Warmlaufen

Neulich im Zoo

12.09.2008, 15:40 Uhr von:  Redaktion
Neulich im Zoo
Puh der Bär

Ernst schaut missmutig drein, als er die 22,50 Euro für seinen Lütten und sich über die Theke des Kassenhäuschens schiebt und denkt sich dabei: „Da hätteste jetzt wieder zwei Kisten Veltins für versaufen können." Doch der freudestrahlende kleine Dötz (sie hatten ihm bei der ungeplanten Geburt den Namen Charlie gegeben) verrät ihm, warum er das alles auf sich nimmt.

Charlie war eines dieser fettleibigen Wohlstandskinder geworden, und er würde es wohl zu nicht allzuviel bringen im Leben, dachte Ernst für sich. Busfahrer vielleicht. Oder Platzwart. Oder vielleicht...

Jäh wird er aus den Gedanken gerissen, weil der kleine Quälgeist an seinem Bein hängt um ihn in Richtung des Bärengeheges zu zerren. Dort angekommen blieben sie vor einem Käfig stehen. Davor steht ein Schild:

Pander: (auch Pandabär). Im westdeutschen Raum wird aus Gründen linguistischer Trägheit das „b" weggelassen. Hat einen leicht übedimensionierten rechten Hinterläufer und meist einen kahlen Kopf. Der Penis eines Großen Pandas ist etwa drei Zentimeter groß (wie groß mag da der eines Kleinen sein?).

Ernst murmelt etwas in sich hinein, findet er das Gebaren des trägen Getiers doch sehr langweilig. Nur der kleine Charlie steht staunend an der dicken Panzerglas-Scheibe und beobachtet, wie das Tier immer wieder versucht eine Papierkugel mit dem Fuß in einen etwas entfernt stehenden Korb zu befördern. Ernst packt sich seinen Sohn und sie ziehen weiter. Doch schon am nächsten Käfig bleibt die kleine Nervensäge erneut stehen und bestaunt den sich sonnenden Kobiwaschvili-Bären. Ernst, von Haus aus neugierig, geht zum dazugehörigen Schild:

Kobiwaschvili-Bär: Unauffällige, in freier Wildbahn lebende Tierart aus der Gattun der Waschbären. Wächst ausschließlich in der Dreisam und anderen Gewässern des Breisgau auf (daher die Namensergänzung „vili"). Besondere Merkmale: Im Wasser befindliche Beute (wie zum Beispiel salatschüsselartige Gebilde) ertastet der Kobiwaschvili-Bär mit ausgestreckten Armen und gespreizten Fingern, mehr nicht. Diese Art der Nahrungssuche, die aussieht, als wasche er seine Nahrung, hat ihm seinen Namen eingebracht.

„Dat is ja nu wirklich überhaupt nicht spannend, wie der sich genüsslich in der Sonne aalt! Komm, wir gehen weiter." Der kleine Charlie folgt Ernst mürrisch in Richtung der Erlebniswelt Afrika. Plötzlich hört er ein lautes Knurren und von der Seite springt ein riesiger Hund in Ernst Richtung. Als das Tier ihn fast erreicht hat, ertönt ein schriller Pfiff und eine keifende Stimme: „Aus! Bei Fuß sonst Tierheim!" Der Köter lässt von seiner potentiellen Beute ab und wendet sich seinem Frauchen zu, das sich auch durchaus gut als Nilpferd im Afrika-Haus gemacht hätte, wie es Ernst in dem Moment in den Sinn kommt. Die gute Frau stampft, völlig außer Atem, auf ihn zu und er fühlt sich in diesem Moment mehr bedroht, als durch die dumm dreinblickende sabbernde Dogge. „Westermann-Dogge" sagt die Frau, die Ernst Blick auffängt, „das ist eine Westermann-Dogge! Prachtvolles Tier, nicht wahr!" „Bellt, sabbert, beisst... wahrhaft prachtvoll" murmelt Ernst, dreht sich um, wirft dem Nilpferd ein „Schönen Tag noch" zurück und stampft, Klein-Charlie unterm Arm, von dannen.

Im Afrika-Haus angelangt, hat sich Ernst wieder beruhigt und bestaunt mit Charlie die unheimliche Geräuschkulisse. Der kleine Bengel rennt direkt auf einen Käfig im hinteren Teil des Gebäudes zu und Ernst folgt ihm. „Giraffe" schreit Charlie. „War ja doch nicht alles umsonst..." murmelt Ernst und tätschelt den Kleinen. Auf dem Schild vor dem Käfig liest er:

Girrafinha: Brasilianische Gattung der „Giraffa camelopardalis". Unausstehliches Opfertier der Savanne. Lässt sich am liebsten am Rand von modrigen Tümpeln nieder und wird dort zur leichten Beute für die Jäger der Savanne. Ist Vegetarier und das mit Abstand unbeliebteste Tier unter seinen Artgenossen.

Das Tier gefällt Ernst, weist es doch frappierende Ähnlichkeiten mit seinem Charakter auf. Ein wenig verweilen Vater und Sohn vor dem Käfig, dann ist es Charlie, dem das große Tier zu langweilig wird. Er rennt weiter zum nächsten Gehege, in dem einige Tiere umherspringen. „Pferde, Papa!" schreit Charlie und als Papa es endlich geschafft hat, aufzuschließen belehrt er den kleinen keuchend. „Das sind keine Pferde, das sind" er hält kurz inne, um das Schild zu lesen „Altintilopen. Sie sind ebenfalls Opfertiere der Savanne und dienen als Nahrung für alle Tiere dort, die sonst nix fangen und ohne diese Tiere hier verhungern würden. In der Not frisst der Teufel eben alles..." Ernst schickt sich an, weiterzugehen „komm Charlie, bei den Verlierer-Tieren wollen wir nicht bleiben."

Sie schlendern ein Stückchen weiter und stehen vor einem gewaltigen Gehege, das allerdings unbewohnt scheint. Beide halten sich die Nase zu, denn hier stinkt es gewaltig und das, obwohl der Käfig leer ist. „Unser Jeff hat gerade Ausgang... und das ist auch besser so, da kann ich hier endlich mal ein bisschen klar Schiff machen" klärt sie ein Tierpfleger auf, der die ratlosen Mienen gesehen hatte. „Draußen können sie sich den Farfant ansehen". Ernst stutzt und wendet sich dem Schild zu:

Farfant: Abart des Elefanten. Mit dauerhaften Blähungen quält er sich und die Mitbewohner der Savanne. Ist daher quasi ohne natürlichen Feind. Ursprünglicher Lebensraum: Brasilien.

Ernst rümpft die Nase und zieht Charlie weg von dem Käfig. „Der kommt erst später wieder in seinen Käfig. Wir können ihn uns gleich draußen einmal ansehen." Mitten im Raum steht ein seltsamer Kasten, der aussieht wie ein Terrarium. In dem Glaskasten befindet sich jedoch nichts außer einem Glas Nutella. Darauf sitzt ein Tier. Auf dem Schild unterhalb des Kastens liest Ernst:

Kuranyi-Falter: Fieses Getier aus der Gattung der schädellosen Tiere, das seine Opfer meist mittels seiner schleimigen Haarpracht betäubt und sie dann doch entkommen lässt. Merkmal: Härchen unter der mundartigen Öffnung im Gesicht. Ernährt sich mit Vorliebe von brauner Schokopaste. Balzlaut: „Seisse, seisse, seisse!"

Die Olle mit der Dogge

Er muss unwillkürlich lachen und weiß nicht, ob er Abscheu oder Mitleid mit dem armen Tier empfinden soll. Klein Charlie blickt zu ihm auf und sagt „Das ist das häßlichste Tier hier." Ernst nimmt das als Aufforderung und die beiden verlassen das Afrika-Haus und wenden sich dem Reptilien-Haus zu.

Am Eingang zum Reptilienhaus steht eine ausdrückliche Warnung an alle Besucher: „Nur gucken, nicht anfassen!" Ernst liest dem kleinen Charlie das Schild vor und nimmt ihn nochmal in die Pflicht. „Hömma, wenn du hier irgendwat anpackst, dann hat der Arsch aber Kirmes!" Im Reptilienhaus ist es düster und im seichten Lichtscheim sind einige Terrarien zu erkennen. Sie wenden sich dem Ersten zu. Dort sitzt in einem kleinen Tümpel ein Frosch. „Wat ein langweiliger Scheiss", denkt sich Ernst und auch das Schild gibt nicht viel her:

Rana Schoberis: Aus der Gattung der echten Frösche. Fängt und verspeist gerne Fliegen.

Sie ziehen weiter und kommen zu einem wüstenähnlichen Terrarium. Dort schlingert ein Wurm durch die Gegend und wirkt ziemlich ziellos. Ernst amüsiert sich über das Tier und liest.

Plathelminthes Höwedes: Aus dem Stamm der Plattwürmer. Spezieller gehört diese Art zu den Strudelwürmern, die ihre Artgenossen des Öfteren ins Strudeln bringen und somit zur leichten Beute für den spanischen Wüstenfrosch werden.

Der kleine Charlie klebt förmlich an der Scheibe des Terrariums und sieht dem bunten Treiben zu. Währenddessen fragt sich Ernst, ob es wohl in diesem ganzen verdammten Zoo keinen einzigen Bierstand gibt. Der Durst wird immer größer und das letzte Veltins hat er zum Frühstück um 9 zu sich genommen. „Ersma ne Kippe", denkt er sich und verlässt - unbemerkt vom kleinen Charlie - das Reptilienhaus, um sich eine reinzuatmen. Gegenüber ist ein unauffälliges Gehege in dem ein Schweinchen wild schnaubend seine Runden dreht und an einen Gegenstand zu gelangen versucht, der knapp über ihm in der Luft baumelt. Das Ding sieht aus wie eine Salatschüssel, die mit kleinen Turmalinen geschmückt ist. Immer wieder versucht das Tier mit wilden Sprüngen an das Ding zu gelangen und langsam wird Ernst wirklich neugierig, was das wohl für eine seltsame Art von Tier sei. Als er sich dem Gehege nähert, hört er plötzlich neben sich eine Stimme: „Des is a Samoah-Sau! Des depperte Gtier versucht scho a goanze Weile, an d Schale zu glangen. Schaffts oaba net!" Neben ihm steht ein Bayer, der in Lederhose gekleidet wohl nur für dieses Tier in den Zoo gekommen zu sein scheint. Er hat sich einen Klappstuhl mitgebracht und betrachtet fasziniert das Gehege. Ernst liest das Schild.

Samoah-Sau: Aus der Gattung des Spiderschweins. Wurde einst durch den berühmten Naturforscher W.Eidenfeller entdeckt und direkt benannt. Lebt hauptsächlich in Samoa, ist dort aber nie auf Bundesstraßen zu entdecken.

Ernst muss lachen, denn das Tier ist wirklich einen Zoobesuch wert. Der Bayer erzählt ihm, dass das Tier mittlerweile 50 Jahre alt sei und sein ganzes Leben schon versuche an diese Schüssel zu gelangen. Im Endeffekt sei es nur der Verschluss des Gehegenetztes, aber die glitzernden Steine übten eine unglaubliche Faszination auf das Tier aus. Ernst hört dem Bayern eine Weile zu, bis ihm einfällt, dass er ja den kleinen Charlie im Reptilienhaus zurückgelassen hat. „Vielleicht ist er ja von einem Kormoran verspeist worden..." murmelt er und geht zurück in das Haus.

Doch Charlie steht in seiner ganzen Körperfülle vor einem Käfig, in dem sich Tiere tummeln, die Ernst nur allzu bekannt sind. Ratten. Das Schild am Käfig bestätigt ihn:

Rutten: (pl.; sprich: Ratten) amerikanische Aussprache der Mehrzahl der Gattung Wanderratte. Wächst in Gefilden unterhalb des Mehresspiegels auf, wandert dann gen Mitteleuropa und lässt sich dort in besonders verdreckten Gegenden nieder. Entdeckt wurde sie das erste Mal in Puira, dem späteren Buir (Buer). Die wenig spezialisierten, freilebenden Tiere gelten gemeinhin als Nahrungsmittelschädlinge. Weit verbreitet ist Ekel und Angst vor Ratten und ihrem Lebensraum. In der Fabel gelten Ratten als hinterhältig, feige und verschlagen.

Ernst erklärt Charlie, dass er sich diese Tiere auch zu Hause ansehen könne und schleift ihn aus dem Reptilienhaus. Diese Düsterkeit schlägt ihm aufs Gemüt. Draußen verabschiedet er sich von dem Bayern und wünscht ihm noch viele weitere aufregende Jahre vor dem Schweinekäfig. Vater und Sohn machen noch einen kleinen Abstecher ins Aquarium. Dort gefällt dem kleinen Charlie eigentlich nur ein Tier vor dessen Käfig ein kleines interaktives Terminal steht. Dort kann man die Info zu dem otterähnlichen Tier abrufen:

Rakitfisch: Frappierende Ähnlichkeit mit dem kanadischen Fischotter. Verirrt sich oftmals im falschen Lebensraum und landet in heruntergekommenen Gegenden, obwohl er gerne in blühenden Landschaften auf Nahrungssuche gehen würde.

Im Streichelzoo

Ernst ist mittlerweile ziemlich durstig und drängt Charlie dazu, auf den obligatorischen Schlussakt zuzusteuern: Den Streichelzoo. Charlie jubelt laut auf und Ernst freut sich, dass es so einfach ging. Der Streichelzoo hat außer ein paar kleinen Zicklein und Meerschweinchen nix zu bieten. Ernst kauft dem kleinen Charlie eine Packung Tierfutter und der Dötz verteilt das Zeug an die Tiere. „Manchmal würde Charlie so ein Trockenfutter auch ganz gut tun", denkt sich Ernst und setzt sich auf eine etwas abgelegene Bank, von der aus er das rege Treiben im Streichelzoo überblicken kann. Nach einer halben Stunde hat er keine Lust mehr, schnappt sich den jammernden Charlie, der gerne noch den ganzen Tag im Streichelzoo verbracht hätte und sie folgen den Schildern, die den Weg zum Ausgang weisen. Dort angelangt blickt er hoch auf den riesigen Torbogen, der sich über den Ausgang spannt: „Auf Wiedersehen im Gelsenkirchener Zoo". "Nein, danke!" denkt sich Ernst, isst ein paar von den übrig gebliebenen Futterkörnern aus dem Streichelzoo und sinniert über das Spiderschwein.

Die trockenen Daten zum Derby...

Jäger der Savanne

Weidenfeller - Rukavina, Subotic, Hummels, Schmelzer - Blaszczykowski, Hajnal, Kehl, Kringe - Valdez, Zidan

Opfer der Savanne:

Fährmann - Westermann, Höwedes, Bordon, Pander - F. Ernst - Jones, Kobiashvili - Farfan, Kuranyi, Rakitic

Tierpfleger: Wagner (Kriftel)
Tierpfleger-Azubis: Welz (Wiesbaden), Stieler (Obertshausen)
Besucher-Dompteur: Kadach (Suderburg)

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