Im Gespräch mit...

..Jörg Heinrich: Borusse durch und durch

21.12.2000, 13:00 Uhr von:  Jens BoKa

Unmittelbar vor seinem wohlverdienten Urlaub, haben die Chefredakteure von schwatzgelb.de "BVB-Allrounder" Jörg Heinrich (31) im Trainingslager besucht. Es entwickelte sich ein munteres Gespräch. Nachfolgend nun seine Antworten auf unsere "bohrenden" Fragen...

Jörg Heinrich

schwatzgelb: Jörg, die Hinrunde ist um - Dein Fazit?

Jörg Heinrich: Ja, ich glaub, daß die beiden Siege gegen Unterhaching und in Rostock sehr, sehr wichtig waren, um zu sehen, wo der Weg hinführt. Und gerade jetzt, wo wir gewinnen konnten, haben wir die Chance genutzt, um uns da oben wirklich für eine längere Zeit fest zu setzen. Ich glaube, es war aber auch ein positiver Trend in den letzten Wochen schon zu erkennen.

Das war ja auch noch nie so leicht wie jetzt, im Moment kann in der Bundesliga jeder jeden schlagen.

Jörg Heinrich: Ja, es gibt im Augenblick keine Topmannschaft, die sich absetzt. Alle, die sogenannten Favoriten haben Probleme ihre Spiele zu gewinnen, Bayern und Leverkusen lassen Federn und das ist für uns natürlich eine riesen Chance da oben ein Wörtchen mitzureden. Und im Augenblick sieht es für uns gut aus, ich glaube, wir haben eine gute Chance da oben noch ne Weile zu bleiben.

Nun kommt einem als BVB-Fan das ja sehr bekannt vor. Letztes Jahr standen wir auf Platz 1 bis wir an einem Sonntag gegen einen ?Verein von der Weser? gespielt haben und plötzlich ging es nach hinten los. Ist die Mannschaft denn jetzt gefestigter oder kann man davon ausgehen, daß die Mannschaft so einen Rückschlag heute wegstecken würde?

Jörg Heinrich: Ich weiß nicht genau, was letztes Jahr alles vorgefallen ist. Ich glaub, diese Saison gab es sehr viele Unruhen in der Mannschaft, auch schon, als sie noch ganz vorne standen - und daß die ganz großen Probleme erst dann kamen, als der Erfolg nicht mehr da war. Also da hat es offensichtlich schon vorher rumort in der Mannschaft. So was ist im Augenblick bei uns nicht erkennbar. Ich glaub, hier kann jeder dem Anderen in die Augen schauen, es macht Spaß zu trainieren und untereinander gibt es so gut wie keine [wenn dann höchstens ganz kleine] Probleme. Nur dann kann man auch Erfolg haben und das wollen wir ja schließlich letztendlich alle. Wir müssen jetzt sehen, daß wir so konzentriert weiter arbeiten und vorn dran bleiben.

Aber wie können wir uns das vorstellen? Jetzt verliert die Mannschaft gleich zwei Mal gegen ?diesen Verein, gegen den sie nicht ums Verrecken verlieren darf? und ausgerechnet beim zweiten Mal in Gelsenkirchen zeigt sie eine ?Nichtleistung?. Danach wird sie natürlich abgewatscht in der Öffentlichkeit und Millionen von BVB-Fans müssen monatelang Trauer tragen. Wie geht die Mannschaft eigentlich mit so etwas um?

Jörg Heinrich: Sicherlich, es ist ein Derby und es geht um sehr sehr viel für viele Dortmunder, die hier geboren sind - nur letztendlich gibt es in dem Spiel nicht mehr als 3 Punkte. Auch ich hätte ganz gern gewonnen in Schal*e, daß wollen wir mal ganz klar feststellen, nur im Augenblick haben wir wohl ein Problem mit Schal*e. Aber wenn wir dann am Ende wieder vor ihnen stehen - und wir werden alles dafür tun - dann hoffen wir ja natürlich auch, daß ihr uns diese Niederlagen verzeihen werdet.

Klar, im Grunde stehen wir am Ende immer vor Ihnen, das ist ja bekannt, aber...

Jörg Heinrich: Ja, ich glaube auch, daß es dieses Jahr wieder so kommt, und ich weiß, daß es auch im Februar wieder ein heißes Derby ist und daß es eben für viele Fans ?alles bedeutet?. Für viele unserer Fans ist es daß Spiel der Spiele, aber es gibt keine 7 oder 8 Punkte dafür, sondern es gibt nicht mehr als 3 Punkte. Und damit müssen wir ja auch leben. Wir mehr als jeder andere. Klar würde ich gerne gewinnen, nur im Augenblick waren sie in den beiden Spielen klar besser als wir und wir haben verdient verloren. Das ist schade. OK, da müssen wir durch und wie gesagt, wir haben ja noch eine Möglichkeit im nächsten Jahr und dann wollen wir doch mal sehen, was da noch möglich ist (grinst schelmisch).

Ja was denn?

Jörg Heinrich: Ja ich denke, wenn es ein drittes Mal so nach hinten los geht, dann dürften wir wohl unseren Glauben verlieren, also es kann ja wohl auch nicht noch mal sein...

Uns ist aufgefallen, daß, in dieser Saison viele Tore durch schlampige Ballverluste, im Mittelfeld entstanden sind. Exemplarisch war da wahrscheinlich das 2:1 gegen Kaiserslautern, von dieser Querpaß von Dedé, wo alles aufgerückt war. Kann man das erklären?

Jörg Heinrich: Man will unbedingt gewinnen, nur man muß sich eigentlich dann zwar nicht zufrieden geben in der 86. Minute, aber man muß dann auch sagen: OK, scheiße, es ist dann eben halt nur ein Punkt. Wir haben alles getan. Die hatten, weiß ich nicht wie viel, insgesamt nur drei Torchancen, ne zwei, glaube ich. Die haben ganze zwei Mal geschossen und zwei Tore gemacht. Und da muß man eben auch abgebrühter werden und sagen OK, es ist ein scheiß Tag, heute geht die Pille nicht rein und dann spielst Du eben 1:1 und mußt den Punkt mitnehmen. Und wenn Du das auch gegen ´60 so machst, hast Du zwei Punkte mehr, mindestens.

Und wir hätten zu jeder Zeit vor „den Blauen“ gestanden...

Jörg Heinrich: Also das sind so Sachen, das ist das, was wir auch vorrangig ganz, ganz schnell lernen müssen, daß wir diese einfachen Fehler einfach nicht machen. Aber wir wollen dann zu viel und spielen den Ball, wo der Mitspieler fünf Meter daneben steht. Statt den leichten Ball versuchen wir dann eben über 25 Meter den Traumpaß zu spielen. Genau und das müssen wir ganz schnell abstellen, daß wir wirklich besser schauen, daß der Ball bei uns ist, dann kann der Gegner ihn nicht haben, vor allem kann der Gegner dann kein Tor schießen. Das versuchen wir in jedem Training besser zu machen aber wir merken doch, daß wir da noch ein bißchen Zeit brauchen. Wir sind da noch viel zu hektisch und müssen viel ruhiger und eben wirklich noch viel einfacher spielen.

Außerdem fällt auf, daß wir häufig viele Bälle nach einem Abstoß verlieren.

Jörg Heinrich: Ja, da haben wir ein Problem.

Jörg Heinrich mit Jens Lehmann

Es ist ja bekannt, daß Jensi Lehmann noch nie ein großer Abstoßprofi war.

Jörg Heinrich: Ne, aber das ist auch ganz einfach zu erklären. Wir haben vorne keinen Kopfball -Spieler im Moment, jedenfalls keinen richtigen und da merkt man auch, daß uns Heiko sehr fehlt. Wenn ich sehe, Victor, Billy oder Otto Addo sind mit dem Kopf eben nicht so stark und wenn da hinten zwei solche Felsen stehen, ist der Ball schnell weg. Viele Vereine haben große Spieler in der Abwehr und da sollten wir vielleicht einfach öfter auch mal einen flachen Abstoß probieren.

Das schreit ja dann nach Kovacevic...

Jörg Heinrich: Ne, ich mein ja nur. Über Heiko hat ja auch der ein oder andere gesagt, er wäre nicht der beste Techniker - nur ich hab immer ganz, ganz gern mit ihm gespielt, weil unter Druck brauchtest Du ihm einfach das Ding nur nach vorne kloppen und da war Heiko dann da. Der hat das Ding mit dem Kopf immer gekriegt oder sich irgendwie da rein gehauen und alles gegeben, was er drauf hatte.

Filigrane Technik ist ja auch nicht alles...

Jörg Heinrich: Sicher nicht, das muß man auch mal sagen. Deswegen fehlt er mir sehr, weil er die langen Bälle immer haben wollte...

Hast du nicht mitbekommen, daß Darko Kovacevic im Gespräch ist, JuventusTurin hat den Transfer schon versehentlich als vollzogen gemeldet...


Jörg Heinrich: Ne, hör ich zum ersten Mal.

Stand schon in allen italienischen Gazetten und auch auf der Homepage von Juventus Turin.

Jörg Heinrich: Ja wenn uns ein Spieler weiterhilft, ......

Du kennst ihn sicher, oder?

Jörg Heinrich: Wir können jeden guten Spieler gebrauchen, auf jeden Fall. Also da hätten wir nichts dagegen, selbst wenn wir auf einer anderen Position spielen müssten. Wenn es ein guter Spieler ist - gute Spieler helfen uns immer.

Hast Du eigentlich denn noch gegen ihn gespielt - in Florenz?

Jörg Heinrich: Ja..... wie haben wir da gespielt? Ich überlege gerade. Zu Hause glaube ich unentschieden. Ja sicherlich ist es ein guter Spieler, ich weiß aber nicht, wie weit der Verein ist oder ob etwas dran ist. Keine Ahnung.

Die italienische Liga hat ja viele solcher Typen. Ich meine, Du hast 2 Jahre ja selber mit dem Mythos „Batti-Gol“ [Gabriel Batistuta, die Red.] verbracht. Wie ist das eigentlich so? Was ist an diesem Menschen so besonderes dran, daß er überall so eine Faszination auslöst?


Jörg Heinrich: Ich glaube er ist jetzt im 9. Jahr in Italien und hat in jedem Jahr mindestens 20 Tore geschossen und das ist im Weltfußball - glaube ich – einmalig! Gerade bei der Spezialität der Italiener, das destruktive Abwehrspiel, ist es schon gigantisch so viele Tore zu schießen, und das jedes Jahr. Und großartig verletzt war er auch nicht, 5 Verletzungen glaub ich bloß, ich mein, er hat zwar Verletzungen gehabt, ist auch immer wieder ausgefallen, aber er ist immer auf seine 20 Tore gekommen und das ist unglaublich. Für mich ist das einer der besten Spieler auf der Welt und ich bin davon überzeugt, daß er dieses Jahr wieder 20 Kisten macht, die wird er machen. Ich glaube, er hat inzwischen schon wieder 9 Mal für die Roma getroffen!

Er spielt da ja eigentlich auch in einer Weltauswahl.

Jörg Heinrich: Ja, kann man so sagen. Das schöne ist, daß er als Mensch sehr, sehr angenehm ist, also es hat sehr viel Spaß gemacht mit ihm zu trainieren. Er ist ein wunderbarer Mensch, immer ganz angenehm.

Überhaupt, wie fandest du eigentlich so die Italiener, die italienische Begeisterung der Tifosi? Kann man das irgendwie vergleichen mit Deutschland?

Jörg Heinrich mit Kahn

Jörg Heinrich: Ja, schon, aber nirgendwo anders als in Deutschland sind die Stadien eigentlich voller, muß ich sagen. In Italien gibt es Top-Spiele, da brennt dann der Baum, da sind sie alle begeistert, da spucken sie Feuer und dann sind wiederum so Spiele, gegen Abstiegskandidaten, da haben dann die größeren Vereine wie Juve und die Mailänder Clubs, oder auch die anderen Clubs Riesenprobleme ihre Stadien voll zu kriegen. Dann haben die halt gegen Venedig oder gegen Reggiana nur 15.000. Und das ist eben das Schöne hier in Dortmund - das passiert nicht. Also wir spielen hier gegen Unterhaching und da sind dann wieder 60.000 im Stadion. Und das ist hier sicherlich kein Nachteil...

Kommen wir mal zurück zur Meisterschaft. Borussia war ja eigentlich bis zum Jahr 1997 traditionell stark in der Rückrunden, hat also sehr viel Boden gut gemacht und auch gelegentlich tolle Serien hingelegt. Bist du der Meinung, daß wir in diesem Jahr, jetzt mal berücksichtigt, daß wir noch Verstärkung bekommen werden in der Winterpause, dann in der Rückrunde auch wieder mal so eine Serie starten können, daß unser Publikum auch wieder zu einer richtigen Einheit zusammengeschweißt werden kann?

Jörg Heinrich: Ich weiß nicht genau, was und ob im Winter was passiert. Gut wir kriegen Sörensen, daß steht ja jetzt fest. Man muß schauen, wie schnell er sich einlebt und in wie weit er uns weiterhelfen kann. Das müssen wir sehen. Außerdem glaube ich schon, daß wir eine gute Mannschaft auf den Platz kriegen, wenn alle an Bord sind und daß ist das größte Problem hier in Dortmund, immer alle fit zu kriegen. Denn dann kommt auch wieder Spielfluß in unser Spiel und schon macht das den Fans auch wieder mehr Spaß zuzugucken.

Sicherlich, aber natürlich ist Dir auch aufgefallen, daß sich seit 1996, also als Du zum BVB kamst, vieles verändert hat, auch in Dortmund. Die Stimmung des Westfalenstadions ist sicher nicht mehr so besonders, oder?


Jörg Heinrich: Sehe ich anders, muß ich sagen. Das Stadion ist größer geworden und dadurch wird es auch lauter, da mehr Leute da drin sind. Also ich muß ehrlich sagen, ich finde nicht, daß die Stimmung schlechter ist als vorher.

Vielleicht nimmt man das auch als Profi nicht so wahr, wenn man da auf dem Rasen spielt. Da ist man ja auch so konzentriert und motiviert, daß man vielleicht so was nicht mitkriegt...


Jörg Heinrich: Man nimmt es sehr gut wahr, wenn man sich warm macht, vor dem Spiel und da kriege ich immer eine Gänsehaut, jedes Mal, wenn ich auf dem Platz bin.

Wir hatten ja früher, so zu der Zeit die ich gerade angesprochen hab, auch das Ritual, daß die Spieler einzeln begrüßt wurden von der Südtribüne, daß gibt es ja heute gar nicht mehr, zum Beispiel. Das ist nur eins der Dinge...

Jörg Heinrich: Das kenne ich aber auch nicht mehr.

Ist das nie angekommen? Das war immer sehr laut, eigentlich. Da gab früher z. B. einen Fangesang extra für Dich, das war ein Duogesang mit Paul Lambert...


Jörg Heinrich: Ach ja - ja, ja, doch, das kenne ich...

Diese Art von Gesang findet heute so gar nicht mehr statt.

Jörg Heinrich: Ist auch nicht unverständlich, weil wir erst mal eine ganz andere Mannschaft haben, mit einem ganz anderen Gesicht und die Spieler, die damals da waren, die hatten alle 50 / 60 Länderspiele, das waren Stars. Die Stars haben wir nicht mehr. Wenn man jetzt mal guckt, wir haben einen Otto Addo, der kommt aus der 2. Liga, Billy Reina hat auch 2. Liga gespielt, Metzelder kommt aus der Regionalliga. Wir haben viele Spieler, die müssen erst mal [ja weiß ich nicht] die müssen sich erst mal beweisen und das werden, was wir damals für eine Mannschaft hatten. Also Kalle Riedle, Chapuisat und Matthias Sammer, also wir hatten da eine Truppe, das waren gestandene Spitzenspieler. Jürgen Kohler, Stefan Reuter, sind davon ja noch da.

Jörg Heinrich im Zweikampf gegen den FCK

Das waren alles Leute, die halbe Mannschaft hatte fast immer Länderspiele für Deutschland und jetzt haben wir 100 Länderspiele alle zusammen auf dem Platz, und da hat sie beinahe jeder einzelne gehabt. Und das ist auch ein großer Unterschied zu früher. Das ist eine ganz andere Mannschaft, mit einem ganz anderen Gesicht, mit ganz anderen Spielern von der Erfahrung her.

Die aber noch ein großes Entwicklungspotential hat.

Jörg Heinrich: Ja, klar. Ich glaube, wir brauchen noch ein bißchen Zeit. Ich denke aber, daß wir uns schon da vorne festsetzen können, also wir müssen nur ein bißchen mehr Kontinuität reinkriegen und nicht diese Auf- und Abfahrt, daß wir auch in allen Spielen wirklich einen Punkt machen und nicht in den letzten 5 Minuten verlieren. Das ist uns 2 Mal zu Hause passiert, obwohl wir besser waren, sogar klar besser waren - gegen Hertha und 1860...

Gut, da wurdest Du ja gefoult, das war irregulär, das Tor.

Jörg Heinrich: Ja, es hat aber leider gezählt, daß ist ja das Problem.

Gehen wir noch einmal ganz kurz nach Italien zurück. Was meinst Du, woran kann es liegen, das im UEFA-Cup mit Parma Inter und Roma gleich 3 Vertreter in direkten Duellen gegen deutsche Mannschaften die nächste Runde erreicht haben?

Jörg Heinrich: Ja, AS Roma war auch ein haushoher Favorit...

Klar, der HSV war chancenlos, aber die Anderen?

Jörg Heinrich: Hertha habe ich mir angesehen. Ich hab mich vor dem Fernseher sehr geärgert, weil sie in der 2. Halbzeit Inter an die Wand gespielt haben. Hertha mußte das Spiel eigentlich 2:1 gewinnen - dümmer kann man nicht verlieren. Und dann wären 2 deutsche Mannschaften weitergekommen... Also das sehe ich nicht, daß die Mannschaften in Italien besser sind - das sehe ich wirklich nicht so.

Aber Du hast ja mal gesagt, daß der italienische Fußball taktisch reifer ist, aber es fehle ihm das Herz. Warum sind denn die Azzuri da so weit vorne?

Jörg Heinrich: Ja, weil sie da hinten in der Abwehr taktisch disziplinierter - ja was heißt disziplinierter - da stehen sie auf ihrem Platz wo sie hingestellt werden und da bleiben sie auch stehen. Und in Deutschland wird einfach versucht das 2. Tor zu schießen, wenn man 1:0 führt. Da geht auch mal ein Abwehrspieler mit nach vorn und baut Druck auf. Und in Italien bleibt der dann hinten. Und dann hat der seine Aufgabe hinten keinen vorbei zu lassen und da interessiert das keine Socke, ob der einmal oder zweimal über die Mittellinie geht und eine Flanke schlägt. Und in Deutschland wird eben öfter versucht, noch ein Tor zu schießen und damit die Entscheidung frühzeitig zu erzwingen, so sehe ich das.

Also von „taktischer Disziplin“ sind wir beim BVB ja weit entfernt, wenn man unsere Gegentore mal anschaut.

Jörg Heinrich: Hmhm.

Also wirklich nur die 3 auf den Abstiegsplätzen haben mehr reingekriegt als wir.

Jörg Heinrich: Ja, wir hatten eine ganz bescheidene Phase vor 3 bis 4 Wochen und gerade die letzten 9 Spiele waren ja wenig berauschend. Reichlich Gegentore haben wir da bekommen. Und da müssen wir weiter hart dran arbeiten. Klar, das da ist eine „Schießbude“ gewesen und das müssen wir abstellen.

Du hast ja auch gelegentlich als Libero gespielt vor der Abwehr, hinter der Abwehr, halb linkes Mittelfeld, sogar schon links Außen. Also wenn einer den Namen "Allrounder" verdient hat, dann sicher Du.


Jörg Heinrich: Ja, das ist es, was ich vorhin schon sagte. Ich glaube, daß wir wirklich mal alle Leute an Bord haben müssen, weil das dann endlich mal aufhört. Letztendlich ist das schon OK, mal aushelfen, aber nicht in 15 Spielen 14 verschiedene Positionen spielen, da geht das nicht. Da kann man nicht das bringen, wozu man wirklich normalerweise in der Lage ist und das ist das, was ich mir zu Weihnachten wünsche, daß das endlich mal aufhört, und das man feste Positionen findet. Weil wir jetzt gegen Ende der Hinrunde endlich mal Glück hatten, konnten wir das erste Mal in dieser Saison mit der gleichen Mannschaft spielen. Das wäre auch sehr wichtig, daß man sich da einfach mehr einspielen kann... das da jeder mal weiß, mit dem spiele ich zusammen, der ist da und der ist da, so kann man natürlich viel besser und kombinationssicherer zusammenspielen. Das ist natürlich ein riesiges Problem, diese ständige Wechselei.

Ja, wenn Stefan Reuter jetzt noch wiederkommt, auch Sunday Oliseh hat zuletzt ja überragend gespielt als Libero, dann sind die Möglichkeiten für Dich auch zentraler zu spielen da. Wäre das denn eine Position die du gerne spielen würdest?


Jörg Heinrich: Ja, das schon. Deshalb bin ich auch ursprünglich im Rückraum. Das hatte mir der Trainer jedenfalls gesagt, daß er mich in dieser Position am liebsten sehen würde und das hat mir auch gefallen. Deshalb bin ich ja auch gekommen und das ist auch mein Weihnachtswunsch, den ich habe, daß ich das spielen kann in der nächsten Zeit. Auch ruhig mal öfter hintereinander, kontinuierlich und ich glaub dann kann ich auch noch viel mehr geben - dem Verein geben und der Mannschaft.

Ich denke da jetzt gerade so spontan... vor meinem inneren Auge läuft gerade Dein Spiel in Freiburg, ich glaube gegen Bayern war es, wo Du so überragend gespielt hast, daß Michael Meier eigentlich sofort runterfahren wollte, um Dich schon vor der Winterpause zu holen.


Jörg Heinrich: Keine Ahnung - war das so? Ich weiß es nicht.

Ein Tor selbst gemacht, 2 vorbereitet, glaube ich.

Jörg Heinrich: Ja, das kann sein. Gegen Bayern... macht besonders viel Spaß.

Kommen wir doch einmal zum Nachwuchs. Der BVB setzt ja seit Jahren verstärkt auch auf den eigenen Nachwuchs. Was sollten wir, mit Blick auf Italien und die Talentsichtung besser machen?


Jörg Heinrich: Über den italienischen Nachwuchs kann ich eigentlich nicht so viel sagen. Ich hab da ja nicht so viel Kontakt gehabt. Wir haben einmal in der Woche, immer donnerstags, gegen die A-Jugend ein Spiel gemacht, so zwei Mal 30 Minuten und da sieht der Trainer natürlich schon einiges. Ich weiß nicht, ob man das hier auch machen sollte. Ich glaub aber auch, daß wir einiges vorhaben, nicht nur in Dortmund sondern in Deutschland, da doch mehr zu tun, was auch notwendig ist und sicherlich könnte man da natürlich auch mal die A-Jugendlichen auch dann kennenlernen. Denn so kennt man nicht viele Leute, jetzt im Augenblick trainieren ein paar bei uns mit, die kennt man dann schon nach einiger Zeit, die 4 oder 5 aber mehr auch nicht.

Wem traust Du von denen den Sprung zu, die bei Euch mittrainieren?

Jörg Heinrich: Ja, der Emanuel Krontiris hat natürlich ein sensationelles Potential, ja! Der ist noch sehr jung, also ich glaub, der kann es noch am ehesten schaffen und wer war denn da noch alles, da muß ich erstmal überlegen.

Deniz Sahin?

Jörg Heinrich: Der trainiert schon seit langem nicht mehr bei uns, ich weiß gar nicht warum?

Francis Bugri?

Jörg Heinrich: Ja, Francis Bugri, genau und Florian Thorwart, dazu noch der Amateur-Torwart. Ja also der „Flori“, ich muß auch sagen, der hat auch sehr, sehr gute Voraussetzungen, um es zu schaffen.

Der ist immerhin U-18-Kapitän...

Jörg Heinrich: Also, ein sehr guter Mann. OK, da muß man auch ein bißchen Glück haben, ich hatte es auch... bei mir hat es allerdings ein bißchen länger gedauert, aber ich bin ja dann nach Freiburg gekommen und da lief es einfach phantastisch. Der Trainer hat mich einfach spielen lassen und da gehört auch ein bißchen Glück dazu, daß man öfter mal reinrutscht, eine gute Mannschaft hat und erfolgreich spielt, dann kann man auch um so schneller den Sprung schaffen.

Also die Nachwuchsarbeit von Borussia war ja unter Michael Skibbe auch lange Zeit die erfolgreichste in Deutschland. Dennoch hat, mit Ausnahme jetzt von Christian Timm, eigentlich keiner so richtig den Sprung geschafft, sich im Profikader dauerhaft durchzubeißen. Ist das ein Generationsproblem oder sind die Jungs einfach nicht gut genug?

Jörg Heinrich beim Torjubel mit Emmauel Krontiris

Jörg Heinrich: Ne, das ist, was ich gerade sagte, da braucht man sehr viel Glück. Also vom Jugend-Bereich zum Senioren-Bereich. Das ist schwierig, wenn man mit 17 / 18 dann auf einmal bei den Männern spielt, die sind teilweise bis zu 10 Jahre älter. Der Jürgen Kohler könnte fast der Vater sein von Bugri oder Emma. Der hat mehr Länderspiele auf dem Buckel, als irgendwer anders, also der kann der mir sicherlich viele Tips geben... Aber die Jungs müssen natürlich auch bereit sein, diese Unterstützung anzunehmen. Dann muß man auch beißen und da gibt es auch schwierige Phasen in diesen Zeiten den Sprung zu schaffen. Man spielt öfter mal nicht, im Nachwuchs hat man aber immer gespielt und da braucht man dann natürlich auch wieder das Glück, daß da die Position gerade frei ist, daß man am Besten spielen kann. Vielleicht macht man mal ein Tor und dann kommt man mal wieder rein und so kann man sich in eine Mannschaft reinspielen.

Sicherlich hast Du Glück gehabt, aber Du hast ja auch eine gute Fußballausbildung genossen. Die Fußballinternate in der ehemaligen DDR waren ja für Dich das Sprungbrett in die Profikarriere. Was würdest Du heutigen Nachwuchskickern empfehlen oder raten, was sollten sie tun um sich zu verbessern?


Jörg Heinrich: Ich würde mich erstmal freuen, wenn es diese Internate so schnell wie möglich wieder gebe in Deutschland, weil es für mich als Bub eine sehr interessante und schöne Zeit war. Ich war zwei Jahre auf dieser Sportschule und das war sehr viel Fußball mit einem bißchen Schule verbunden, also das war sehr angenehm. Wir Jungs mußten ja sowieso auch zur Schule und ich habe immer sehr gerne Fußball gespielt. Das passte natürlich und deswegen habe ich mich auch immer auf jedes Training gefreut. Und da gab es auch keine Geburtstagsfeier oder so, die da vorging, da bin ich täglich zum Training gegangen und hab geackert. Du mußt ja einfach Spaß am Sport, oder Spaß am Fußball haben, dann kannst Du Dich auch verbessern und dann wirst Du auch immer besser. Und viel mehr nicht. Du mußt einfach nur Spaß daran haben und dann geht es auch voran.

Kannst Du Dir vorstellen nach Deiner BVB-Karriere hier in die Jugendarbeit zu gehen und damit dem Fußball in einer wichtigen Funktion erhalten zu bleiben?


Jörg Heinrich: Ja, kann ich mir. Gut sogar. Also ich kann mir sicher nicht vorstellen Bundesligatrainer zu werden, weil ich glaube, dass das nichts für mich ist. Allein schon dieser tägliche Streß. Außerdem ist man als Trainer ja auch zeitlich noch viel mehr eingebunden wie als Spieler und ich glaub das möchte ich dann nicht mehr haben. Nachwuchsarbeit könnte ich mir sehr gut vorstellen, da mit den Jungs zu arbeiten weil das auch sehr, sehr viel Spaß machen wird mit Kindern oder Jugendlichen. Im Nachwuchs kann man noch am meisten vermitteln. Da lernen die Leute auch noch was. Im Seniorenbereich wird es dann schon schwieriger. Das ist sicherlich eine interessante Möglichkeit später mal für mich.

Du hast ja auch einen großen Vorzug - deine Beidfüßigkeit, das ist ja relativ selten, gerade hier wurde das wenig ausgebildet. War das eine Spezialität praktisch in den Fußballinternaten oder war das nur Glück, das Dein Trainer da speziell bei Dir drauf geachtet hat?


Jörg Heinrich: Naja, jein, oder beides. Ich hab selbst darauf geachtet. Man muß auch ein bißchen Eigeninitiative da ergreifen, daß man das auch will. Immer, wenn der Ball dann auf den schwachen Fuß kommt, daß man den dann auch so nimmt und wenn erst mal am Anfang nur ein Ei draus wird. Da lachen die anderen Spieler dann vielleicht zwei Mal darüber und dann ist es auch nicht mehr so schlimm. Sicherlich gehört auch ein bißchen Talent dazu. Ich hab mich gleich vom ersten Tag an nicht so dumm angestellt und dann darf man eben auch keine Angst haben, den schwachen Fuß auch nehmen zu müssen. Also meine Trainer haben natürlich schon darauf geachtet, das muß ich auch sagen, die haben auch gesagt jetzt nimm den Fuß, wenn der Ball da hin kommt und lauf nicht drum herum! Also die haben auch schon aufgepaßt, so ist das nicht. Nur letztendlich fiel es mir, glaube ich, wesentlich leichter als manch anderem.

Nun wird ja auch Matthias Sammer, jetzt in der Funktion des hauptverantwortlichen Trainers von vielen gefeiert und als großes Glück verstanden, weil „Matthes“ eben, wie kaum jemand anderes es versteht, diesen eisernen Willen vorzuleben. Bist Du nicht auch der Meinung, daß unsere jungen Spieler eine größere Chance wohl nie mehr bekommen können als jetzt, den Sprung zu schaffen?


Jörg Heinrich: Ich weiß nicht genau, ob die Chance jetzt größer ist, als früher?

Er gilt ja als großer Förderer der Nachwuchsarbeit. Er läßt sich ja schon sehr häufig bei Spielen der Jugend und der Amateure sehen. Das war ja bei anderen Trainern nicht unbedingt so zu verfolgen...


Jörg Heinrich: Ja, das ist richtig. Nur ich weiß nicht, ob es deswegen mehr bringt und sie dadurch motivierter sind, es zu schaffen. Das bleibt abzuwarten und da muß man auch erst mal sehen, wie gut sie letztendlich dann wirklich sind.

Es gehört ja schon was dazu, wenn man mal so einen 16-jährigen Gambino da reinwirft in der zweiten Halbzeit.

Jörg Heinrich: Ja, klar, da gehört sicherlich Mut zu, aber da muß man dann durch. Der Trainer sieht sicherlich auch, daß die Leute eine gewisse Klasse haben und er macht das ja nicht, um irgendjemandem einen Gefallen zu tun. Letztendlich will jeder Trainer seine Mannschaft nach vorne bringen und gewinnen, bzw. versucht das beste herauszuholen für die Mannschaft und für den Verein. Und wenn dann jemand wirklich so gut ist, warum sollte er dann nicht spielen? Da spielt das Alter doch keine Rolle. Ich weiß aber nicht, ob es jetzt eben mehr Leute schaffen oder nicht, wie früher, also das wird abzuwarten bleiben...

Hat er sich verändert?

Jörg Heinrich: Wer? Der Trainer? In seiner neuen Aufgabe? Weiß ich nicht genau. Er hat eine neue Aufgabe, das ist klar. Er sieht es jetzt aus der Sicht eines Trainers und nicht mehr aus der Sicht des Spielers.

Und er war ja schon als Spieler hart, aber ich denke, er wird sicherlich nicht weicher geworden sein, jetzt, oder?

Jörg Heinrich: Nein, aber das auch ist gut so. Ich glaube, das ist auch wichtig, daß das da jeder weiß wer vor ihm steht. Für mich sowieso kein Problem, ich hab das Glück, auch bei ihm spielen zu können. Sicherlich kann man schon sagen, daß er das Profidasein wirklich immer vorgelebt hat und daran hat sich nichts geändert. Nur - er ist jetzt Trainer, er hat jetzt andere Aufgaben und ich weiß nicht, ob er sich da so gravierend verändert hat. Schwer zu sagen. Er ist nicht mehr mein Mitspieler, er ist jetzt mein Trainer – und ja, da spricht man schon anders miteinander, das ist ja auch klar. Aber, ob er sich da verändert hat? Nein, also ist mir nicht aufgefallen.

Was uns noch interessieren würde: Seit Ihr Spieler eigentlich immer gut informiert was so in den Medien geschrieben wird?

Jörg Heinrich: Ich lese... ja, was lese ich? Ich überlege gerade. Videotext lese ich, aber sonst... (lacht)

Da ist ja der Weg zum Internet nicht weit, oder?

Jörg Heinrich: Ja, aber bin ich leider noch nicht drin... keine Ahnung davon. Ich weiß nicht mal... also null Ahnung vom Internet, aber ich werde sicher auch bald... Ich hab mich schon erkundigt bei jemandem. Also ich hab vor, da in nächster Zeit etwas zu tun. Hab aber im Moment auch gar keine Zeit dazu.

Dann wird natürlich www.schwatzgelb.de sicherlich Deine Pflichtlektüre werden?

Jörg Heinrich: Ja, so was in der Richtung (lacht schelmisch). Ich glaub, das kann ein richtig süchtig machendes Hobby sein, diese Surferei. Ich habe das öfter schon von Freddy gehört.

Ja. Die Spieler stehen ja sogar schon in Kontakt mit uns und es gibt auch jemanden ominöses, der als Insider uns ab und zu mal berichtet, wie es so in den Trainingslagern ist. Wir haben bis heute noch nicht rausgefunden, welcher Spieler das ist, aber wir werden natürlich weiter daran arbeiten. Wobei der Kreis der Spieler, die im Internet sind, ist ja sicherlich noch überschaubar, oder?


Jörg Heinrich: Ja, ich glaub es gibt in Dortmund nicht so viele. Ich hab´s jetzt erst letztens gelesen, was war das noch für eine Zeitung, da standen so sieben oder acht Spieler aus der Bundesliga drin und wer da selbst seine Mails beantwortet oder wer gar nichts macht. Das hab ich irgendwo gelesen, ich weiß gar nicht mehr wo. Aber sonst bin ich eher der Meinung, das wächst erst gerade. Die fangen jetzt erst alle an. Also Spieler, so fix wie Freddy gibt es, glaube ich, nicht so viele.

Kannst Du Dir denn vorstellen, das es in Zukunft auch für Dich wichtig wird, das man über das Internet mit seinen Fans kommunizieren kann?

Jörg Heinrich im Training mit Tomas Rosicky

Jörg Heinrich: Ja, ich weiß ja nicht, was das für Ausmaße annimmt. Ich weiß nicht, wie viel Post man da kriegt, wie lange man da dran sitzt. Das ist jedenfalls individuell leichter zu bearbeiten als Briefe. Zur Zeit ist es doch so, daß ich meine Briefe noch ganz gut überblicken kann und die beantworte ich auch noch alle selbst.

Natürlich ist das Risiko groß, daß es dann mehr wird. Aber schön ist schon das, weil es auch für den Schreibenden praktischer und einfacher wird.


Jörg Heinrich: Also ich muß ganz ehrlich sagen, wenn ich so etwas da im Internet und mit einem Gästebuch mache, dann würde ich auch wollen, daß ich die Fragen selbst beantworte und nicht, daß das jemand anderes macht. Ich weiß das aber auch nur vom Hörensagen.

Das werden wir auch nicht weiter verraten dann.

Jörg Heinrich: Ne, ich sag ja, ich hab leider zu wenig Ahnung davon im Moment, aber wer weiß?

Was wir überhaupt nicht begreifen, ist daß Ihr zu Hause den Gegner nicht mal in seinem eigenen Strafraum sofort attackiert. Wenn Ihr aus den Kabinen kommt, könnt Ihr doch die erste viertel Stunde mal richtig vorne drauf gehen, die dann zu Fehlern zwingen und früh in Führung gehen, dann ist der Gegner schon unter Druck und kann sich nicht mehr hinten reinstellen. Das vermissen wir seit Jahren. Egal, wer BVB-Trainer ist, die Mannschaft wartet immer geduldig an der Mittellinie, bis der Gegner dann schön in Ruhe seinen Spielaufbau praktiziert.


Jörg Heinrich: Ja Ok, da kann man sich streiten. Das ist Taktik, die wird vorgegeben und man braucht auch ein bißchen Glück. Wir haben in den letzten, weiß ich nicht, fünf Spielen drei mal nach fünf Minuten geführt. Aber da ist dann noch lange keine Ruhe drin und dann is noch lange nicht sicher, dass man das Spiel gewinnt.

In „Buer“ haben wir auch geführt nach drei Minuten.

Jörg Heinrich: Wo?

In Gelsenkirchen,

Jörg Heinrich: Ach ja, Herne-Ost.

NEIN. West!

Jörg Heinrich: West ist das? Also Ihr wißt schon, was ich meine. Und trotzdem haben wir das Spiel verloren und haben keine Ruhe reingekriegt. Also da drauf gehen oder nicht, wenn du das Spiel gewinnst, dann war es alles richtig, aber wenn Du es verlierst, ja da kannst du dann immer hinterher heiß über Taktik diskutieren! Ich denke schon, daß wir ganz gut gespielt haben zu Hause, in der letzten Zeit. Ausgenommen Wolfsburg in der zweiten Halbzeit und auch in der Ersten in Köln und gegen Hertha. Da ist verdammt das Ergebnis nicht das Richtige gewesen aber das Spiel wurde erkämpft. Es ist immer wieder unglaublich, wie man so schnell die Punkte abgibt. Aber ich glaub schon, daß wir da auf einem guten Weg sind.

Wenn dieser psychologische Vorteil, zweite Halbzeit auf Süd zu spielen, den ja Eure Vorgänger hatten, z.B. Dickel und Mill, die haben grundsätzlich dann in der zweiten Halbzeit noch dann die eine oder andere Bude gemacht. Dieser Gedanke, der muß in die Köpfe der Spieler wieder rein, daß man auf diese gigantische schwatzgelbe Wand zuspielt.


Jörg Heinrich: Ja, man darf es aber auch nicht übertreiben - weil wenn Du die scheiß Wahl vorher verlierst, dann hast Du vor dem Anpfiff schon hier ein Problem und sagst "oh, Scheiße, jetzt müssen wir zuerst auf die Südtribüne und erst in der zweiten Halbzeit auf die andere Seite". Das auch noch. Und das Spiel können wir ja dann sowieso nicht gewinnen. Ne, so ungefähr.

Ja, so denken wir ja auch.

Jörg Heinrich: Ja, klar, da darfst Du am Anfang eben nicht so denken. Klar, habe ich das auch ganz gern, wenn wir da stehen und wir werden da stehen, und Du widersetzt Dich hier der Seitenwahl.

Wir haben doch jetzt konditionell wesentlich mehr drauf, also eine ganz andere Situation wie es noch im letzten Jahr war und das sieht man ja auch. Also muß doch dann die Möglichkeit bestehen, den Gegner in den letzten 20 Minuten noch einmal richtig einzuschnüren, oder? Da haben wir dann immer den Eindruck, daß dann so diese Angst im Kopf mitspielt, daß man sich das dann nicht mehr zutraut. Gerade nach so einem Fehler wie gegen Lautern, ist dann im nächsten Spiel garantiert wieder nicht damit zu rechnen...

Jörg Heinrich beim Spiel gegen Bayer Leverkusen
Jörg Heinrich: Kann sein........ kann aber auch nicht sein. Das ist es aber, das geht ja nicht nur uns so, ich glaub das ist normal, wenn Du auswärts mit einer Bude zurückliegst, also im Prinzip die Heimmannschaft 1:0 führt. Die letzten 20 Minuten da mobilisieren die dann alles, da kommt ein dritter Stürmer, da kommt ein vierter Stürmer, da wird das Ding mit aller Macht nach vorne gekracht und dann stehst Du zu Hause auf einmal böse hinten drin. Das kommt vor. Aber es geht nicht nur uns so. Nur da kommt dann eben das wieder, was derzeit unsere große Schwäche ist. Da muß Du eben Luft holen und das 2:0 machen und das gelingt uns im Augenblick noch nicht, weil wir zu viele Ballverluste haben. Wir verlieren einfach noch zu oft den Ball. Zu einfach. Da kommt wirklich der einfache Paß dann nicht an, denn wenn der kommen würde und es wäre dann auch noch einer frei vorm Tor und der letzte Paß bei uns, der ist nie sofort 100-prozentig verwertbar. Und da der dann meistens auch noch ohne nennenswerte Bedrängnis ist... man, da machen wir immer saudumme Fehler. Und da müssen wir schnell mit dem lieben Gott reden, das wir dann auch mal das 2:0 machen und dann das Spiel entschieden haben, denn dann machen wir auch noch ein drittes und ein viertes Ding. Wenn ich sehe, wie oft da zur Zeit die Mannschaften 4:0 gewinnen jetzt hier in den letzten Wochen, das gibt es doch gar nicht. Hertha gewinnt in Frankfurt 4:0 und Schalke gewinnt da in Rostock mal eben 4:0 und die schießen alle Tore wie die Meister. Wir haben aber doch auch genau so viele Chancen, nur wir schaffen es einfach nicht, das zweite Tor zu machen. Und wenn wir das zweite Tor machen, brechen die anderen dann auch ein. Siehe Unterhaching.

Wenn wir in eine Chancentabelle schauen, dann sind wir bestimmt ganz oben.

Jörg Heinrich: Das glaube ich auch. Ja, so an dritter Stelle oder vierter Stelle bestimmt.

Also da haben wir uns gegenüber dem letzten Jahr schon riesig verbessert. Ich glaub da ergaben sich nicht so viele Torchancen im Spiel.

Jörg Heinrich: Hmhm. Das stimmt.

Also ich denke schon. Du hast ja gerade selber gesagt, die Heimspiele sind schon wesentlich ansehnlicher geworden. Gerade gegen Kaiserslautern, eigentlich exemplarisch, war ein ganz tolles Fußballspiel, auch....

Jörg Heinrich: Auch gegen Freiburg, wenn Du da früher ein 1:0 machst, dann kriegen die vier Stück. Aber das Ding geht natürlich wieder nicht rein und dann mußt Du am Ende auch noch sehr froh sein, daß wir gewinnen. Wir haben ja Torchancen, wir haben ja so ein paar Mal 38 : 3 (alle lachen) oder so. Ne, das stimmt, 3 - 4 mal war das schon so. Da muß dann wirklich mal der Knoten platzen. Gegen Hertha genau das gleiche Spiel. Wenn wir gegen die früh das 2:0 machen, dann kriegen die auch mehr mit nach Hause.

Ja, wenn man nach dem 1:0 sofort weiterspielt, aber da kommt scheinbar immer erst so eine „Selbstgefälligkeitsphase“ in unserer Mannschaft, wenn wir ein Tor machen...

Jörg Heinrich: Nö.
Ja!

Jörg Heinrich: Das siehst Du so.

Ganz genau. Ich hab immer den Eindruck, daß sich da auf der Führung erst mal unnötig drauf ausgeruht wird, anstatt sofort nachzulegen in die Verunsicherung des Gegners hinein.

Jörg Heinrich: Nein, denn letztendlich spielen die anderen auch mit. Das sind alles gute Fußballer in der Bundesliga, zum größten Teil, auch Unterhaching, weil die haben alle schon in der Liga eine Saison mitgespielt, die in Haching unter Vertrag sind. Die kommen alle, was weiß ich, von Stuttgart, von Hamburg, von sonst wo, also die können auch alle Fußball spielen. Das soll man nicht vergessen. Und die wollen auch nicht verlieren. Die halten auch dagegen, so gut es geht.

Ja, letztendlich ist das ja auch eine Existenzfrage des Clubs, ist ja völlig klar.

Jörg Heinrich: Also, sicher ist das nicht einfach. Letztendlich setzen sich dann die besten Mannschaften durch, das ist meistens so - und ja, ich denke, wir gehören dazu.

Was meinst Du, wo werden wir am Ende der Saison landen?

Jörg Heinrich: So weit vorne, wie es geht...

So sei es. Jörg, wir danken Dir für das offene Gespräch.

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