Eua Senf

Gästeautoren: Warum bin ich eigentlich Borusse? - Teil 1

22.01.2001, 13:00 Uhr von:  Gastautor

Die Frage war provokativ gestellt und Eure Antworten ließen natürlich nicht lange auf sich warten. Nach dem veröffentlichen Artikel von Jens und seiner Aufforderung: Schreib auch DU uns, warum Du Borusse geworden bist, erreichten unsere Redaktion zahlreiche Zuschriften zu diesem Thema. Eine kleine, erste Auswahl möchten wir an dieser Stelle veröffentlichen. Ihr könnt selbstverständlich auch weiterhin noch über Eure schwatzgelben Erfahrungen berichten. Wir weisen vorsorglich darauf hin, dass alle hier veröffentlichten Berichte nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wiederspiegeln müssen.

Artikel 1:

Madrid, Santiago Bernabeu: 110.000 gehen da rein. Auch hier wollten tausende Borussen natürlich live dabei sein

Ich war damals 10 Jahre alt und mein Vater hatte mir immer vorgelebt ein BVB-Fan zu sein. Das war 1991! Mein erstes Spiel, daß ich live gesehen hatte, war ein Auswärtsspiel beim 1.FC Kaiserslautern. In der damaligen Saison 1991/1992 wurde der BVB Vizemeister und ich fand es superfaszinierend, wie viele Menschen sich auf dem Friedensplatz in Dortmund versammelt hatten, um die Vizemeisterschaft zu feiern. Stuttgart wurde Meister und hatte auf seiner Feier nicht mal annähernd [ca. 3000, die Red.] so viele Fans, wie der BVB. Von da an wußte ich, das der BVB etwas ganz Besonderes war. Ich bekam einige Zeit später auch mein erstes Trikot geschenkt. Von Stund an war ich natürlich BVB-Fan, natürlich noch nicht so fanatisch wie heute! Dann kam 1993, das UEFA-Cup-Finale gegen Juventus. Ich war damals bei einem Schulfreund und wir sahen das Spiel gemeinsam im Fernsehen. Als Micha Rumenigge das 1:0 schon nach einer Minute erzielte, war ich noch auf der Toilette! :-((( Danach fielen nur noch Tore gegen Dortmund!

Trotzdem war die Stimmung im Westfalenstadion absolute Spitze. 1994 dann mein erstes Spiel allein ohne meinen Vater (ich war erst 13!). Es war ein Auswärtsspiel in Frankfurt! Der BVB hatte zwar 4:1 verloren, aber trotzdem machten die 10.000 BVB-Fans im Waldstadion in Frankfurt die Fans der Eintracht mit lauten Sprechchören naß... So etwas finde ich einfach unbeschreiblich. Dann kam in der selben Saison das Heimspiel gegen Scheiße!!!!! Der BVB gewann am Ende 3:2. Doch in diesem Spiel kam für mich die Erkenntnis, daß der BVB ein Großteil meines Lebens werden würde. Ich stand (leider) im Schalker Block, weil ich keine andere Karte mehr bekommen hatte. Mein Bruder war damals Spieler in der F-Jugend des BVB und daher war ich noch über Umwege an eine Freikarte auf der Nordtribüne gekommen. Die Schalker gingen in Führung und ich mußte mir nun die hämischen Gesänge anhören. Doch dann, als Chapuisat das 1:1 erzielte war ich natürlich außer mir vor Freude. Daraufhin bekam ich einen Schlag auf mein rechtes Ohr (man muß den Schalker Fans ein großes Kompliment machen, wie sie mit Kindern umgehen!). Ich merkte, daß ich total am Bluten war. Ich muß dazu sagen, daß mein Trikot in der Wäsche gewesen war und ich mir vorher ein gelbes T-Shirt gekauft hatte! Dieses hatte ich mit sämtlichen BVB-Mustern bemalt und war auch mächtig stolz darauf. Durch das Blut war mein T-Shirt natürlich ruiniert. Ich mußte in den Sanitätsraum unter der Nordtribüne, um behandelt zu werden. Obwohl ich starke Schmerzen hatte, nachdem die Wunde hinter dem Ohr genäht worden war, wollte ich dieses Spiel unbedingt weiter verfolgen. Der BVB gewann, wie schon geschrieben, mit 3:2. Danach mußte ich eine Woche in Krankenhaus. Mein Ohr war halb abgeschlagen worden (mit einem harten Gegenstand). Insgesamt mußten „7“ Stiche gemacht werden.

Am Ende dieser Saison gewannen wir die Meisterschaft und auch ich weinte vor Freude. Dann kamen natürlich noch die Höhepunkte mit der Meisterschaft von 1996, dem CL-Gewinn 1997, Weltpokalgewinn 1997 usw. Heute muß ich sagen, daß sich im Verein und in der Fanszene sehr viel geändert hat. Der Verein kommt nicht mehr so herzlich rüber, wie noch vor 5-6 Jahren. Unter den Fans ist leider nicht mehr diese Gemeinschaft da, wie das damals noch der Fall war. Natürlich sind viele Modefans auf den BVB-Zug aufgesprungen, als die großen Erfolge da waren. Das sind heute die Leute, die im Stadion pfeifen. Ich würde nie auf die Idee kommen und pfeifen. Das macht ein "wahrer" Fan einfach nicht! Die Mannschaft weiß, daß in jeder Saison über eine Millionen Menschen ins Westfalenstadion rennen und sich die Kehle wegbrüllen, um die Mannschaft siegen zu sehen. Jeder Spieler hatte sicherlich einmal den Traum, vor einer solchen Kulisse spielen zu dürfen. Unsere Spieler wissen das zu schätzen! Nur - es sind keine Maschinen, die immer 5:0 gewinnen können.

Bei mir ist es so: Wenn der BVB einmal oder auch mehrmals verliert, dann steigert das mein „Fanbewusstsein“ noch mehr in die Höhe, als bei Siegen. Gerade dann hänge ich die Schals usw. in mein Auto, gerade dann, höre ich BVB-Musik, gerade dann schaue ich mir Videos aus alten Zeiten an.

Heute wohne ich in Hamburg und fahre zu allen 34 Spielen in der Liga. Ein Wochenende ohne den BVB ist so schlimm wie Scheiße 04. Gerade auch aufgrund dieser Tatsache denke ich, ein Borusse durch & durch zu sein....

geschrieben von Stefan


Artikel 2:

Rom, spanische Treppe. In “zweimaligem Besitz“ der Dortmunder Schlachtenbummler (1992/93 und 1994/95)

Ich wurde Borusse wie viele andere auch. Als ich sieben war, nahm mich mein Onkel zum ersten mal mit ins Stadion. Danach war ich beim 1 gegen 1 spielen, bei uns in der Hofeinfahrt immer Dortmund. Mit 14 Jahren dann, bin ich mit einem Freund das erste mal ohne Erwachsenenbegleitung ins Stadion gegangen. "Er ging ich blieb"!

Ich lebte diesen Club, ich sammelte alle Berichte aus Zeitungen, der Samstag war der Höhepunkt der Woche, Obwohl wir nie richtig gut waren in dieser Zeit.

Dann kam die Zeit der Erfolge die ich genossen habe. "Wir waren endlich wer" . Wer die Zeit davor nicht mitgemacht hat, kann das nicht begreifen. Ich verschloß die Augen für das, was rund um und mit Borussia passierte.

Na ja, die Uhr ist wahrscheinlich nicht zurück zu drehen. Egal , ich jedenfalls bin und bleibe Borusse.

PS. An die, die dafür verantwortlich sind: Siege gegen „blau-scheiß“ sind immer noch so schön wie früher!!

geschrieben von
tguenne


Artikel 3:

Turin, Stadio delle Alpi: In den 90´er Jahren (3 x) fast schon eine 2. Heimat für Dortmunder Fans im Europapokal

Wie ich Borusse wurde, ist gar nicht mal so eine lange Geschichte. Aber trotzdem war es ein (vielleicht auch der) wichtigste Tag meines Lebens. Es war an einem ganz normalen Wochentag und obwohl es keine Fotos oder Berichte meiner Verwandten davon gibt, kann ich mich noch ganz genau an den Wortwechsel erinnern. Ich war 6 Jahre alt und die Saison 93` neigte sich dem Ende zu. Mein Opa holte mich vom Kindergarten ab und ich fragte ihn: „Was ist Fußball“ (weil andere Kinder im Kindergarten davon sprachen)? Mein Opa antwortete nur, er sei „Borussiafan“ und wenn ich wollte, dann würde er mir mehr über den Sport erklären. Kaum zu Hause nahm mich mein Opa auf seinen Schoß und erzählte mir mit seinen Erlebnissen und Fotos was es heißt, ein Borusse zu sein. Ich zögerte nicht lange bis ich fragte, ob ich auch ein Borusse werden dürfte. Das war wahrscheinlich einer der glücklichsten Momente im Leben meines Opas (in meinem wohl auch). Das erste mal in Dortmund war ich dann mit 7 auf dem Friedensplatz bei dem legendären 95´ger Meisterschaftsfinale gegen den HSV. Ich kann mich noch gut erinnern. Auch 1996 war ich wieder dabei. Und immer öfter bin ich dann auch zu immer unbedeutenderen Spielen hin, bis ich eine „SÜD-Dauerkarte“ von meinem Opa bekam. Und der absolut glücklichste Moment in meinem Leben war dann 1997, als ich „neben dem Sofa“ lag und geweint habe vor lauter Freude das wir da oben sind und ich es miterleben darf!

geschrieben von ruhrpottrabauke


Artikel 4:

München, Stadt ungeliebten Protzertums. Der größte Coup: 1. Deutscher Champions-League Sieger überhaupt!
Zu aller erst muss ich Euch beichten, dass ich nicht immer auf der Seite der „Dortmunder Borussia“ gestanden habe. Ich komme ursprünglich aus der Nähe von Koblenz, wo man geografisch gesehen, mit Bundesligafußball nichts am Hut hat.


Als kleiner Bub war ich wegen meiner Großmutter Fan der anderen Borussia [der kleinen Borussia, Anm. d. Red.], die heute ihr Leben in der 2. Liga fristet. Ich habe von denen einen Schal gehabt und in der Bettwäsche dieses Vereins geschlafen. Mein erstes fußballerisches Erlebnis war 1980 als 8 jähriger die UEFA-Pokal-Niederlage in zwei Spielen gegen Eintopf Frankfurt (3:2, 0:1, Fred Schaub, ich habe Dich gehasst!). Dann später, als es dieser Borussia schon nicht gut ging, wurde ich zum Modefan und habe umgeschwenkt auf einen zu Ende der ´80 und Anfang der Neunziger erfolgreichen Verein, dessen Namen ich hier nicht nennen möchte. Soviel sei verraten, ich habe mich über den Pokalsieg von Dortmund 1989 nicht gefreut.

Dann kam das Jahr 1991. Auf einer Fete in Gütersloh habe ich, in Koblenz wohnend und eingeladen von Leuten, die ich aus einem Aufenthalt in Wien kannte, ein Mädel kennen gelernt, die ihrerseits „meine Wien-Leute“ aus Winterberg kannte (Na, noch alles klar?).

Und dieses Mädel ist aus Dortmund. Kennen und lieben gelernt, schenkte sie mir eine Eintrittskarte für ein Spiel gegen den FC Bäh. Und so fand ich mich, der vorher nur ein mal das Müngersdorfer Stadion von innen gesehen hatte, 1992 auf einem Stehplatz in der alten Nordtribüne wieder, beim glanzvollen 3:0 Sieg gegen einer damals unter Heynckes arg schwächelnden B*yern-Mannschaft. Dieses Spiel möchte ich vergleichen, mit dem ersten Spiel des, hier auf diesen Seiten schon oft zitierten Buches "Fever Pitch" von Nick Hornby. 3:0 gegen die B*yern, 42000 tobende Zuschauer, die diesen Gegner mit lautstarken "Absteiger!"- Rufen nach Hause schickten!

Danach ging es für mich Schlag auf Schlag. Die ersten weiteren Karten über den Schwarzmarkt bezogen, heute mit Dauerkarte, durfte/musste ich Spiele erleben wie das Lars-Ricken-3:1-gegen La Coruna, bei dem man sich über die Erdbebensicherheit der Süd Gedanken machen musste. Das Steffen-Freund-0:1 in "Borussia-erobert-Rom", wo 8000(!) Dortmunder nach dem Spiel im leeren Olympiastadion riefen: "Roma, wir hören nichts". Dezember 1994 in Hamburg (4:0) wo bei Minustemperaturen Susi Zorc´s Hattrick uns warm schoß! Duisburg im Mai 1995, wo nach einem 0:2 Rückstand scheinbar alles vorbei war und doch noch ein 3:2 durch Reuter rauskam. Die ersten Tränen gab es dann auch für mich am 17.06.95 auf der Süd nach dem Sieg gegen den HSV und der gewonnenen Meisterschaft. Natürlich auch unvergessen, München 1997, wo ich einen überraschten, mir nicht bekannten Fußballfan neben mir auf der Tribüne minutenlang umarmen musste [komisch, das mussten viele in diesen Stunden / die Red.].

Seit 3 Jahren wohne ich jetzt selbst in Dortmund und böse Zungen behaupten, ich wäre nicht wegen meiner heutigen Frau hierhin gezogen, sondern wegen meiner Borussia.

Warum bin ich ein Borusse? Ich wurde Borusse durch die Fans des BVB, die mir ein Gefühl gaben, das ich zuvor so nie erlebt hatte. Und heute weiß ich, dass ich dadurch, dass ich 1989 noch auf der falschen Seite gestanden habe, in meinem Leben einiges verpasst habe.

In diesem Sinne: NUR DER BVB!

geschrieben von der_tommes


Fußball ist das Spiel, BORUSSIA seine Seele

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