Warmlaufen

Träumen von London, spielen in Leverkusen

26.08.2011, 14:30 Uhr von:  Redaktion

Kennt Ihr das auch? Ihr müsst arbeiten, habt was zu tun, aber der Kopf ist ganz woanders. In London zum Beispiel. Die Metropole an der Themse. Weltstadt, pulsierend, ein Schmelztiegel der Kulturen. Dort steht auch das Emirates-Stadium, wo wir bald auflaufen werden. Dann wiederum schweifen die Gedanken ab nach Marseille. Südfrankreich Ende September ist ein Traum. Wie herrlich wäre es, einen Besuch im Hexenkessel Stade Vélodrome mit einem kleinen Kurzurlaub zu verbinden. Die Camargue, die Mittelmeerküste. Und dann ist da natürlich auch ein von Bengalos hell erleuchtetes Stadion in Piräus, voller ausrastender und heißblütiger griechischer Fans. Und wat hat der Pappa auffem Schreibtisch liegen? Vorbericht Leverkusen. Die Stadt am Rhein. Bayer, Bayer Leverkusen und Ballack. Dazu soll das Wetter am Wochenende auch mal wieder in Richtung „ziemlich fies" umschwenken. SG-Redakteur zu sein, ist manchmal so sch... unschön. Nun denn, auf in den Kampf.

Zum Glück macht Bayer Leverkusen zumindest die übliche Pöbel-Ouvertüre ziemlich einfach. Standardprogramm aber nur, weil: Champions-League, Alter.

Pillendreher, Werkself, Vizekusen, von manchen besonders lustigen Spaßvögeln sogar Neverkusen genannt. Leverkusen ist wohl das absolute Synonym im deutschen Fußball für zwei Dinge: engste Verflechtung mit einem Konzern und chronische Erfolglosigkeit, wenns um die Wurst geht. Aber Not macht erfinderisch und so hat man sich einerseits „Vizekusen" markenrechtlich geschützt, mit dem Schriftzug „Werkself" andererseits bedruckt man seine T-Shirts. Die einen sehen darin feine Selbstironie, die anderen einen ziemlich mitleiderregenden Versuch, sich mit dem bisschen was man hat, ein Image aufzubauen. So eine Art Trümmerlotte ohne richtiges Wirtschaftswunder: „Wir hatten ja damals nichts und haben auch wenig draus gemacht."

Dabei hat Leverkusen doch eigentlich noch mehr zu bieten: Eine Mannschaft, die seit vielen Jahren zwar für konstant erfolglosen, aber doch stets guten und schön anzusehenden Fußball steht. Und ein von Außen richtig schönes Stadion. Klar, nichts geht über das Westfalenstadion. Aber die Stahlkonstruktion mit der weißen Fassade hat Charakter und weiß durchaus zu überzeugen. Auch wenn es eine Schönheit ist, die sich vielleicht erst beim zweiten und dritten Blick offenbart. War mein erster Eindruck nach dem Umbau noch ein „irgendwie komisch", schwenkte das ziemlich schnell in „wirklich ansehnlich" um. Hätte man noch das angedachte, leuchtende Bayer-Kreuz in der Dachkonstruktion realisiert, würde es wahrscheinlich sogar ein „ziemlich geil" bekommen.

Und in eben diesem Stadion treten am Samstag um 18.30 Uhr unsere Borussen gegen Bayer Leverkusen an. Das Duell der schüchternen Tielfavoriten. Obwohl beide Teams vor der Saison als einzige zu ernsthaften Konkurrenten für die Bayern ernannt wurden, ist man vorsichtig. In Leverkusen weiß man schließlich, dass man wirklich jede Strategie der Titelvermeidung aus dem Effeff beherrscht, in Dortmund hat man es sich in der defensiven Verfolgerrolle zu gemütlich und erfolgreich gemacht, als das man sie freiwillig wieder aufgibt.

Der Saisonstart verlief für beide Mannschaft zufriedenstellend. Die Tabelle hat eh noch keine Aussagekraft und jeweils 2 Siege und 6 Punkte aus drei Spielen sind in Ordnung. Darauf lässt sich aufbauen und für beide Teams bietet dieses Spitzenspiel die Möglichkeit, ins Rollen zu kommen. Wir erinnern uns: auch letzte Saison waren unsere Spiele zu Beginn noch nicht die ganz große Kunst. Aber mit jedem Sieg stieg das Selbstvertrauen ins Unermessliche und damit auch die Spielkunst. Wäre nett, wenn unsere Jungs das Spiel in Leverkusen als ähnliches Sprungbrett nutzen könnten. Entgegenkommen wird uns dabei mit Sicherheit der Umstand, dass der Gegner selbst das Spiel machen will und muss, statt es sich aus einer massierten Defensive heraus gemütlich zu machen. Hoffenheim und Nürnberg haben gezeigt, dass uns das nicht so ganz liegt. Potential zu einem echten, hochklassigen Spitzenspiel ist auf jeden Fall genug vorhanden. Spieler, die mit der Murmel höchst anspruchsvoll umgehen können, stehen da zu Hauf auf dem Platz. Beide bevorzugen ein schnelles, offensiv ausgerichtetes Passspiel.

Offen ist auf Dortmunder Seite, ob der „Chefvirtuose" mitwirken kann. Mario Götze musste wegen einer Zerrung im Adduktorenbereich drei Tage pausieren und konnte erst Donnerstag wieder trainieren. Auf jeden Fall ist hier das Fragezeichen größer, als bei Sven Bender und Sebastian Kehl, die unter der Woche ebenfalls mit leichten Blessuren zu kämpfen hatten. Lucas Barrios fällt natürlich auf Dortmunder Seite ebenso aus, wie Rene Adler und Tranquillo Barnetta auf Leverkusener Seite.

Bayer Leverkusen: Leno - Castro, Toprak, Reinartz, Kadlec - L. Bender, Rolfes - Renato Augusto - Sam, Kießling, Schürrle
Auf der Bank: Yelldell - Balitsch, da Costa, Friedrich, Schwaab, Ballack, Bellarabi, Derdiyok, Jörgensen

Borussia Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer - S. Bender, Gündogan - Götze (Kuba), Kagawa, Großkreutz - Lewandowski
Auf der Bank: Langerak - Santana, Löwe, Kehl, Leitner, da Silva, Perisic, Zidan, Kuba
Fraglich: Bender (Kapselreizung im Knie), Götze (Adduktorenzerrung), Kehl (Sprunggelenk)

Schiedsrichter: Wolfgang Stark (Ergolding). Assistenten: Jan-Hendrik Salver, Mike Pickel. Vierter Offizieller: Markus Schmidt
Zuschauer: 30.210 – und was bei uns ein paar Männeken mehr als auf der Süd sind, läuft dort unter „ausverkauft"

Sascha, 25.08.2011

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