Unsa Senf

Wir waren beim Fußball ? und haben es überlebt

30.10.2011, 22:55 Uhr von:  Redaktion

Den Ruf zu verteidigen ist manchmal schon arg schwerGlück gehabt, kann man da nur sagen. Die aktuelle Berichterstattung zeichnet schließlich das Bild von prügelnden Ultra-Horden, die dem normalen Stadionbesucher ans Leder wollen. Zugegeben, niemand hätte wohl gerne dicht neben dem Dynamo-Block gestanden. Und doch mutet es aberwitzig an, wie sehr die einzelnen Vorfälle in Frankfurt und Dortmund in dieser Woche die mediale Diskussion geprägt haben. Kaum ein Trainer oder Fußballfunktionär, der in der Folge nicht genötigt wurde, seine Sicht der Dinge zu Protokoll zu geben. Die ehrlichste Erkenntnis blieb dabei leider unausgesprochen: Die Gewalt gehört zum Fußball dazu.

Ja, der Fußball besitzt eine Anziehungskraft auf gewaltbereite Menschen, weil er eben auch eine ideale Bühne dafür bietet. Aber auch wenn sich vielleicht die Art der Angriffe in ihrer Qualität verändert haben, war der Fußball in den vergangenen Jahrzehnten doch selten anders und übt trotzdem (oder gar deswegen?) eine so große Faszination auf Millionen Menschen aus. Und ein Großteil dieser Menschen übersteht einen Besuch eines Fußballstadions völlig unversehrt – allen Horrorszenarien der Polizeigewerkschaften zum Trotz.

Gewalt gehört zum Fußball dazu. Das muss man nicht gut finden, wir tun es jedenfalls nicht, aber diesen Umstand zu leugnen beseitigt das Problem eben auch noch lange nicht. Die Gewalt gehört zum Fußball, wie sie in die Gesellschaft gehört, auf Schützenfeste und Jahrmärkte und auch allzu oft in die deutschen Privathaushalte: Sie ist da und niemand wird sie abschließend aus unserem Leben und unserer Wirklichkeit verbannen können. Allein der Umstand, dass sie geächtet ist, macht sie noch lange nicht ungeschehen.

Wo immer sich mehrere Menschen über einen längeren Zeitraum gemeinsam aufhalten, kommt es zu Konflikten. Und wo, wie beim Fußball, der Anteil junger Männer zwischen 14 und 28 Jahren überdurchschnittlich hoch ist, führen solche Konflikte auch schneller zu Gewalt. Das fängt bei einer harmlosen Rangelei im Block, am Bierstand oder in der Bahn an und endet bei Auseinandersetzungen zwischen ganzen Fangruppierungen. Bei einem durchschnittlichen Fußballspiel kommen mehrere zehntausend Menschen zusammen, das entspricht der Bevölkerung einer Mittelstadt – nur mit der Einschränkung, dass sich diese Menschen nicht auf mehrere Quadratkilometer verteilen, sondern gerade mal auf ein paar Hektar. Das ist Konfliktpotential pur.

Und es sind eben nicht nur „Fans“ in Anführungsstrichen, „sogenannte Fans“ oder gar „Leute, die sich für Fußball nicht interessieren und den Sport als Bühne missbrauchen“, die durch solche Aktionen auffallen. Die unangenehme Wahrheit ist, dass die deutliche Mehrheit dieser Leute eben doch Anhänger ihres jeweiligen Vereins sind und dass ihr Verhalten Ausdruck dieses Fanseins ist. Dies sollte man erst einmal zur Kenntnis nehmen, denn die Behauptung, Gewalttäter hätten per se keine Beziehung zum jeweiligen Verein, ist erstens großer Unsinn und zweitens für Vereine und Verbände eine höchstwillkommene Ausrede, sich mit dem Problem nicht allzu sehr auseinandersetzen zu müssen: „Die haben mit uns nichts zu tun. Da können wir nichts machen.“

Es gibt keinen emotionalen Fußball ohne seine Schattenseiten

Ob einem das nun gefällt oder nicht: Unter 10.000, 30.000, 80.000 Menschen im Stadion gibt es zwangsläufig auch eine stattliche Anzahl Idioten und zum Anhang eines jeden Fußballvereins – ganz gleich ob Dynamo Dresden, Borussia Dortmund oder der TSG Hoffenheim – gehören zwangsläufig eine Menge Leute, mit denen Ottonormalverbraucher für gewöhnlich nicht einmal im selben Land leben möchte, die aber dummerweise eben doch mit demselben Verein mitfiebern wie man selbst – und die sich während der Spiele nur ein paar Meter entfernt von einem aufhalten. Das ist manchmal romantisch, wenn sich die Vereine dafür rühmen, dass sich ihr Publikum aus allen Altersklassen, Geschlechtern und sozialen Schichten zusammensetzt, kann aber auch ganz schön unangenehm sein.

Kurzum: Ebenso wie Dynamo-Anhänger können auch BVB-Fans Arschlöcher sein – und die Fans eines jeden anderen Vereins auch. Wer Knallkörper oder Flaschen in Richtung anderer Menschen wirft und deren Verletzung oder gar Tod in Kauf nimmt, darf getrost so bezeichnet werden. Ein solches Verhalten ist kriminell, da gibt es nichts zu beschönigen, und gehört entsprechend hart bestraft. Umso mehr, wenn die Würfe derart folgenschwer sind, wie unlängst in Osnabrück – doch genau hier haben die bereits vorhandenen Maßnahmen problemlos gegriffen: Der mutmaßliche Täter ist gefasst und wird entsprechend bestraft werden.

Doch zurück zu den unbequemen Wahrheiten. Die nächste lautet: Die beste Stadionstimmung herrscht zumeist dort, wo die Hemmschwelle zur Gewalt niedriger ist als üblich. Was macht denn Derbys für den Stadionbesucher und die Berichterstatter gerade so attraktiv? Natürlich die laustarke, elektrisierende, aber eben auch aggressive Atmosphäre. Wer den Nervenkitzel eines Derbys genießt, genießt ihn auch, weil der Grat zwischen harmloser und verhängnisvoller Aggressivität so klein ist. Denn natürlich gibt es Menschen, bei denen die aggressive Stimmung nicht auf 90 Minuten begrenzt ist und bei denen die Hemmschwelle gering ist, dem Gegenüber nicht nur verbal auf die Mappe zu hauen. Das sind nicht viele, bezogen auf die Gesamtzahl der Stadionbesucher ist es eine verschwindend geringe Anzahl, aber die ebenso simple wie unangenehme Wahrheit ist tatsächlich die: Bombastische Stimmung birgt auch immer ein Gewaltrisiko. Oder anders: Die schönen Seiten des Fußballs sind untrennbar verbunden mit den Schattenseiten. Das eine ohne das andere zu wollen, ist leider ein ebenso ehrbarer wie naiver Wunsch.

Und dies Problem beschränkt sich nicht allein auf Derbys. Der gesamte Fußball ist im Grunde prädestiniert für körperliche Auseinandersetzungen: Das beginnt bei scheinbar harmlosen, aber dem Kriegerischen entlehnten Begrifflichkeiten wie beispielsweise Abwehr, Angriff, Sturm, geht über das mitunter rüde-körperbetonte Spiel auf dem Rasen und endet dabei, dass der Fußball durch seine Ausnahmestellung in Deutschland und Europa ein Stellvertreter geworden ist für die Auseinandersetzung von ganzen Städten, Regionen, Ländern oder auch Weltanschauungen.

Es ist eine Krux, für die es keine abschließende Lösung geben wird – so sehr die Verfechter einfacher Antworten sie in den vergangenen Tagen auch herbeireden wollten. Die Wahrheit ist: Wer den Fußball komplett befrieden will, muss ihm seine Brisanz rauben – und damit auch all das, was seine Faszination begründet.

Dabei hat sich gar nicht viel geändert. Auch in den 50er und 60er Jahren gab es kleine und größere Randale rund um die Spiele, die Ausschreitungen der späten 70er und 80er Jahre sind legendär und selbst in den vermeintlich ruhigen 90ern kam es immer wieder zu Randalen in und um die Stadien. Spiele im Osten Deutschlands, an der Castroper Straße oder auch Derbys gegen den S04 waren auch damals keinesfalls von Harmonie geprägt.
Sogar die Weltmeisterschaft 2006 mit ihrer so hochgelobten, friedfertigen und völkerverständigen Atmosphäre hatte hässliche Momente. Das deutsche Vorrundenspiel gegen Polen wurde von längst vergessenen Randalen auf dem Alten Markt begleitet, in Stuttgart randalierten englische Fans in der Innenstadt und nach dem Halbfinal-Aus der deutschen Elf ließen sich nicht wenige Anhänger zu hässlichen Gesängen und italienfeindlichen Pöbeleien gegen den siegreichen Tifosi hinreißen.

Die Ommas mit den Regenschirmen

Einen Tag nach dem Spiel gegen Dresden gab ein Arbeitskollege seinerseits die Geschichte seines ersten Stadionbesuchs zum Besten: Dortmund gegen 1860 München in der Roten Erde. Auf dem Feld Wosab und Co., es muss also wohl irgendwann in den 60er Jahren gewesen sein. An das Ergebnis kann sich der Erzähler längst nicht mehr erinnern, wohl aber an die Bilder aus der Halbzeitpause, die sich in den Erinnerungen festgesetzt haben: Trupps aus beiden Kurven setzen sich auf den Tribünen in Bewegung, treffen sich irgendwo in Höhe der Mittellinie und verprügeln sich gegenseitigen mit Fahrradketten und anderen mitgebrachten Waffen. Ähnliche Erzählungen kennen wir von den Großvätern und anderen Erzählungen „von „früher“: Herringer SV gegen „die von der anderen Seite des Kanals“, also aus Bockum-Hövel (für nicht Ortskundige – dies sind beides Stadtteile in Hamm), wo sich „die Ommas mit den Regenschirmen verwemmst haben“. Alles mit einem Augenzwinkern.

In der Summe ist der Fußball daher nicht gefährlicher, als er das vor 20, 30 oder 50 Jahren war – darüber sollten auch einige extreme Vorkommnisse nicht hinweg täuschen. Vorfälle, wie im Pokalspiel gegen Dresden, sind zumindest in Dortmund ziemlich selten und kommen selbst bei Spielen der SG Dynamo nicht tagtäglich vor.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Wir haben mit Gewalt generell und im Fußball speziell nicht das Geringste am Hut. Ist nicht unser Ding und wir verspüren auch keinen Drang, jemanden zu verprügeln, nur weil er andere Farben trägt. Aber es wird Zeit, dass man mal die Hysterie aus dem Thema nimmt und sich sachlich damit auseinander setzt. Nirgendwo sonst treffen mehr Menschen im Freizeitbereich aufeinander als beim Fußball. Unterschiedliche Gesellschaftsschichten, unterschiedliche Regionen und unterschiedliche Charaktere – alles in einem emotional aufgeheizten Umfeld. Natürlich entstehenden hier Gewaltpotentiale. Das war schon immer so und wird immer so bleiben. Man kann das Gewaltproblem eingrenzen, aber wer so tut, als könnte man es komplett verbannen, streut den Leuten Sand in die Augen.

Was also kann man tun, um Gewalt und Schaden zu minimieren? Erst einmal das Problem nüchtern und sachlich analysieren, statt aus unterschiedlichsten Motiven in Hysterie zu verfallen. Auch in die Darstellung von Gewalt und Fußball spielen unterschiedliche Interessen hinein. Bei den Medien ist es der Wettbewerb, in dem viele meinen, sich nur noch mit noch reißerischeren und bunteren Darstellungen behaupten zu können. Bei der Polizei und ihren Gewerkschaften ist Gewalt im Fußball auch ein verständliches und nachvollziehbares Argument, weiteren Einsparungen beim Personal und einer Heraufsetzung der beruflichen Belastung entgegenzuwirken. Und letztendlich finden es auch einzelne Fangruppierungen schlichtweg sexy, als gefährlich zu gelten.

Die wirklich „großen Stories“ der letzten Spielzeiten wirken dabei aber künstlich hochgepusht. Die Berliner, die nach ihrem Abstieg aufs Spielfeld gestürmt sind und einen Sachschaden angerichtet haben, machten bei der Betrachtung der Bilder eher den Eindruck, dass sie selbst überrascht waren, tatsächlich aufs Spielfeld zu gelangen – und schließlich auch ratlos, was sie denn jetzt dort unten so genau anstellen sollen. Wie blinde oder auch zielgerichtete Gewalt jedenfalls wirkten die Bilder nicht. Selbst Frankfurt ist bei anrückender Polizei vergangene Saison ebenso schnell wieder zurück in Richtung des eigenen Blocks gelaufen, wie die Dresdener, die nach Abpfiff des Pokalspiels über den Zaun sind und sich Richtung Westtribüne aufgemacht haben.
Und die „Eisenstangen“, die von der Presse bei jedem dieser Ereignisse ausgemacht wurden, entpuppten sich noch jedes Mal und bei näherer Betrachtung am Ende als Kabelrohre aus Plastik.

Doch es gibt auch Entwicklungen, die nachdenklich stimmen müssen: Wenn sich Fangruppierungen auch abseits der Spiele bekriegen und jungen Fans auf dem Schulweg oder am Bahnhof aufgelauert wird, und wenn Täter in der Gruppe den unterlegenen Opfern die Fanutensilien rauben, dann ist das zweifelsohne bedenklich – seltsamerweise interessieren sich aber weder Polizei, noch Vereine, noch Medienvertreter für diese Ereignisse. Vielleicht sind sie einfach nicht spektakulär und medienwirksam genug?

Die eine Lösung gibt es nicht

Im Stadion spielen dagegen weniger echte Gewaltpotentiale eine Rolle, denn viel mehr der Drang zur Selbstdarstellung. Das sieht für die Kameras schlimm aus, ist aber alles andere als ein unbeherrschbares Problem – schon gar nicht für die Polizei und ihr Pfefferspray. Die Stadien sind, auch wenn einem die Bilder von bengaloerleuchteten Blöcken etwas anderes suggerieren wollen, für den normalen Besucher sicher. Die Probleme liegen vielmehr außerhalb. Dort, wo sich Fans beider Lager vermischen und die Polizei nur schwer zugreifen kann. Wo es mitunter dunkel und verwinkelt ist und wo man vor lauter Menschen den Menschen nicht mehr ausmachen kann. Auch mit noch so vielen Maßnahmen wird es nie gelingen, alle Anfahrtswege, alle versteckten Winkel und Fans aller Couleur zu bewachen und zu sichern. Und hier ist der wirksamste Schutz, allen Stadionbesuchern reinen Wein einzuschenken. Dort, bei der An- und Abreise und im Stadionumfeld, kann etwas passieren. Dort wird wahrscheinlich auch immer etwas passieren.

Doch statt des reinen Weins gibt es abgestandene Weisheiten und all die Medienvertreter, die den Fanblock sonst nur mit dem Fernglas betrachten, dürfen beim erstbesten Fehlverhalten ihre Expertise in die Waagschale werfen und obskure Lösungsvorschläge anbieten - ganz gleich, ob diese in der Vergangenheit schon gescheitert sind oder schlichtweg nicht einlösbar sind.

Da werden plötzlich angesichts der Dresdner Randale begrenztere Gästekontingente oder gar der Ausschluss von Gästefans gefordert, obgleich eine solche Lösung nur zur Folge hätte, dass sich die entsprechenden Kandidaten beim Heimverein bedienen und die Fangruppen dann munter gemischt beisammen säßen.

Da fordert Martin Kind urplötzlich eine Umlage der DFB-Strafen auf alle Stadionbesucher und schlägt mit einer solchen Lösung doch nur dem Gros der friedlichen Fans ins Gesicht, verbunden mit der Gefahr, dass diese Form der ungerechten Behandlung obendrein noch zu einer Solidarisierung mit den Übeltätern führt.

Und da ist zu guter Letzt auch noch Heribert Bruchhagen, der seinerseits urplötzlich den Eintrittskartenverkauf an Ultras unterbinden will. Im Jahr 2011 ist die Sippenhaft wieder ein reales Szenario – und so schwachsinnig wie in der Realität undurchführbar solche Maßnahmen auch sein mögen: Das simple Denken hat gerade Konjunktur und Geifer verkauft sich wohl auch in der Qualitätspresse besser als Besonnenheit.

Man erliegt dem Drang, Probleme in beherrschbare Teilaspekte aufzudröseln, für die man Lösungen finden kann. Früher waren Hooligans das Problem, heute sind es in vielen Darstellungen „die Ultras“. Dabei blendet man aber vollends aus, dass es zum einen auch weit vor den Hochzeiten der Hools in den 80ern schon Gewalt im Fußball gab. Und das nach den Hooligans zwar die Ultrabewegung aufkam, diese aber eben nicht ansatzweise so einfach gestrickt und homogen ist, wie einem das die Kommentierenden glaubhaft machen wollen. Das Probem sind ohnehin nicht Kategorien von Menschen, sonden die Menschen selbst. Menschen werden sich in diesem Umfeld immer irrational verhalten und es wird immer Menschen geben, die Fußball als Bühne und Grund zum Ausleben von Gewalt benutzen werden.

Und dabei gibt es schlichtweg nicht die eine Maßnahme, die alles erschlägt: Von Rassismus über Pyrotechnik bis hin zur körperlichen Gewalt sind die zweifellos vorhandenen Probleme im deutschen Fußball so vielschichtig, wie die unterschiedlichen Fanszenen. In Bremen ist die Struktur der Fans und ihrer Gruppierungen eine andere, als in Dortmund, Dresden, Frankfurt oder München. Daher ist auch kaum etwas Gutes zu erwarten, wenn nun die Verbände und Innenminister ankündigen, sich der Probleme annehmen zu wollen. Denn es steht zu befürchten, dass die wirklichen Experten vor Ort - Fanbetreuer und Fanprojekte mit ihrer Detailkenntnis der Verhältnisse vor Ort – wenig Gehör finden und stattdessen pauschale oder auch nur symbolische Maßnahmen ergriffen werden, wie das bisher so oft der Fall gewesen ist.

Das Restrisiko ist überschaubar

Grundsätzlich sind daher alle „normalen“ Fans erst einmal gut beraten, sich nicht von der hysterischen Berichterstattung verrückt machen zu lassen und gleichsam mit offenen Augen durch die Gegend zu gehen – insbesondere bei Auswärtsspielen.

Es ist klug, sich auf dem Weg zum Stadion größeren Gruppen anzuschließen und gegnerischen Fangruppen aus dem Weg zu gehen. Wer Leute laufen sieht und Böller hört, sollte sich einfach entfernen und nicht der besseren Sicht aufs Geschehen wegen dessen Nähe suchen. Und es gibt Spiele, bei denen man nach Abpfiff den Schal besser in die Jacke packen sollte. Das mag man für feige halten, aber mit der Taktik kommt man in der Regel auch gesund nach Hause. Und ja, man darf durchaus auch der Meinung sein, dass so etwas nicht angehen kann, dass andere Leute das Ausleben des eigenen Fandaseins beeinflussen und dabei Angst schüren. Das ist prinzipiell auch richtig, beeinflusst die Existenz einer Gefahr aber real kein bisschen. Autos sollen vor einem Zebrastreifen schließlich auch anhalten und trotzdem wird einem beigebracht, vorher nach links und rechts zu gucken, weil es immer Fahrer geben kann, die sich nicht an diese Regel halten.

Wie bei allem im Leben gibt es ein Restrisiko, das sich auch im Fußball nicht ausschalten lässt. Aber das Restrisiko ist überschaubar und heute nicht größer als früher. Es gibt aktuelle Auswüchse, die zu bekämpfen sind. Dies aber auf einer sachlichen und zielführenden Ebene und nicht auf einer hysterischen, effektheischenden. Die aktuelle Stimmungslage aber macht diese Ebene nur schwer möglich. Ohne eine Versachlichung kann allerdings auch die Problemlösung langfristig ebenso viel kaputt machen, wie das Problem an sich.

Zur Versachlichung: Mehr als 17,5 Millionen Menschen haben in der Saison 2010/2011 die Spiele der ersten und zweiten Bundesliga besucht. Nach Statistiken der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) der Polizei wurden dabei 846 Personen verletzt, gegen 5818 wurden Strafverfahren eingeleitet. Zur Verdeutlichung: Das entspricht einem Anteil von rund 0,005 Prozent beziehungsweise 0,033 Prozent.

Es waren also wohl noch ein paar mehr Leute beim Fußball – und haben es überlebt.

Sascha / Arne, 31.10.2011

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