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Historischer Abend im Borusseum

28.01.2011, 13:45 Uhr von:  Redaktion

Am 27. Oktober gedenkt Deutschland offiziell den Opfer der NS Diktatur. Der DFB hat sich unter dem Titel „Erinnerungstag“ dem Gedenken angeschlossen - und auch das Borusseum widmet diesem Themenkomplex einen eigenen Abend. Unter dem Stichpunkt „Tag gegen das Vergessen“ wurden verschiedene Gäste zu unterschiedlichen Gebieten geladen. Jeder Gast hatte ein sein eigenes Themenfeld, dass er den Zuhörern genauer erläuterte und danach für Fragen bereit stand.

Zunächst wurde die Veranstaltung von Dr. Lunow. eröffnet, der in seiner Einleitung auf die Bedeutung des Tages hinwies und auch die Bedeutung des Fußballs bei der Erinnerungsarbeit betonte. Danach übergab Dr. Lunow an Gerd Kolbe, der die Veranstaltung im weiteren Verlauf moderierte. Gerd Kolbe gab zu den einzelnen Gästen eine kurze Einleitung und umriss die Programmpunkte und ihre Verknüpfung zu einander.

Danach ging das Wort über an Dietrich Schulze-Marmeling, der sich als Historiker intensiv mit dem Fußball beschäftigt hatte. Er umschrieb die Situation, in der der deutsche Fußball ab 1932 agiert und führte auch aus, wie sich der DFB und einige Funktionäre den Umbruch zunutze machten. Während Vereine wie der FC Bayern München und die Sportgemeinschaft Eintracht Frankfurt, die von jüdischen Mitglieder geprägt waren, unter der Machtübernahme der Nazis litten, konntne sich andere Klubs sehr erfolgreich anpassen.

Nach diesem generellen Einstieg übernahm wieder Gerd Kolbe das Mikrophon und berichtete vom BVB zwischen 1933 – 1945. Dabei machte er deutlich, dass der BVB bei weitem kein Hort des Widerstandes war, allerdings auch kein Verein, der sich dem Regime anbiederte. Der BVB wurde natürlich wie alle anderen Vereine gleichgeschaltet und führte beispielsweise das Führerprinzip ein. Dennoch musste der BVB seine weiße Wiese verlassen und wurde gezwungen, in die Rote Erde umzuziehen. Man war also zugleich auch Opfer. Zum Ende wurde auch wieder die Vereinshymne von Borussia thematisiert. Hierbei kritisierte Gerd Kolbe die Rückwandlung in Ball Heil Hurra, muss sich allerdings gefallen lassen, dass der beschrieben Sachverhalt so noch nie geäußert wurde. Viel mehr widerspricht die geäußerte Version sogar der Darstellung in seinem eigenen Buch (Der BVB in der NS- Zeit, Verlag die Werkstatt, 2002). Hier scheint nach wie vor Klärungsbedarf zu herrschen.

Nun ging es wieder zurück zu Schulze-Marmeling, der kurz über den Kicker-Gründer Walther Bensemann referierte. Dieser war ein deutscher Fußballpionier und organisiert neben den Kicker auch die ersten Länderspiele. Schließlich verließ er aber 1933 auch auf Grund seiner jüdischen Abstammung Deutschland in Richtung Schweiz.

Damit wechselte der Fokus auf Julius Hirsch, der vermutlich 1943 im KZ Ausschwitz ums Leben gekommen ist. Julius Hirsch war ein jüdischer Fußballer, der siebenmal für die deutsche Nationalmannschaft spielt und sowohl mit dem Karlsruher FV und SpVgg Fürth die deutsche Meisterschaft gewann. In Gedenken an Julius Hirsch vergibt der DFB seit 2005 den Julius-Hirsch-Preis, der besonderen Einsatz für Toleranz und Menschenwürde, gegen Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus würdigen sollen. Im Jahre 2006 wurde das Fanprojekt Dortmund mit diesem Preis geehrt.
Julius Hirsch wurde 1943 über Dortmund nach Ausschwitz deportiert, was die Überleitung zu Markus Günneweg von der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache darstellte. Er ging genauer auf die Tätigkeit der Gestapo ein und verlas dann einen Zeitzeugenbericht, der den Wahnsinn dieser Zeit veranschaulichte.

Abschließend stellte Rüdiger Raguse die Tätigkeiten des Czerku- Fanclubs dar. Er zeigte sich erfreut über die Heinrich-Czerkus-Allee, die am Trainingsgelände von Borussia geschaffen wurde. Er wies auch auf weitere Tätigkeiten des Fanclubs rund um Toleranz und Respekt hin.

Aufgelockert wurde die Runde immer wieder durch Fragen von den Zuhörern, denen die Referenten dann auch Aufmerksamkeit schenkten und teilweise ausführlich beantworteten. Generell zeichnete sich das Publikum dadurch aus, dass es sehr diszipliniert dabei blieb, trotz der bedrückenden und schwer verdaulichen Kost. Erfreulich war, dass der Zuhörerbereich gut gefüllt war und man alles Altersgruppen antreffen konnte. Es war ein Querschnitt der Dortmunder Fans anwesend, der sich sichtlich auf diesen Teil der Dortmunder Geschichte einließ. In der Summe bleibt festzuhalten, dass zwei Stunden für diese Fülle an Themen definitiv zu wenig Zeit waren und vermutlich jeder Referent deutlich mehr zu sagen gehabt hätte, wenn es denn die Zeit zugelassen hätte. Einer Wiederholung im kommenden Jahr steht daher nichts entgegen, viel mehr gibt es wohl noch genug zu besprechen und zu erfahren, um locker weitere Abend zu füllen. Vielleicht auch mit weniger Themen, die dafür dann aber eingehender behandelt werden.

mrg, 28.01.2011

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