Fehlfarben

Bewerbungsgespräch beim FC Bayern

29.09.2017, 10:00 Uhr von:  Seb
Bewerbungsgespräch beim FC Bayern

Nachdem man beim FC Bayern bereits am Morgen Carlo Ancelotti gefeuert hatte, kam schon gegen 15:00 Uhr ein potenzieller Nachfolger zum Bewerbungsgespräch: Thomas Tuchel. Aus sicherer Quelle haben wir den genauen Wortlaut des Gesprächs übermittelt bekommen:

Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge und Hasan Salihamidzic sitzen im großen Besprechungsraum in der Geschäftsstelle an der Säbener Straße.

Kalle: Brazzo, wolltest du nicht Kaffee kochen?

Hasan: Ja, Karl-Heinz. Natürlich, Karl-Heinz. Mache ich sofort.

Uli: Dem muss man auch alles dreimal sagen, aber immerhin gibt er keine Widerworte.

Salihamidzic kocht Kaffee und kommt zurück an den Tisch.

Hasan: Toll, dass ich bei dem Gespräch dabei sein darf. Aber sagt mal, der Thomas… ich hab heute Morgen mal mit dem Mehmet telefoniert. Der sagt, dass der Thomas so ein Laptop-Trainer ist.

Kalle: Und?

Hasan: Ich hab mir da mal Gedanken gemacht. Kein Mensch benutzt heutzutage noch nen Laptop. Sollten wir nicht mehr in die Zukunft denken und einen Tablet-Trainer verpflichten?

Uli verdreht die Augen, seine Mimik sagt zu Rummenigge „Mach was“.

Kalle: Du, Brazzo, du kannst doch nicht bei dem Gespräch dabei sein. Es ist was ganz Wichtiges dazwischen gekommen. Willy Sagnol hat heute Morgen angerufen und gesagt, dass die ganze Kabine mit Spannungsabfall vollgemüllt ist. Das muss dringend jemand entsorgen. Sowas ist total wichtig für den FC Bayern.

Hasan: Natürlich, Karl-Heinz. Du wirst nicht enttäuscht sein. Jedenfalls nicht schon wieder.

Salihamidzic verlässt entschlossen den Raum.

Uli: Wie kannst du nur immer so ernst bleiben, wenn du ihm diese Schwachsinnsaufgaben gibst?

Kalle: Wieso? Kann doch nicht sein, dass die Kabine wie Sau aussieht. Deswegen hab ich den Ancelotti doch auch entlassen.

Uli verdreht erneut die Augen. Es klopft. Thomas Tuchel tritt herein.

Kalle: Ah, pünktlich auf die Minute. (blickt auf die Rolex)

Uli: Ist die Rolex neu?

Kalle: Ja, gab es gratis zum Trikotärmel-Sponsoring dazu.

Uli: Unverzollt?

Kalle: Na klar!

Uli und Kalle klatschen sich lachend ab.

Kalle: Thomas, schön, dass du hier bist. Setz dich.

Thomas: Stand nicht in der Einladung, dass der Salihamidzic auch teilnimmt?

Kalle: Wer?

Thomas: Der Hasan.

Kalle: Wer?

Uli: Er meint Brazzo!

Kalle blickt beide fragend an.

Uli: Mein Gott, Kalle, der Praktikant, der eben noch Kaffee gekocht hat.

Kalle: Ach so, der. Auf der Hierarchieebene kann ich mir nicht alle Namen merken. Oder kennst du jede Erika ausm Fanshop, Uli?

Thomas: Wenn ich da kurz reingrätschen darf?! Im Fanshop gibt es nur eine Erika, Erika Obergreifl. Linkshänderin, Schuhgröße 39. Sie macht im Fanshop die Mittagsschicht und ihre Verkaufsrate liegt bei 90%. Meist sitzt sie an Kasse 6, kann aber auch auf der 8 verkaufen. Wurde unter Bierhoff bereits sechsmal ins „Die Mannschaft“-Fanshop-Team berufen. Sorry, Arno hat mir eben noch ein paar Daten zum Team und zum Staff zusammengetragen, die hab ich mir während der Fahrt kurz angeschaut. Frau Obergreifl hab ich eben übrigens auf Grund von individueller Belastungssteuerung den Rest des Tages freigegeben.

Kalle: Das ist brillant. Du hast den Job.

Uli: Moment, nicht so voreilig. Du hast doch eben selber gesagt, dass Aki uns ein längeres Gespräch empfohlen hat.

Kalle: Na gut. Wenn du meinst. Also, was mich am meisten interessiert: Im medialen Arbeitszeugnis habe ich gelesen, dass der Umgang mit Vorgesetzten, Kollegen und Spielern stets angespannt war. Kannst du dazu was sagen?

Thomas: Das hat mich ehrlich gesagt auch gewundert. Vermutlich ist da was völlig falsch interpretiert worden. An meinem letzten Arbeitstag hatten alle Tränen in den Augen, von der Putzfrau bis zum Zorci.

Kalle: Aki sprach von Freudentränen.

Thomas: Habe ich anders gesehen und ich habe ja wohl eindeutig mehr Sozialkompetenz als Aki.

Uli: Warum kam es denn zur Trennung?

Thomas: Das weiß ich bis heute nicht. Ich wurde eingeladen, dachte, wir würden nett was essen, aber Aki hat mir nur einen Umschlag gegeben und dann kam auch schon Jochen Breyer rein und meinte: „Das Ding ist durch“. Olaf hat mir dann nachher erklärt, was Sache ist.

Kalle: Was hast du dann gemacht?

Thomas: Ich brauchte dann erst einmal eine Auszeit vom Fußballbusiness. In der heutigen Zeit ist es ganz wichtig, sich ein zweites und drittes Standbein aufzubauen. Habe dann zunächst daran gearbeitet, mir eine Social-Media-Präsenz aufzubauen und einen Twitter-Account eingerichtet. Danach habe ich gemodelt, hier und da, vor allem aber in New York.

Kalle: Ach, gemodelt war das. Und ich dachte, du wärst von einem Paparazzo erwischt worden, als du wie ein Obdachloser rumlaufen musstest, weil der BVB dir nur drei Millionen im Jahr gezahlt hat.

Uli und Kalle lachen laut und klatschen sich ab.

Uli: Was ist denn dein Plan für den FC Bayern? Was bringt uns in die Erfolgsspur zurück?

Thomas: Pep hat mir neulich gesagt, dass die eigene Idee vom Fußball auf einen kleinen Zettel passen muss. Die Vision muss klar sein und sich anschaulich visualisieren lassen.

Tuchel holt ein Zettelchen aus seiner Manteltasche. Darauf ist ein Fußball aufgemalt.

Thomas: Wir wollen den Ball haben.

Kalle: Klassischer Ballbesitzfußball …

Thomas: Nein, besser. Ballbesitz- und Balleigentumsfußball!

Kalle: Aha.

Thomas: Nur darüber können wir das Spiel steuern.

Kalle (zu Uli): Hihi, Steuern.

Uli: Unsere Spieler sind überaltert. Rudy ist froh, wenn er drei Meter geradeaus laufen kann. Mit dem kannste kein Ballbesitzfußball spielen lassen.

Thomas: Besitz UND Eigentum!

Uli: Von mir aus. Also? Brauchen wir neue Spieler?

Thomas: Definitiv! Ich habe mir da schon Gedanken gemacht. In der Winterpause müssen wir diesen Dembélé von Barca verpflichten. Ich hab den schon über ein Jahr beobachtet und der hat es echt drauf. Ribéry müssen wir dann natürlich behalten. Der muss für Dembouz übersetzen. Außerdem brauchen wir noch Kroos als Ballverteiler im Mittelfeld. Und dieser Armenier von Manche …

Uli: Bist du bescheuert?

Thomas: Nicht in diesem Ton! Sonst erteile ich dir Hausverbot am Trainingsplatz und glaub mir, ich zieh das durch.

Ulis zartes Köpfchen wechselt langsam die Farbe.

Thomas: Insgesamt finde ich, dass wir beim FC Bayern wieder schlanker werden müssen. Das gilt auch für den Staff.

Thomas zwinkert keck Uli zu. Uli glüht. Mit zitternder Hand kritzelt er „abwimmeln“ auf einen kleinen Zettel und schiebt ihn Kalle zu. Der weiß, was die Stunde geschlagen hat. Niemand bezeichnet Uli als dick! Niemand schreibt vor, welche Spieler zu holen sind (außer Pep vielleicht) und niemand droht Uli mit Hausverbot. Geistesgegenwärtig ruft Kalle Brazzo an.

Kalle: Brazzo! Was soll das heißen, die Kabine war bereits sauber? … Täglich gereinigt? … Dieser Willy … Egal, Brazzo, wir sind mit Thomas durch. Bring mal Pizza vorbei, wir haben Hunger. Ja, die mit extra Käse. Natürlich essen wir auch noch Muffins zum Nachtisch. Darfst dir zur Feier des Tages einen mehr bestellen.

Thomas (sichtlich schockiert): Kohlenhydrate, Fett, Weizen??? Wenn ihr beiden euch schon so gehen lasst, dann will ich nicht wissen, wie es in der Mannschaft aussieht. So kommen wir nicht ins Geschäft. Ich gehe!

Tuchel verlässt im Laufschritt den Raum.

Uli: Der hätte sowieso nicht zu uns gepasst.

Kalle: Stimmt. Vielleicht hat der Praktikant recht. Laptop-Trainer passen einfach nicht zu uns. Hast du eigentlich noch die Nummer von Felix? Wir müssen endlich diesen Schlendrian aus der Mannschaft rausbekommen.

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