Eua Senf

Das simple Strickmuster eines Fan des FC Bayern München

04.10.2015, 09:00 Uhr von:  Gastautor

Am heutigen Sonntag kommt es mal wieder zum vermeintlich großen Duell zwischen dem Ballspielverein Borussia 09 aus Dortmund und dem FC Bayern München. Tabellarisch ist es auch tatsächlich das Spitzenspiel, was im Vorfeld nicht unbedingt zu erwarten war. Dass die Bajuwaren auf Platz 1 der Tabelle stehen, ist keine Überraschung. Dass unser BVB allerdings direkt dahinter postiert ist, das konnte man mit Blick auf Vorsaison nicht unbedingt erwarten. Eine Riesenüberraschung ist es allerdings auch nicht, denn unser Kader ist nach wie vor stark besetzt. Und nun treffen zwei Fanlager aufeinander, die einige Unterschiede aufweisen.

Vorweg: Dieser Artikel soll nicht gegen den FC Bayern München gehen. Der Verein hat sich über Jahrzehnte zur europäischen Topmannschaft entwickelt und dabei niemals einen wirtschaftlichen Harakiri riskiert (anders als es der BVB etwa tat). Viele BVB-Fans halten den FCB für den Hassverein Nummer 1. Ich sehe das nicht so, da gibt es einen anderen, viel besser geeigneten Kandidaten für diese Position. Auch soll er nicht gegen die Bayern-Fans im Allgemeinen gerichtet sein. Der harte Kern verfolgt die gleichen Ziele und übt die gleiche Kritik an DFB und DFL wie der harte Kern der BVB-Fans.

Die FCB Fans arbeiten sich am BVB ab, Teil1

Doch im Großen und Ganzen gibt es da doch eine Menge Unterschiede. Der Verein gibt die Marschroute im Vereinslied schon vor: FC Bayern, forever No. 1. Und so denken viele Bayernfans. Für sie zählen nur Titel. Eine Saison mit Platz 2 ist eine verlorene Saison, jeder andere Bundesligist würde das allerdings anders sehen. Natürlich ist es schön, die Meisterschale hochzustemmen, aber niemand giert danach so sehr wie der FC Bayern München und seine Fans. Sie werden auch niemals gelangweilt sein von einer Abonnement-Meisterschaft. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn die Roten mal so eine Saison durchmachen müssten, wie wir sie in der letzten Spielzeit erlebt haben. Doch dazu wird es niemals kommen. Die Zeiten, in denen sich der FC Bayern komplette Ausrutscher mit Platz 5 oder schlechter erlaubt, die scheinen ein für alle Mal vorbei zu sein.

Doch ein Bayern-Fan möchte überall die Nummer 1 sein, nicht nur in der Champions League, Bundesliga, DFB-Pokal oder Supercup. Als Sky News vor einigen Wochen vermeldete, dass einer Studie der Universität Braunschweig zufolge Borussia Dortmund national am besten zu vermarkten wäre, liefen die Bayern-Fans Sturm in den sozialen Medien. Während sich die BVB-Getreuen und auch Fans anderer Lager eher interessiert-amüsiert über diese Marketingstudie zeigten, wurden von Bayern-Fans aus dem ganzen Land die Verbalkanonen in Position gebracht und auch abgefeuert. Man zweifelte die Aussagekraft der Erhebung und die Kompetenz der Wissenschaftler an, was so weit ging, dass behauptet wurde, dass ja „nur besoffene, arbeitslose Penner aus dem Ruhrgebiet" an der Studie gearbeitet hätten. Außerdem wurde auf eine Studie aus dem Vorjahr aus England verwiesen, die besagte, dass Bayern München international der am besten zu vermarktende Verein wäre. Die Hinweise, dass es bei der Erhebung von der Insel nur um Topvereine aus Europa ging, wurden einfach in den Wind geschlagen.

Und als dann anmerkten, dass es national ja vor allem um Beliebtheit ginge und der FC Bayern München laut der Uni Braunschweig nun mal in diesem Bereich auf dem vorletzten Platz vor RB Leipzig gelandet wäre und der BVB auf Platz 1 vor dem FC St. Pauli, wurde die Neidkeule ausgepackt. „Euer Neid ist unser Stolz" ist ein beliebter Allgemeinplatz, mit dem Bayernfans um sich werfen, wenn das Land mal wieder nicht in vereinter Begeisterung wegen eines Erfolges oder irgendeiner Tat der Bayern da steht. Bayern München habe die meisten Fans, die meisten Fanclubs, die meisten Vereinsmitglieder und die meisten Facebook-Follower, als dies wurde reflexartig gepostet. Und das zeigt nur, dass Bayernfans die Nr. 1 sein wollen, sei es in der Bundesliga oder beim Charity-Golfen, ganz egal. Wenn die Roten involviert sind, muss es die Spitze sein, alles andere zählt nicht.

Die Fans des FCB arbeiten sich am BVB ab, Teil 2
Wer nicht für den FC Bayern ist, der ist nur neidisch. Doch auf was soll man eigentlich neidisch sein? Auf einen Verein, deren Führung seinen Fans alljährlich zumutet, dass die Hassfiguren aus dem Vorjahr plötzlich das eigene Trikot tragen? Ich halte das in manchen Fällen sogar für respektlos gegenüber dem Fan. Natürlich schmerzt es etwas, wenn Robert Lewandowki im falschen Jersey wie am Fließband trifft, aber den umgekehrten Fall könnte man sich ja kaum vorstellen. Arjen Robben in schwarz-gelb. Das wäre eine Zumutung für die Südtribüne und den Rest des Westfalenstadions und Watzke, Zorc und Co. wissen das. Und auch der ständige Erfolg kann überhaupt nicht neidisch machen. Er wäre dann nur alltäglich und einen Neven Subotic mit freiem Oberkörper inmitten von feiernden BVB-Fans würde man bei der vierten Meisterschaft in Folge sicher nicht mehr sehen. Es wäre dann nur noch eine weitere Randnotiz und etwas mehr Arbeit für Schatzmeister und Vereinsführung, weil der Briefkopf mal wieder geändert werden müsste.

Man möchte sich auch gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn der FC Bayern München mal in der Europa League antreten müsste. Die Fans des FCB würden sich schämen und die Mannschaft auspfeifen, wir dagegen freuen uns auf den Wettbewerb, der ja sowieso viel mehr Europapokal ist, als dieser Cup der angeblichen Champions. Ich kann nur für mich sprechen, aber mich hat die Champions League langsam schon wieder gelangweilt. Man bekommt immer die gleichen Vereine vorgesetzt, in diesem Falle vor allem Real Madrid und der FC Arsenal. Dadurch wird ein Topspiel zu auch nichts anderem, als eine Partie gegen Hannover 96, ohne die Niedersachsen jetzt schmälern zu wollen. Ein Fan des FC Bayern München versteht so etwas nicht. Er will Topspiele und Titel am laufenden Band. Wir dagegen wollen Fußball sehen. Und das ist der große Unterschied.

geschrieben von Daniel

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