Spielbericht Profis

Nicht mal halb so ekelig, wie erwartet

25.10.2017, 13:56 Uhr von:  Redaktion

Die Welle nach Abpfiff vor der Fankurve2:3 in Osnabrück, 2:4 in Offenbach - an Pokalspiele im Herbst bei einem Drittligisten hat man in Dortmund aus jüngerer Vergangenheit offensichtlich gelernt. Beim 5:0 gegen den Tabellenzweiten der 3. Liga, dem 1. FC Magdeburg, ließ der BVB keinen Zweifel an seiner Dominanz und drückte diese letztlich auch im Ergebnis aus.

Nun darf man ein solches Spiel gegen einen Drittligisten nicht zu hoch hängen. Letztlich erfüllte das Bosz-Team im Heinz-Krügel-Stadion nur seine Pflicht als Titelverteidiger. Doch Nuri Sahin, Shinji Kagawa und Marcel Schmelzer - die beim Aus in Offenbach ebenfalls in der Startelf standen - wissen, wie ein solches Unterfangen auch enden kann. Darüber hinaus bot der Abend durchaus einige interessante Erkenntnisse.

1. Geduld zahlt sich aus: 42 Minuten musste die Mannschaft in Magdeburg auf das erste Tor warten. Dabei hätten Maximilian Philipp oder Alexander Isak schon nach drei Minuten das vermeintliche FCM-Bollwerk knacken können. Dass die Mannschaft trotz der verpassten frühen Führung und einem zunächst stark mitspielenden Gegner ruhig und geduldig geblieben ist, war wichtig.

2. Dortmund kann auch kompakt: Der Drittligist kam nie auch nur ansatzweise gefährlich vor Roman Bürkis Tor, zu stabil und konzentriert nahmen

Marce Schmelzer stand in der Startelf

die Unseren jeden Zweikampf schon im Mittelfeld an. Wo in Frankfurt noch gewaltige Löcher klafften, machten die Vierer-Abwehrkette und das Dreier-Mittelfeld dieses Mal dicht. Mehr als doppelt so viele Fouls und eine nahezu ausgeglichene Zweikampf-Bilanz (47%:53%) zeugen davon, dass die Mannschaft dieses Spiel voll angenommen hatte.

3. Ekelig geht anders: Magdeburgs Trainer Jens Härtel hatte angekündigt: "Es geht darum, den Gegner auf dein Level runterzuziehen. Indem man sie in Zweikämpfe verwickelt, immer auf den Füßen steht." Nun, zwar präsentierten sich die Hausherren als laufstark und durchaus auch als aggressiv im Zweikampf, doch da hatten sich die Fans des siebenmaligen DDR-Pokalsiegers wohl noch etwas mehr Bollwerk, Leidenschaft und Nickeligkeit gewünscht. Bis auf ein Wortduell von Nuri Sahin mit dem zuvor einmal mehr großmäuligen Ex-Kreisligakicker Dennis Erdmann, ließ sich der BVB auf keinerlei Spielchen ein. Dass das 1:0 erst spät in der ersten Halbzeit fiel, war letztlich vor allem der zu diesem Zeitpunkt noch fehlenden Kaltschnäuzigkeit von Philipp, Isak oder Yarmolenko geschuldet. Wenn es beim BVB schnell ging, war die Defensive schnell geknackt.

3+1. Genauigkeit ist das A und O: In Frankfurt ging mehr als jeder fünfte Pass zum Gegner (22%), in Magdeburg waren es gerade mal 14%. In Peter Bosz' System des Pressing- und Umschaltspiels ist Genauigkeit im Passspiel das A und O. Wo es hinführen kann, zeigt die zweite Halbzeit, aber auch

Bartra auf Rechtsaußen kann funktionieren - als Torschütze sowieso

das 1:0 oder die guten Chancen zuvor. Aber auch: In der schwächsten Phase zwischen der 15. und 30. Minute, verhinderten die Ungenauigkeiten schon im Aufbauspiel, dass der BVB zu gefährlichen Torchancen kam.
Außerdem wichtig: Der FCM lauerte auf leichte Ballverluste und Fehlpässe, um selbst schnell nach vorne zu spielen. Dafür hatten die Magdeburger mit Niemeyer, Butzen, Türpitz und Lohkemper gleich vier schnelle und teils torgefährliche Außenspieler in der Startelf. Doch eine echte Chance hatten sie nie.

5. Bartra auf Rechtsaußen kann funktionieren: Beim Debüt auf der ungewohnten Rechtsaußen-Position in der Viererkette wackelte Marc Bartra in Frankfurt - wie die gesamte Defensivabteilung. In Magdeburg nutzte der Spanier die fehlende Offensivstärke des Gegners, um ein gutes Spiel abzuliefern. Immer wieder brachte er sich ins Offensivspiel ein, bereitete die Großchance nach drei Minuten stark vor und zeigte sich auch ansonsten spielstark und ballsicher. Diese Leistung gilt es am Samstag in Hannover zu bestätigen.

6. Zagadou in der Zentrale funktioniert: Habt ihr Dan-Axel Zagadous Auftritt auf Linksaußen gegen Red Bull im Kopf? Das war nicht gut. Viel zu

Zagadou in der Zentrale funktioniert

viele Ballkontakte tun diesem lebendigen Berg nicht gut, dafür ist der 1,96m-Mann mit Ball am Fuß zu limitiert. Doch was der 18-Jährige im Abwehrzentrum leisten kann, macht Spaß. Wann immer sich eine Chance für den Drittligisten androhte, stand Zagadou im Weg, gewann Zweikämpfe, fing Bälle ab, stand gut im Raum oder köpfte weg. Sein Auftritt war - anders als der von Nebenmann Sokratis - fehlerlos.

7. Wir haben eine echte Alternative im Sturm: Der Mann des Spiels war zweifellos Alexander Isak. Hatte manch BVB-Fan vor dem Anstoß bedenken, ob sich der 18-Jährige gegen die Recken in der FCM-Defensive durchsetzen könnte, so trat der Schwede spätestens mit seiner perfekten Vorlage für Gonzalo Castros 1:0 den Gegenbeweis an. Sein eigenes erstes Pflichtspieltor für Borussia kurz nach der Pause war die Vorentscheidung und der Höhepunkt einer tollen Leistung: spielstark, torgefährlich, mit Übersicht und guter körperlichen Physis, so empfahl sich Isak für weitere Spiele als Aubameyang-Ersatz. Eine beruhigende Erkenntnis für Bosz und jeden BVB-Fan, würde man dem amtierenden Torschützenkönig und Dauerbrenner doch hin und wieder häufiger eine Ruhepause gönnen.

8. Schürrle und Guerreiro sind zurück: Es sind die angenehmen Nebeneffekte einer souverän gespielten Pokalpartie, dass Langzeitverletzte ihr

Schürrle und Guerreiro sind zurück

Comeback geben können. Im Fall von André Schüüüüüü(rrle) und Raphaël Guerreiro dürfte sich der BVB-Fan am Dienstagabend ganz besonders gefreut haben. Beide brachten sich auf Anhieb ins Spiel ein, manch einer behauptete gar, Schürrle habe sein bestes BVB-Spiel seit seiner Ankunft gemacht, während Guerreiro andeutete, wie perfekt er mit seinem Fähigkeitspaket aus Laufstärke, Passicherheit, Kreativität und Technik ins Bosz-System passen könnte.

09. So geht Fußball-Atmosphäre: Sowohl am TV als auch als Stadionbesucher konnte man nach Schlusspfiff nicht anders, als über die Atmosphäre im Heinz-Krügel-Stadion zu schwärmen. Eine thematisch super passende Choreo im SAW-Stil, minutenlange Wechselgesänge über drei Tribünen, Klatsch-Einlagen mit dem gesamten Stadion, brachiale Schlachtrufe - so soll Fußball-Atmosphäre sein. BVB-Trainer Bosz stellte nach dem Spiel auf der Pressekonferenz fest: "Ich bin noch nicht so lange in Dortmund. Und ich genieße, was unsere Fans machen, auch heute wieder. In Dortmund, mit 80.000 Leuten ist das wirklich unglaublich. Aber was ich heute hier gesehen habe, mit den Fans, die hinter der Mannschaft von Magdeburg standen, das war auch sehr beeindruckend."

Choreografie in der Heimkurve

Einzig den Lautstärkeregler am Vorsänger-Podest sollten die Jungs und Mädels von "Block U" etwas runterdrehen. Ach ja: Und die geklauten und präsentierten BVB-Fanshop-Klamotten waren diesem stimmungsvollen Auftritt schlichtweg unwürdig.

10. Die Sache mit der Pyrotechnik: Jaja, das ewige Streitthema über Strafen, Gefahren und eben dem Stilmittel Pyrotechnik. Ganz subjektiv: Die FCM-Choreo wäre ohne die Blinker und Fackeln nur halb so gut gewesen. Das Blitzen in Mitten der Folien, die rot leuchtenden Augen des Fahnen-Motivs, untermalt mit dem Feuerwerk hinter der Tribüne - eine runde Sache. Ebenfalls gelungen fand ich die Poncho-Choreo sowie den Pyro-Einsatz im Gästeblock, das sah richtig gut aus und glaubt man Augenzeugen im Block, wurde beim Zünden der Bengalos äußerst umsichtig agiert. Überhaupt verkauften sich die mitgereisten BVB-Fans teuer und sangen immer wieder lautstark gegen die Blauen an. Auch hier: So muss Fußball-Atmosphäre sein.

Die Sache mit der Pyrotechnik

Unsere Fotostrecke zum Sieg des BVB in Magdeburg gibt es wie gewohnt auf unserer BVB-Fotoseite unter diesem Link.

So haben sie gespielt

1. FC Magdeburg: Brunst – Butzen, Schäfer, Hammann, Niemeyer – Weil (61. Rother), Erdmann (82. Handke) – Türpitz (66. Chahed), Sowislo, Lohkemper – Beck

Borussia Dortmund: Bürki – Bartra, Sokratis, Zagadou, Schmelzer (63. Guerreiro) – Sahin – Kagawa, Dahoud (41. Castro) – Yarmolenko, Isak (74. Schürrle), Philipp

Tore: 0:1 Castro (42., Isak), 0:2 Isak (47., Philipp), 0:3 Yarmolenko (74., Handelfmeter, Schäfer), 0:4 Bartra (79., Kagawa), 0:5 Kagawa (90., Philipp)

Schiedsrichter: Siebert (Berlin) - Gelbe Karten: – Isak, Zagadou, Sokratis

Folienfähnchen-Choreografie zum Intro im GästeblockZuschauer: 23.102 (ausverkauft)

Eckstöße: 4:3 (Halbzeit 2:2)

Chancenverhältnis: 0:10 (0:3)

Torschüsse: 7:17

Ballaktionen: 26% : 74%

Fouls: 6: 16

Clemens, 25.10.2017


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