Warmlaufen

Im Nebel der Weser

31.03.2016, 20:30 Uhr von:  Redaktion

Weser im NebelEs war nebelig geworden am Weserstrand und der Wind blies eine steife Brise in die Stadt. Er konnte kaum zehn Meter weit sehen, aber dennoch musste er den übermittelten Treffpunkt unbedingt schnell erreichen. Zu viel stand auf dem Spiel für sein Werder Bremen.

Vor zwei Tagen hatte ihn der Anruf erreicht. Jemand, eine ihm völlig unbekannte Stimme hatte ihm gesagt, er solle heute Abend zu der Spelunke kommen. Dort würde er erwartet werden. Er hatte alle Bekannten kontaktiert und sie befragt, ob sie sich einen Scherz erlaubt hatten, aber selbst der verrückte Ermittler und der irgendwann mal amoklaufende Oppa konnten glaubhaft versichern, dass sie es nicht waren.

Er war neugierig, auf wen er treffen würde, obwohl es ihm eigentlich nicht so wichtig war... viel wichtiger war die Information, die ihm versprochen wurde: Der ultimative Plan, wie man den kommenden Auswärtsgegner, die Borussia aus Dortmund, schlagen könnte. Diese Info wollte er unbedingt, zu groß war seine Angst, dass sich sein Verein - der langjährige Champions League-Teilnehmer - am Ende auf dem einzigen noch zu vergebenden Abstiegsplatz wiederfinden würde.

Hinter der nächsten Ecke hörte er einige Stimmen und als er um die Ecke ging, sah er endlich die heruntergekommene , zu der er bestellt worden war. Er trat auf die Leute zu, wurde aber sofort an die Seite gezogen. „Endlich bist Du da, ich warte hier schon viel zu lange.“ Doch bevor er etwas erwidern konnte, drückte der Fremde ihm zwei Blätter in die Hand, die das BVB-Logo trugen und einem Aufstellungsblatt ähnelten. „Hier,“ sagte er „alles, was Werder morgen braucht. Die genaue taktische Aufstellung für das Spiel und alle Infos, die Werder braucht, um die Punkte mitzunehmen. Du weißt, was Du damit zu tun hast?“ „Ja, natürlich“ sagte er und stopfte die beiden Blätter in die Tasche seiner Lederjacke, bevor noch irgendjemand einen Blick darauf werfen konnte. Als er wieder aufblickte, war der Fremde verschwunden. Aber das war ihm egal.

Morgen, in aller Frühe, bevor die Mannschaft aufbrechen sollte, würde er sich auf den Weg zum Osterdeich machen und nicht eher Ruhe geben, bis Viktor Skripnik die beiden Blätter persönlich in Empfang nehmen würde. Mit diesen beiden Blättern, da war er sehr sicher, würde Werder die drei Punkte mit nach Hause nehmen und auch angesichts des Restprogramms nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben.

Noch einmal schaute er sich um und hielt Ausschau nach dem Fremden. Doch alles, was er hörte, war das Zuschlagen einer Autotür in der Ferne, dann einen Wagen, der mit überhöhter Geschwindigkeit davon brauste. Eigentlich war es ihm egal... er hatte diese Papiere. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht entfernte er sich wieder von der versifften Kneipe und stieg, sich vorsichtig umschauend, in die Straßenbahn, die ihn, das war ihm im Moment besonders wichtig, direkt vor der Haustür absetzen würde.

Er setzte sich etwas abseits in die nur mäßig besetzte Bahn und holte nochmal die beiden Papiere hervor. Auf der einen Seite war tatsächlich die taktische Aufstellung, die, da war er sich sicher, Thomas Tuchel höchstselbst auf das Blatt geschrieben hatte. Die Schrift ähnelte schon sehr der Schrift auf der Autogrammkarte. Auf der zweiten Seite standen Anweisungen, wie bei bestimmten Situationen zu reagieren sei. Er grinste breit und verstaute die beiden Blätter wieder in seiner Jacke. Mittlerweile hatte die Straßenbahn seine Station erreicht. Er hüpfte aus der Bahn und ging die paar Meter hinüber zu seinem Wohnhaus, öffnete die Tür und trat hinein. Er drehte sich noch einmal um, um zu schauen, ob ihm nicht doch jemand gefolgt war, doch die Straße war leer. Hochzufrieden ließ er die Tür ins Schloss fallen.


Er war hereingelegt worden.

kha, 31.03.2016

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