutsche Jugendmeisterschaft.

Am 6. Februar 1941 wurde er Soldat und spielte in Wuppertal-Ronsdorf. Nach seiner Rückkehr aus Russland spielte er bis 1945 für die WSG Minden. Dort lernte er auch seine aus Dortmund stammende Frau kennen. Mit ihr zog er nach Dortmund -Husen und spielte dort ein Jahr für Husen 19 und dem SuS Kaiserau.

Eines Tages saßen der Präsident des BVB, Rudi Lückert, und Obmann Männe Lerch bei Adi Preißler im Wohnzimmer. Sie überzeugeten Preißler zur Borussia zu wechseln und am 1. August 1946 trägt er zum ersten mal die schwarzgelben Vereinsfarben, die er bis heute so liebt: "Meine Karriere begann erst richtig, als ich nach dem Krieg und einer langen Soldatenzeit nach Dortmund verschlagen wurde. Ab 1946 spielte ich für null Mark für den BVB, der bis zum heutigen Tage meine große Liebe geblieben ist", bekennt er freimütig.

Tore für die Ewigkeit

Wenn Adi (Mitte) vor dem Tor aufkreutzte brannte es meist lichterloh. (rechts Niepieklo)

Von 1946 (mit einer zwei jährigen Unterbrechung, 1950 - 52 Preußen Münster) bis 1959 spielte er für Borussia Dortmund. Neben zwei deutschen Meisterschaften (1956 und 1957, einmal Vizemeister 1949) führt er die Borussen zu weiteren sechs Westdeutschen Meisterschaften.

Preißler bestritt für den BVB in der Oberliga West 241 Spiele und erzielte 145 Tore, dazu kamen 22 Spiele (14 Tore) in den Endrunden um die Deutsche Meisterschaft, sowie 10 Einsätze (8 Tore) im Europacup und einen Einsatz (1 Tor) im DFB Pokal. Bis heute ist Adi Preißler mit 168 Toren der Rekordtorschütze des BVB. 1949 (25 Tore) und 1950 (24 Tore) wurde er Torschützekönig der Oberliga West.

Fleisch für die Eckbälle

Alfred Preißler im Einsatz

Das große Geld ließ sich damals noch nicht mit dem Fußballspielen verdienen. Ganz im Gegenteil, bis 1949 verdienten die Spieler offiziell null Mark. Der Anreiz zu einem größeren Verein zu wechseln lag in Vergünstigungen und besseren Arbeitsplätzen. "Da gab es Kartoffeln,manchmal Gemüse und wesentlich seltener auch einmal Fleisch, damit wir nachmittags den Eckball in den Strafraum bekamen." Dieses war mit ein Grund, der Adi Preißler dazu bewegte seine Heimatstadt Duisburg zu verlassen. "Für die Titelgewinne in Berlin gegen Karlsruhe (4:2) und in Hannover gegen den HSV (4:1) strichen wir gerade mal eine dreistellige Prämie ein", erinnert sich Adi Preißler.

Eine unglaubliche Karriere nimmt ihren Lauf

1947/48 steht er im ersten Oberliga - Kader der Borussen und bestreitet sogar 2 B - Länderspiele. Schon 1949 schien der erste Deutsche Meistertitel für Preißler greifbar nahe. Doch in der "Sonnenschlacht" von Stuttgart unterliegt der BVB vor 93.000 !! Zuschauern dem VfB Mannheim mit 2:3 in der Verlängerung.

Borussia war klarer Favorit u. ging auch erwartungsgemäß mit 1:0 in Führung. Doch die unglaubliche Hitze und großes Verletzungspech setzte an diesem Spieltag den technisch überlegnen BVB Mannschaft stark zu. Der VfB Mannheim hatte an diesem Tag das nötige Glück auf seiner Seite. Borussia unterlag und Adi Preißler musste auf seine erste Deutsche Meisterschaft warten.

Der 100.000 Mark Sturm

Foto aus der Privatsammlung von Adi Peißler: Mit Wittmung von seinem Freund Fritz Walter

Trotz aller Bekenntnis zum BVB wechselt Preißler von 1950 bis 1952 kurzfristig zu den Preußen aus Münster. "Damals erlag ich einem Angebot, der mir einen besseren Arbeitsplatz bringen sollte", erinnert sich der früher als technischer Angestellter arbeitende Mittelfeldspieler. Er wird mit Hilfe des damaligen Preußenpräsidenten und Bauunternehmer Overmann Tankstellenpächter.

Der Abstecher nach Münster bringt ihm aber auch weiteren sportlichen Erfolg. Er bildet mit Josef Lammers, der schon seit 1946 bei den Preußen spielt, Siegfried Rachuba, Rudi Schulz und "Fiffi" Geritzen, den "100.000 Mark Sturm", der in diesen 2 Jahren mit Sicherheit internationalen Ansprüchen genüge tat.

Mit den SC Preußen Münster zieht er 1951 ins Endspiel um die Deutsche Meisterschaft ein. Obwohl Preußen Münster 90 Minuten auf ein Tor spielt, geht das Finale in Berlin mit 2:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern verloren. Adi Preißler hat dieser Niederlage immer sehr nachgetrauert, denn auch sein 2. Anlauf eine Deutsche Meisterschaft zu gewinnen, schlug somit fehl.

Länderspielkarriere ist nur kurz - zwei Einsätze

Adi Preißler mit Sepp Herberger

Seine guten Leistungen im Preußentrikot bleibt auch dem Bundestrainer, Sepp Herberger, nicht verborgen. So kommt er innerhalb eines Monats (1951 gegen Österteich und Irland) zu seinen ersten zwei Einsätzen im Nationaltrikot. Doch diese beiden Einsätze bleiben auch die letzten für Preißler. Adi verwindet es nie, daß er nur zweimal für Deutschland spielen durfte.

Das er nur auf zwei Einsätze kam hat mit Sicherheit mehrere Gründe. Zum einen liegt es daran, daß Sepp Herberger zumeist Fritz Walter als Spielgestalter vorzog und seine Stammposition durch Walter Morllock besetzt war. Ein weitere Grund ist sicher auch, dass er die besten Jahre seiner Laufbahn im Krieg verbrachte. "Die Nazis haben mir ganz bestimmt 50 Länderspiele geklaut" erregt er sich noch heute.

Zu guter letzt kam noch hinzu, dass Adi mit seiner Meinung nie hinter dem Berg hielt und es war bekannt, dass Herberger solche Spieler nicht besonders liebte. Herberger hatte seine eigene Meinung über die Borussenspieler, die sich nicht mit der Ansicht des Fußballvolkes deckte. Als Preißler einmal von Herberger darauf hingewiesen wurde, das er nach seiner Meinung zu viel Fummeln würde , gab im Adi zur Antwort: "Herr Herberger, wenn Sie einen Fußballer haben wollen, der nicht dribbeln kann, den können sie gleich wegjagen."

Die Rückkehr des verloren Sohnes

Das zweite Jahr bei Preußen Münster brachte nicht mehr den erwünschten sportlichen und beruflichen Erfolg und so entschloß sich Adi Preißler 1952, obwohl er einen neuen Vertrag bei Preußen Münster unterschrieben hatte, nach Dortmund zurückzukehren.

"Nach meiner Rückkehr nach Dortmund machten wir uns ab 1952 daran, selbst unter Trainer"Bumbas" Schmidt meisterschaftsreif zu werden. Doch der große Wurf gelang dann aber erst unter Helmut Schneider 1956", schildert er kurz und knapp die erfolgreiche zweite Phase bei der Borussia.

Preißler, Schlebrowski und Trainer Schneider bei der Trainigsarbeit

Doch es war viel mehr, als diese kurze und knappe Schilderung von Adi. Borussia Dortmund hatte unter Trainer Schmidt die Vorherrschaft der Schalker in der Oberliga West gebrochen. Dortmund verfügte über ausgezeichnete Einzelspieler, die in jeder anderen Mannschaft eine Führungsrolle inne gehabt hätten.

Der Borussen-Sturm hieß damals Peters-Preißler-Kelbassa-Niepieklo-Kapitulski. Mit Preißlers Rückkehr aus Münster kam der Erfolg.

Preißler ist nicht nur Spielführer der Meistermannschaften von 1956 und 1957. Im Sturm trug das Innentrio aller drei Stürmer den Vornamen Alfred. Als "die drei Alfredos" gingen sie in die Fußballgeschichte ein und wurden zum Schrecken der deutschen Torwart-Garde.

Dieses Trio stand für eine Trefferflut, die in der alten Oberliga West unerreicht bleibt. Mit insgesamt 175 Toren in zehneinhalb Spielzeiten wird der Regisseur und zweimalige Nationalspieler Ende 1999 zum "Torjäger des Jahrhunderts" in Dortmund gekührt.

Deutscher Meister 1956, oder der Gewinn des Kuchentellers

Einlauf zum Endspiel 1956 im Berliner Olympiastadion ( re. Preißler)

1956 sollte es endlich so weit sein. Borussia war mit drei Punkten Vorsprung vor Schalke wieder Westdeutscher Meister geworden. Mit nur einer Niederlage wurde der BVB Gruppensieger und die Ergebnisse sprachen für sich: 5:0 gegen den HSV, 4:1 gegen den VfB Stuttgart, 6:0 gegen Victoria 89 Berlin. Als Gegener hatte sich der Kralsruher SC qualifiziert. Endspielort war das Berliner Olympiastadion.

Preißler zieht im Mittelfeld geschickt die Fäden

In Berlin fanden zeitgleich die Filmfestspiele statt. Am 24. Juni 1956 saßen unter den 75.000 Zuschaeuern im Olympiastadion auch Hollywood-Star Gary Cooper. Doch an diesem Tag wurde er von den Menschen im Stadion kaum beachtet. Borussia Dortmund besiegte in einem der wohl besten Endspiele um eine Deutsche Meisterschaft den KSC mit 4:2. Adi Preißler selbst trug sich als Torschütze zum 3:1 in die Statistik ein.

Nicht Gary Cooper war der Held an diesem Tag. 75.000 Menschen starrten auf den untersetzen Mann mit dem lichten Haar. Er hielt die silberne Schale hoch über den Kopf und noch bevor der DFB Präsident Dr. Bauwens seine Dankesrede beenden konnte, drehte sich Adi Preißler zu seiner Mannschaft um und sagte: " Freunde, den Kuchenteller holen wir uns nächstes Jahr wieder!" Und Preißler sollte Recht behalten...

Deutscher Meister 1957, die Meister bitten zum Finale

Zum 2. Mal Deutscher Meister nach 1956 in exakt der geleichen Aufstellung. Obere Reihe v.l.: Sandmann, Niepieklo, Kelbassa, Bracht, Kapitulski, Schlebrowski, Trainer Schneider unten: Michallek, Kwiatkowski, Preißler, Burgsmüller, Peters

Borussia war in dem Jahr nach der ersten Deutschen Meisterschaft noch abgeklärter, noch routinierter geworden. Die Meistermannschaft war zusammengebleiben und bildete unter Trainer Schneider eine verschworene Gemeinschaft. Ohne Punktverlust zogen sie als Gruppenerster vor den Offenbacher Kickers, dem 1. FC Kaiserslautern und Hertha BSC ins Endspiel. Der Gegener war diesmal der Hamburger SV.

Niepieklo, Kwiatkowski und Preißler drehen eine Ehrenrunde nach dem 4:1 Sieg über den HSV

Doch hinter den Kulissen des BVB gab es Streit zwischen den Spielern und dem Vorstand. Die Spieler kannte ihren Wert und wollten am großen "Reibach" des Vereins teilhaben. Die Mannschaft wusste was sie zu leisten im stande war. Sie kannten ihren Wert. Das Wort "Kündigung" war das meistgenannte in den Tagen vor dem Endspiel. Vor allem Adi Preißler, Alfred Kelbassa und Helmut Kapitulski legten dem Vorstand entsprechende Briefe auf den Tisch. Erst kurz vor dem Spiel gab Dortmunds Vorstand nach.

So gingen die Spieler auf den Platz und "zelebrierten" Traumfußball. 75.000 Zuschauer im Hannoveraner Niedersachsenstadion mussten das Gefühl haben, der Ball sei verzaubert. Es herrschte ein unglaubliches Verständnis unter den Spielern. Kein Stürmer hielt seinen Platz, scheinbar sinnlos liefen Preißler und Kelbassa, Peters und Niepieklo durcheinander. Die Hamburger, vor allem Posibal, konnten den Zuschauern fast leid tun.

Nach 26. Minuten stand es bereits 3:1 für den BVB. Die Mannschaft schaltete einen Gang zurück, sehr zum Unmut der Zuschauer. Man gewann letztendlich mit 4:1. Selten war in einem Endspiel um eine Deutsche Meisterschaft eine Mannschaft so überlegen.

...wichtig is auf´n Platz!

In der Saison 1957/58 bestritt Adi Preißlers noch 26 Spiele (13 Tore), doch in der Saison 1958/59 neigt sich seine Karriere dem Ende zu. Die meisten Spieler der Meistermannschaft beenden alters- und verletzungsbedingt ihre Laufbahn. Adi Preißler, mittlerweile 38 Jahre alt, wurde vom damaligen Trainer Max Merkel noch einmal reaktiviert, um für ein halbes Jahr so große Talente wie Timo Konietzka an die rauhe Oberligaluft zu gewöhnen.

Danach beendet Adi Preißler seine aktive Laufbahn. Doch der Fußball läßt ihn nicht los. Er wechselt die Seiten und wird Trainer. Seine erste Trainerstation ist Borussia Neunkirchen. 1963 übernimmt er für 3 Jahre das Traineramt in Pirmasens. Danach geht Adi Preißler für drei Jahre zum Wuppertaler SV.

Seinen größten Erfolg als Trainer hat er mit Rot-Weiß Oberhausen. Er übernimmt die Mannschaft 1968 und steigt mit ihr 1971 in die 1. Bundesliga auf. 1971 verläßt er für zwei Jahre Rot-Weiß Oberhausen und trainiert nochmals Borussia Neunkirchen. Von 1973 bis 1976 kehrt er noch einmal nach Oberhausen zurück.

Ab 1976 bis 1982 trainiert Adi Preißler mit viel Erfolg Amateurclubs aus der Region. Hauptberuflich war er noch bis 1987 als Sportlehrer im Jugenddorf Niederrhein in Moers tätig.

Am 9. April 2001 feierte Adi Preißler seinen 80. Geburtstag. Er lebt heute immer noch in Duisburg.

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